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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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herausfinden würde, wo du den Stein verborgen hast?«
    »Ich war in Zeitnot und wurde gejagt. Ich musste schnell einen sicheren Platz für den Sh’vad Tual finden. Er war meine Versicherung – und ist es immer noch.«
    »Versicherung wogegen?« Sein Blick verdüsterte sich. »Ermordet zu werden wie mein Vater.«
    Elisabeth hatte sich aus einem Stapel leerer Säcke ein Nest gebaut und lag dort jetzt mit Killers beruhigendem Gewicht auf ihrem Schoß. Brendan war hinausgegangen. Er hatte ihr nichts erklärt, sondern ihr nur schroff befohlen zu bleiben, wo sie war, um dann etwas freundlicher hinzuzufügen: »Versuch, dich ein bisschen auszuruhen!«
    Ausruhen? Sie wünschte, sie könnte es. Könnte die Augen schließen und in ihrem eigenen Bett erwachen, zu Tante Pheeneys liebevollen und Tante Fitz’ scheltenden Worten und der Sonne, die auf ihre Decke fiel, den Lerchen in den Bäumen vor dem Fenster und tausend anderen kleinen Dingen, die ihr, bis sie sie verloren hatte, unwichtig erschienen waren.
    Bei jeder Stimme auf dem Gang oder Schritten, die sich näherten, wappnete sie sich für Brendans Rückkehr.
    Ermordet zu werden wie mein Vater.
    Seine Worte hatten kalt und schwer in der Atmosphäre zwischen ihnen gehangen. Elisabeth hatte ihn bitten wollen, ihr mehr zu sagen, ihr zu erklären, was sie nicht verstand. Ein anderer Teil von ihr jedoch, der zutiefst beängstigt war von seinen Offenbarungen und sich vor weiteren Entdeckungen fürchtete, hatte sie zurückgehalten. Schon jetzt hatte sie das Gefühl, ahnungslos in einen Sumpf geraten zu sein und sich auf äußerst unsicherem Boden zu bewegen. Jeder Schritt führte sie noch tiefer in tückisches Gelände, aus dem sie vielleicht nie wieder hinausfinden würde.
    Durch die Wände hörte sie die sanften Klänge einer Harfe über dem Stimmengewirr und dem derben männlichen Gelächter. Eine simple Folge von Tönen, die sich zu einer wehmütigen Melodie vereinten.
    Sie lehnte den Kopf an die Wand, schloss die Augen und sah wieder einmal Brendans hochgewachsene Gestalt aus dem Nebel auf sich zukommen, um sie aufzuheben. Während er sie durch den Regen trug, hatte er unaufhörlich über die unüberbietbare Dummheit von Frauen geschimpft und seiner Verständnislosigkeit gegenüber einem Geschlecht Ausdruck verliehen, das mehr Flausen als Verstand im Kopf zu haben schien. Elisabeth hatte den Kopf an seine Brust gelegt, dem stetigen Pochen seines Herzens gelauscht, die Wärme seines Körpers an ihrem genossen und war wunschlos glücklich gewesen.
    Die Melodie der Harfe wechselte. Diesmal hörte sie auch eine Stimme, die ein schwermütiges Soldatenlied anstimmte, worauf das Bild von Brendan von düstereren, traurigeren Szenen überlagert wurde.
    Sie sah die Furcht und Verwirrung nach der blutigen Ermordung Lord Kilronans, sah Tante Fitz und Tante Pheeney, die sich abwechselten, um bei Ihrer Ladyschaft zu bleiben, deren Kummer über den Tod ihres Mannes in den ersten Wochen von einer wilden, unberechenbaren Schärfe gewesen war. Aidan, der seine neue Verantwortung wie eine schwere Kette um den Hals trug. Sabrina, die von Tag zu Tag dünner, blasser und stiller wurde, bis sie schließlich ganz verschwand, um sich in den Frieden eines Klosters zurückzuziehen. Der faszinierende Glanz der Familie Douglas zerfiel vor Elisabeths Augen.
    Und alle stellten die gleiche Frage: Wo ist Brendan?
    Jetzt wusste sie es. Er hatte sich versteckt. War geflohen und hatte überlebt.
    Brendan war hart, gefährlich, misstrauisch und zynisch geworden. Ein Mann, der seine Zunge hütete und nur wenigen vertraute. Sein Blick, der einst klar und hell wie die Sommersonne gewesen war, war nun von etwas Düsterem, Gewalttätigem überschattet. Sein Körper, der früher mager gewesen war wie der eines Windhundes, war zwar noch immer schlank, aber von einer stählernen Robustheit.
    Und trotzdem war er für ein paar Minuten, als sie über die Torheit eines jungen Mädchens gelacht hatten, wieder der Junge gewesen, dessen Lächeln Herzen brach, und sein Lachen weckte in Elisabeth Sehnsucht nach etwas, das sie nicht einmal genau bestimmen konnte.
    Die Melodie der Harfe wechselte erneut.
    Killer setzte sich auf und spitzte die Ohren.
    Dann sprang er winselnd von Elisabeths Schoß, um, am ganzen Körper zitternd, an der Tür zu kratzen. Sie waren schon seit einigen Stunden hier, vielleicht musste der Kleine ein Bächlein machen? Brendan hatte sie angehalten, in dem Raum zu bleiben und sich von den

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