Verlockende Angst
Bestimmt– ganz bestimmt – hatte er sich fünf Sekunden Zeit genommen und sie zugeknöpft, oder?
Ich hörte Seth seufzen. » Hören Sie, ich weiß, dass das alles richtig übel aussieht. Aber es war ganz anders… «
» Es soll ganz anders gewesen sein, wie? « , knurrte Aiden. Ich hatte seine Stimme noch nie so gehört, so hart und ausdruckslos, aber mit einem Unterton, der Gewalt verhieß. » Wirklich? Weil ich nämlich glaube, dass das hier Alex gehört. «
Mir schauderte und am liebsten wäre ich im Boden versunken und für immer verschwunden. Verwirrung und Unbehagen knäulten sich in meinem gepeinigten Magen zusammen. Dann stand Aiden in der Tür zum Bad und ich sah bestimmt furchtbar aus. Feuchtes Haar klebte mir an der Stirn, der Raum stank nach Erbrochenem, und ich trug nur Seths Hemd und wenig mehr.
» Aiden « , brachte ich schwach heraus. » Es ist nicht… «
» Ich habe Ihnen vertraut, Seth. « Aidens Stimme klang wie kalter Stahl.
» Hören Sie, ich weiß! Es war nicht… «
Aus dem Nachbarzimmer drang ein Geräusch wie von einem Faustschlag herüber. Ein Körper krachte gegen etwas Hartes– eine Kommode? Etwas Schweres knallte auf den Boden und zersplitterte. Dazu fiel mir der wirklich schöne Fernseher ein. Beide Männer fluchten lautstark.
Mühsam rappelte ich mich vom Boden hoch und stand mit weichen Knien vor dem Waschbecken. Die weißen Wände und der vergoldete Spiegel drehten sich wie wild um mich. Ich rang das Schwindelgefühl nieder und taumelte aus dem Bad– mitten hinein in einen heftigen Schlagabtausch zwischen einem ausgezeichnet ausgebildeten Wächter und dem Apollyon.
» Kommt schon, Jungs… ihr benehmt euch so etwas von blöd! « Ich sackte nach links weg. Kalter Schweiß stand mir auf der Stirn.
Entweder überhörten mich die beiden oder sie interessierten sich nicht für mich. Aiden, der erstaunlich unversehrt aussah, trieb Seth rückwärts durch den Raum. Er holte aus und schlug ihn zu Boden. Sie wälzten sich herum und tauschten Hiebe aus.
» Aiden! Hört auf! « Ich stürzte auf die Kämpfenden zu und fluchte, als mein Magen sich heftig wehrte. » Seth– erwürg ihn nicht! «
Seth hatte die Oberhand gewonnen und warf Aiden auf den Rücken. Er lehnte sich zurück und reckte einen Arm in die Höhe. Blaues Licht umwaberte seine Faust. Akasha. Ich geriet in Panik und befand mich auch sonst in keiner guten Verfassung. Meine Reflexe, selbst meine grundlegende Fähigkeit, einen Fuß vor den anderen zu setzen, waren momentan etwas außer Form geraten. Ich torkelte auf die Streithähne zu und wollte Seth von Aiden herunterziehen. Anschließend hatten beide eine Tracht Prügel verdient.
Ich schlang die Arme um Seths Taille und im selben Moment krachte Aidens Faust in Seths Magengrube. Seth fiel nach hinten– und ich mit ihm. Meine Schulter traf zuerst auf die Bettkante und dann fiel Seth mit seinem ganzen Gewicht auf mich. Zum zweiten Mal an diesem Abend ging ich zu Boden.
Aiden sprang auf, packte Seth und stieß ihn beiseite. Ich sah mich um, und da lag mein BH – er lag da und schien mich auszulachen. Zutiefst beschämt schloss ich die Augen.
» Was zum Teufel geht hier vor? « , war eine weitere Stimme zu hören. Eine klare, deutliche Stimme, die nur Leon gehören konnte. » Habt ihr alle den verdammten Verstand verloren? «
Seth wälzte sich auf die Knie und wischte sich über die blutige Oberlippe. » Ach, nur ein kleiner Schlagabtausch! «
Aiden warf ihm einen finsteren Blick zu und ging in die Hocke. » Bist du okay, Alex? « Er packte mich unter den Armen und half mir beim Aufsetzen. » Sag doch etwas! «
Ich spähte durch das verworrene Haar, das mir ins Gesicht hing. » Mir geht’s… großartig. «
Aiden strich mir das Haar aus dem Gesicht. » Es tut mir leid. Ich hätte auf keinen Fall… «
» Aiden, ich weiß, dass du sauer bist! «
» Sauer? Sie haben Ihre Lage ausgenutzt, Seth. « Aiden erhob sich. » Sie Mistkerl… «
» Aufhören! « , verlangte Leon. » Sonst haben wir gleich alle Gardisten am Hals, die sich in diesem Gebäude aufhalten. Raus hier, Seth! «
» Das ist mein Zimmer « , protestierte Seth und kam auf die Füße. » Und wenn dieser Schwachkopf mir nur fünf Sekunden Zeit ließe… «
Aiden stieß ein Knurren aus, das tief aus seiner Kehle aufstieg. » Ich bringe Sie um. «
» Ach, so ist das. « Mit blitzenden Augen fuhr Seth herum. » Versuchen Sie es doch! «
Ich taumelte auf die Füße und streckte die Hände nach Aiden
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