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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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einen silbernen Glanz auf die Landschaft legte – es war wunderschön.
    Träumte ich? Einen Moment später wusste ich, dass ich nicht träumte, denn er war da. Starke Arme schlangen sich um mich und zogen mich hoch.
Wunderschön,
dachte ich und sah in klare grüne Augen.
    Er drückte mich an sich, und mir erschien irgendetwas seltsam …
    Er trug ein fiir das Wetter ungeeignetes Hemd: dünne Baumwolle, die Ärmel bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt. Deutlich sah ich die Sehnen in seinen Unterarmen. Seine Unterarme … Das war es. Ich konnte die Arme sehen, die er um mich geschlungen hatte, weil er nicht seinen alten Mantel trug. Aber Pritkin trug ihn immer, oder? Etwas Vernunft regte sich in mir, tanzte wie ein Schmetterling durch meinen Kopf, und ich konnte ihn nicht fangen, sosehr ich mich auch bemühte …
    »Cassie.« Warme Finger strichen mir über Wange und Hals. So warm, so warm. Heilte er mich? In meiner Erinnerung war er nie so warm gewesen. Aber es fühlte sich gut an, richtig gut.
    Ein Seufzen kam über meine Lippen.
    Auf diese Weise saßen wir für einen Moment, seine harte Brust an meinem Rücken, ich in seinen Armen, die mich festhielten, während ich das Gefühl hatte, leicht zu sein und fortschweben zu können. Doch dann wurde mein Kopf schwer, und ich legte ihn an Pritkins Schulter. Er hob die Hand und strich mir durchs Haar.
    Wenige Sekunden später lockerte sich seine Umarmung, und er ließ mich sanft ins Gras sinken.
    Sein Gesicht erschien über mir. Er sah anders aus, und es lag nicht nur am Mantel. Das Haar war zerzaust, ein seidenes Durcheinander. Die Augen hatten einen fast fiebrigen Glanz, Und die Falten in den Mundwinkeln schienen tiefer zu sein. Er atmete schwer.
    Ich beobachtete, wie sein Atem kondensierte, silbrige Luft vor einem silbrigen Himmel…
    Vielleicht träumte ich tatsächlich,
dachte ich vage. Vielleicht war er gar nicht da und nur eine Fiktion, ein Bild, das ich beschworen hatte, weil ich nicht allein sterben wollte. Aber er wirkte real, klar definiert von Licht und Schatten. Und er besaß eindeutig Substanz. Ich hatte sie deutlich gespürt: seine harte Brust, die breiten Schultern. Er existierte, kein Zweifel. Meine Finger krümmten sich um seine, und er nahm sie in einen festen Griff.
    Ich hätte mindestens zehn Seiten darüber schreiben können, wie sich Pritkins Gesicht von den üblichen Schönheitsidealen unterschied. Doch als ich ihn ansah, gewann ich einen ganz anderen Eindruck von ihm. Er war…
    »Wunderschön«, hauchte ich. Er schloss die Augen.
    Die schweren Wolken über uns brachen mit einem Grollen, und aus dem leichten Regen wurde ein strömender, der einen bis zum Horizont reichenden Schleier bildete. Ich beobachtete, wie er in der Ferne mit den Bergen verschwamm.
    Pritkins Hände umfassten mein Gesicht. Er beugte sich näher, bis seine Wimpern meine Wangen berührten und seine Lippen meine.
    »Küss mich.«
    Zumindest glaubte ich, dass er diese Worte an mich richtete.
    Aber das Hören fiel mir noch immer schwer. Stimmen summten wie ein Bienenschwarm in meinem Kopf, mal leiser, mal lauter und ohne dass ich ein einziges Wort verstand. Wenn sie doch nur endlich Ruhe gegeben hätten.
    »Cassie …« Pritkins Finger drückten fester zu. »Küss mich, und zwar richtig.«
    Und dann küsste er mich, mit weichen, ein wenig spröden Lippen. Ich fühlte die Stoppeln seines Drei-Tage-Barts, seine glatten Zähne, die Zunge. Er schmeckte nach Kaffee, Elektrizität und Energie, nach viel Energie. Sie füllte meinen Mund wie Whiskey, wie der beste Drink, den ich je hatte. Sie floss mir durch die Kehle, brannte durch meine Gliedmaßen, erweckte alle Nerven zu neuem Leben, füllte Adern und ließ mein Herz schneller schlagen.
    Plötzlich konnte ich wieder atmen, nicht nur flach, sondern ganz tief. Aber ich wollte nicht atmen, ich wollte ihn. Ich hob die Hände, grub sie ihm ins Haar, hielt ihn und trank von ihm, verzweifelt, gierig und halb verdurstet. Alles war warm und gut und voller Kraft und, lieber Himmel, es war wirklich gut.
    Ich stöhnte, rollte mich auf ihn und wurde immer gieriger. Seine Hände rutschten zu meiner Taille. Sie streichelten nicht, berührten mich kaum, hielten mich aber an Ort und Stelle, während ich mir nahm, was ich brauchte. Ich sah es vor dem inneren Auge, so wie ich manchmal die pythische Macht sah: ein glitzernder goldener Strom, der von Pritkin kam und den ich empfing. Und dann drückten seine Hände zu, hielten mich ganz fest, für einen

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