Verlockende Angst
Nachmittag findet noch eine Sitzung statt und unmittelbar danach reisen wir ab. «
Zu meinem Erstaunen erleichterte mich diese Neuigkeit nicht sonderlich. Nach dem entsetzlichen Erlebnis der letzten Nacht wusste ich aber wenigstens, dass ich keine Drinks… Und da ging mir ein Licht auf. Ich lachte.
Besorgt runzelte Aiden die Stirn. » Alex? «
Ich schüttelte den Kopf. » Mir geht es gut. Das verdammte Orakel hat nur mal wieder recht behalten. Wusstest du, dass mich Grandma Piperi warnte? Sie sagte, ich solle keine Geschenke von jenen annehmen, die mir Böses wollen. « Wieder lachte ich laut. » Natürlich erwähnte sie nicht, dass ich das Geschenk von jemandem erhalten würde, der mir wohlgesinnt wäre. Götter, wäre diese Frau noch am Leben, würde sie Prügel abkriegen! Ernsthaft. «
Aiden verzog die Lippen zu einem Grinsen und umfasste meine Hand noch fester. Beim Anblick seines Lächelns erwachte ein vertrauter alter Schmerz in mir zum Leben und zwang mich, den Kopf abzuwenden. Ich schluckte und wünschte mir nichts sehnlicher, als mich in seine Arme zu schmiegen. » Weißt du, wo Seth steckt? «
» Nein. Als ihm klar wurde, dass ich an deinem Bett wachen würde, ist er gegangen. Er muss irgendwo in der Nähe sein. «
Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Es erstaunte und verletzte mich irgendwie, dass er mich wirklich mit Aiden allein gelassen hatte, aber ich war auch froh darüber. Weil er mir Zeit mit Aiden geschenkt hatte– Zeit im Bett mit Aiden. Was eigentlich unlogisch war. » Ich suche ihn. «
Aiden ließ meine Hand los. » Mach dir keine Sorgen um ihn! Und du solltest nicht herumlaufen und ihn suchen. Du bist hier nicht sicher. «
» Ich weiß, aber ich muss ihn sehen. Das verstehst du nicht. Inzwischen… «
» Was ist inzwischen passiert, Alex? «
Ich wandte mich zu ihm um. Er runzelte die Stirn und seine Augen waren dunkelgrau. » Keine Ahnung. Es ist jetzt anders mit ihm. « Mehr brachte ich nicht heraus.
Aiden starrte mich einen Moment lang an und richtete sich dann auf. » Seid ihr beide… trefft ihr euch? «
Meine Wangen verfärbten sich in allen Rotschattierungen.
Seine leuchteten plötzlich silbrig. » Ich dachte, du hättest etwas gegen dieses ganze Gedöns von wegen Schicksal. «
» Und ob ich dagegen bin! Aber… ich weiß nicht. Es hat sich eben einiges geändert und… er ist für mich dagewesen « , endete ich lahm.
Aidens Kiefermuskel zuckte. » Und ich war nicht für dich da? Daraufhin hast du beschlossen, mit Seth zusammen zu sein. «
Ich starrte ihn mit offenem Mund an, aber dann ging mein Temperament mit mir durch. » Nein, du warst nicht für mich da. Aber nicht deshalb bin ich mit Seth zusammen. «
» Wirklich? « Er sprang vom Bett auf. Im Stehen fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. » Ich kann das alles kaum glauben. Vor einigen Tagen hast du mir noch erzählt, dass du ihn hasst. «
Ich errötete. Schließlich hatte er zum Teil recht und das ärgerte mich. » Warum interessiert dich das überhaupt, Aiden? Du darfst mich nicht wollen und du willst mich auch nicht. Und du bist doch selbst davon überzeugt, dass Seth mich mag. Oder ist das jetzt einer dieser öden Sprüche im Sinn von Ich will dich nicht, aber du darfst auch keinem anderen gehören? Weil das so was von uncool ist. «
Er ließ die Hand sinken. » Darum geht es nicht, Alex. Ich will nur nicht, dass du dich aus den falschen Gründen auf etwas… so Ernstes einlässt. «
Ich blickte ihm in die Augen. Sie glühten so hell, dass sie sein ganzes Gesicht einzunehmen schienen. » Du hast mir gesagt, dass wir nicht zusammen sein können– und ich weiß, dass es so ist. Ich weiß, dass es für uns keine Möglichkeit gibt, aber… «
Rasch bückte sich Aiden und unsere Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. » Aber das heißt nicht, dass du dich mit Seth begnügen sollst, Alex. «
Ich knüllte die Decke zwischen den Händen zusammen. » Ich begnüge mich nicht mit Seth! «
Er hob die Brauen und starrte mich ebenso aufgebracht an wie ich ihn.
Dann wurde es mir klar und mein Herz schlug schneller. » Es geht überhaupt nicht um Seth, sondern um dich! Du willst mich weder mit ihm noch mit einem anderen sehen. Weil du immer noch etwas für mich empfindest. «
Aiden fuhr zurück und schüttelte den Kopf. » Natürlich empfinde ich etwas für dich. «
Ich holte tief Luft und versuchte mich zu beruhigen. » Sag mir… Sag mir, dass du genauso für mich empfindest wie ich für
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