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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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nicht sehen?«, fragte Mircea.
    Ich blickte zu ihm zurück. »Indem wir uns nicht davon treffen lassen, was auch immer es ist.«
    »Und wie machen wir das?«
    »Vorschläge nehme ich gern entgegen«, sagte ich ernst.
    Ich hatte echt keine Ahnung, was ich tun sollte. Zuvor hatte ich angenommen, dass meine Mutter dem Entführer Widerstand leistete und der Kampf drei zu eins stehen würde, wenn wir sie schließlich erreichten. Es gefiel mir, wenn die Chancen so gut standen; das mochte ich sehr. Die derzeitige Situation gefiel mir hingegen weniger.
    Denn ich konnte die Zeit nicht so manipulieren wie meine Mutter. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass es möglich war, sie auf diese Weise zu beeinflussen. Um mit ihr in Sicherheit zu springen, brauchte ich sie nur mit einem Finger zu berühren, doch ich musste lange genug überleben, um so nah an sie heranzukommen.
    Und ich musste sie finden. Aber das Licht war lausig und die Straße voller Leute, die durch die Kälte eilten. Die meisten von ihnen trugen dunkle Sachen, braun, schwarz oder dunkelgrau; nirgends zeigte sich ein neonblaues Kleid. Allerdings, außerhalb des Lichts von Ladentüren und Gaslampen sah alles gleich aus. Wenn meine Mutter in den Schatten blieb, würde sie mir kaum auffallen.
    Zwar konnte ich sie nicht sehen, aber ich fühlte, wie sie sich schnell weiter entfernte. Der goldene Faden zwischen uns dehnte sich wie ein Gummiband. »Sie ist unterwegs«, sagte ich und duckte mich auf die Straße.
    Mircea versuchte nicht, mich aufzuhalten, wirkte aber alles andere als begeistert. Ich schwieg und war nicht glücklicher als er. Und als hätte ich nicht schon Unannehmlichkeiten genug: Ich fror; mein Mantel war etwa ein Jahrhundert entfernt.
    Offenbar sah Mircea mich frösteln, denn er zog die Jacke seines Smokings aus und legte sie mir um die Schultern. Sie war dünn, aber von bester Qualität und noch immer warm von seinem Körper. Ich zog sie um mich, als wir einem Straßenprediger auswichen, einem geröstete Nüsse feilbietenden Händler und zahlreichen Karren.
    Trotz des Wetters schien die halbe verdammte Stadt unterwegs zu sein.
    Ich sah den Grund dafür, als wir eine Kreuzung erreichten. Vier Straßen trafen sich hier, und auf allen herrschte dichter Verkehr. Ich war sicher, dass wir uns im richtigen Bereich befanden, wusste aber nicht, welche Straße meine Mutter und ihr Entführer genommen hatten. Wenn ich die falsche wählte, würden wir bei der Rückkehr zur Kreuzung kostbare Zeit verlieren.
    »Kannst du zu ihr springen?«, fragte Mircea, als wir an der Kreuzung standen und versuchten, in vier verschiedene Richtungen gleichzeitig zu sehen.
    »Nein.« Sprünge durch den Raum unterlagen größeren Beschränkungen als die durch die Zeit. Ohne meine Mutter zu sehen, konnte ich nicht springen. »Kannst du sie lokalisieren?«
    »Ich kann es versuchen.« Er schloss die Augen und zog seine Den-Kopf-nach-hinten-und-der-Mund-leicht-offen-Nummer ab, während ich mich in die Smokingjacke kauerte und versuchte, optimistisch zu sein. Es war alles andere als leicht. Trotz der Kälte stank dieser Ort. Überall lag Pferdemist auf den Straßen, Müll vergam-melte im Rinnstein, und die Vorteile von Deodorant schienen den meisten Leuten unbekannt zu sein. Hinzu kam der Geruch von Bier aus einer nahen Kneipe. Das alles machte es mir nicht leichter, eine Spur von meiner Mutter zu entdecken. Meine einzige Hoffnung bestand darin, dass sie erneut durch die Zeit sprang und ich sie auf diese Weise fand.
    Zumindest hoffte ich, dass ich dann in der Lage war, sie zu finden.
    Unglücklicherweise wurde ich müde. Die Sache bei der Party hatte nicht unbedingt Spaß gemacht, und dann war da noch der Sprung durch die Zeit gewesen, über ein Jahrhundert, bei dem ich auch noch einen Passagier mitgenommen hatte. Ich wusste nicht, wie viele Sprünge noch in mir steckten, insbesondere von der Zeit-variante. Und wenn mir der Saft ausging und meine Mutter erneut sprang…
    Ich beschloss, nicht daran zu denken. Außerdem musste auch sie müde werden. Ich wusste nicht, ob sie etwas mit dem zu tun hatte, was bei der Party geschehen war, obwohl mir das wahrscheinlich erschien. Aber selbst wenn nicht, sie war mit fünf Personen im Schlepptau ein ganzes Jahrhundert weit gesprungen.
    Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie sie dazu imstande gewesen war. Ich meine, die Umstände waren mir klar: Die Magier waren ihr beim Sprung zu nahe gewesen und deshalb vom Zauber erfasst worden. Das geschah auch, wenn

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