Verlockendes Dunkel
hoch. »Held? Ist es das, was du gedacht hast? Dann hättest du gar nicht mehr danebenliegen können.«
»Wie sich dann herausstellte«, bestätigte sie seufzend. »Doch damals …«
Damals hatte sie ihn wunderbar gefunden. Er war stolz, hochmütig und den unerfahrenen jungen Männern, denen sie bei Veranstaltungen in Ennis und Dublin begegnete, haushoch überlegen. Sie waren unreife junge Burschen, die keine gewichtigeren Gedanken kannten als die Höhe ihrer Stehkragen und die Tiefe ihrer Taschen. Brendan dagegen glänzte mit seiner Intelligenz und seinem Witz, und er sah so umwerfend gut aus, dass sie sich rettungslos in ihn verliebt und teuer dafür bezahlt hatte.
Er hatte ihr das Herz gebrochen und sie dann Spott, Mitleid und den Gerüchten überlassen, dass er ein Mörder war. Sie hatte auf die harte Tour gelernt, wie leicht ein Podest, auf das man jemanden stellte, zerbrechen konnte.
Kein Mann würde ihr Herz je wieder so zum Rasen bringen, es sie heiß und kalt zugleich überlaufen und sie am ganzen Körper zittern lassen. Und bisher war es auch noch keinem Mann gelungen. Sie hatte Gordon Shaw ebenso sehr der Gefühle wegen, die er nicht in ihr hervorrief, akzeptiert, wie wegen der, die er in ihr weckte. Ihre sanfte Zuneigung zu ihm war wie der Glanz eines stillen Sees nach dem heftigen emotionalen Gewitter ihrer Zeit mit Brendan.
Elisabeth blinzelte, um ihre Tränen zu verdrängen, und konzentrierte sich darauf, ihre Arme und ihr Gesicht mit dem Umschlagtuch zu trocknen. Dabei wechselte sie schnell das Thema. »Aidan und Sabrina werden entzückt sein, dich wieder daheim zu haben. Sie hatten die Hoffnung schon aufgegeben.«
Brendans Gesicht verlor seinen gerade noch so entspannten Ausdruck. »Mein Bruder und ich haben uns nicht gerade freundschaftlich getrennt. Und was Sabrina angeht, kann ich nur hoffen … Aber das spielt keine Rolle. Die Jahre haben uns alle verändert. Es wird nie wieder so sein, wie es einmal war. Und vielleicht ist das auch gut so.«
Er spielte mit dem Anhänger und ließ die Finger an der Kette hinauf- und hinuntergleiten, doch Elisabeth merkte, dass er nicht ein einziges Mal den Stein berührte.
Während sie das feuchte Tuch zum Trocknen am Kamin aufhängte, fragte sie: »Warum sucht Máelodor diesen Stein? Was ist so wichtig daran, dass er dafür töten würde?«
Brendans Hand verharrte plötzlich auf der Kette, und ein argwöhnischer Ausdruck erschien in seinen Augen.
»Meinst du nicht, dass ich nach allem, was geschehen ist, eine Antwort verdiene?«, fragte Elisabeth.
»Zumindest auf eine Frage«, räumte Brendan ein. »Aber Antworten zu verdienen oder sie zu wollen sind zwei verschiedene Dinge. Bist du dir auch wirklich sicher, dass du es wissen willst?«
Wieder hatte sie das Gefühl, dass Brendan sich einerseits danach sehnte, sein Herz zu erleichtern, doch andererseits auch Angst davor hatte. Und vielleicht nicht ohne Grund, denn solange sie einander kannten, hatte sie zu viel Wissen und zu viel Engagement gescheut. Es war eine Sache, sich der Existenz der Anderen bewusst zu sein, aber eine völlig andere, sie mit offenen Armen zu begrüßen.
Ein eisiger Schauder überlief sie plötzlich, als wäre eine schwarze Katze über ihr Grab gelaufen. »Nein. Ich will es nicht wissen. Ich will nichts mit dir und deinem Stein, diesem Máelodor oder Magie oder Anderen oder Ähnlichem zu tun haben. Doch …« Sie machte eine Pause. »Da mein Leben wegen all dieser Dinge völlig aus den Fugen geraten ist, muss ich es wissen, meinst du nicht?«
Zum ersten Mal schienen Brendan die Worte zu fehlen, und er begann, mit den Gegenständen auf dem Tisch zu spielen. Mit einem verbogenen Kerzenhalter, einer angeschlagenen Schüssel …
»Brendan?«
Müde fuhr er sich mit einer Hand über das Kinn, bevor er sich abrupt erhob und, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, seine unruhige Wanderung durch den Raum wieder aufnahm. »Bedenk nur bitte, dass es vielleicht ein bisschen verrückt klingen wird!«
»Du meinst, das Verrückte daran habe ich noch nicht gehört? Dass die bisherigen Geschehnisse für dich als normal durchgehen?«
»Du machst es mir nicht leichter.«
»Das freut mich.«
»Willst du es nun hören oder nicht?«
»Ja. Weiter mit dem Wahnsinn!«
Er warf ihr einen gequälten Blick zu, bevor er zu sprechen anfing. »Der Stein in dem Anhänger ist ein Schlüssel. Mit ihm kann man die Zauber brechen, die zum Schutze Ar … Bist du sicher, dass du das hören
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