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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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nicht heißt, dass es ihm gefällt. Siehst du?« Killer hatte sich schon auf einem Stapel muffiger Säcke zusammengerollt und stieß einen tiefen Hundeseufzer aus, als hätte er das Paradies gefunden. »Er will auch nicht draußen im Regen sein.«
    Sie folgte Killers Beispiel und legte den durchnässten Mantel ab, bevor sie dankbar auf den einzigen Sessel im Zimmer sank, ein altersschwaches Ding aus Bambusrohr, mit durchhängendem Sitz und einem wackeligen Bein. Trotzdem war er eine erfreuliche Veränderung nach all den Stunden auf Onwens nicht gerade breitem Nacken.
    »Dieses verdammte irische Wetter! Mir wächst schon Moos«, brummte Brendan, als er seinen eigenen durchnässten Überzieher auszog und sich mit der Hand durch das ebenso nasse Haar fuhr.
    »Das klingt, als überraschte dich das Wetter. Dabei hast du immerhin über zwanzig Jahre auf dieser Insel gelebt.« Elisabeth schüttelte ihre feuchten Röcke aus und schälte sich aus dem nassen Umschlagtuch, das Brendan bei einem Straßenhändler in Gort erworben hatte.
    Für einen Moment hörte er auf, seine Arme zu massieren, um sie aufzuwärmen, und schaute Elisabeth mit finsterer Miene an. »Das war vor einer ganzen Lebenszeit, und ich war ein anderer Mensch damals.«
    Elisabeth dachte an Dun Eyre und die Aufregung der Hochzeitsvorbereitungen. An die stinkende Kaschemme am Straßenrand, in der sie saß, und den Mann, den sie vor wenigen Tagen noch für tot gehalten hatte. Zwei sauber in der Mitte durchtrennte Hälften eines Lebens. »Ich weiß, was du meinst«, erwiderte sie säuerlich.
    Bisher hatte sie es vermieden, an die Gegenwart zu denken, indem sie sich rosige Bilder ihrer Zukunft ausmalte. Bilder von dem glücklichen Ende dieses unfreiwilligen Abenteuers, auf denen Gordon ihr versicherte, dass kein weiterer Skandal beflecken konnte, was sie miteinander hatten. Dass er sie trotz allem heiraten würde und die Zukunft, über die sie gesprochen hatten, noch immer möglich war.
    Sie stellte sich die Hochzeit vor, die Fröhlichkeit, das Lachen und die tränenreichen Abschiede, wenn sie nach London fuhren. Was danach kam, war jedoch nur sehr verschwommen. Sie konnte sich das Haus auf der Upper Mount Street oder das Leben, das sie und Gordon dort führen würden, nicht mehr vorstellen. Als wäre ihre Fantasie erschöpft, denn über diese imaginäre Hochzeit hinaus gab es nur noch eine nebelhafte Irrealität. Diffuse Hirngespinste.
    Statt in die Zukunft zu blicken, schien ihr Geist in die Vergangenheit zurückzukehren und zeigte ihr Ereignisse, die sie bis heute vergessen hatte. Als hätte Brendans Rückkehr einen Teil von ihr freigesetzt, den sie nach seinem Verschwinden tief begraben hatte. Langsam, beständig und unaufhaltsam wie eine Gezeitenströmung stiegen die Erinnerungen in ihr auf.
    »Weißt du noch, wie ich von dem Baum gefallen bin?«, hörte sie sich fragen. An diesen Tag hatte sie seit Jahren nicht mehr gedacht, doch nun erstand er wieder so lebhaft vor ihr, als wären nur Wochen seitdem vergangen.
    Brendans Gesicht hellte sich auf. »Ob ich mich erinnere? Etwas Hirnverbrannteres hätte dir nicht einfallen können, als auf diesen Baum zu steigen. Du kannst froh sein, dass ich dich nicht im Wald liegen ließ, damit du einem Wilderer in die Hände fielst.«
    Elisabeth verzog das Gesicht. »Selbst damals schon ein Gentleman. Du sahst so grimmig aus und starrtest mich an, als wäre ich die schlimmste Art von Ärgernis.«
    Allein schon das Reden darüber brachte eine Flut von Erinnerungen zurück. An ihre mädchenhafte Schwärmerei für ihn, die sie veranlasst hatte, auf einen uralten, knorrigen Walnussbaum zu klettern. An den schönen jungen Mann, der aufgebracht hin und her marschierte und etwas in einer Sprache murmelte, die sie nicht verstand, deren Klang ihr jedoch eine Gänsehaut verursachte.
    »Tante Fitz hat mich nicht so gescholten wie du«, bemerkte sie.
    Brendan entspannte sich genug, um sich einen Stuhl heranzuziehen, der aussah, als wäre er kürzlich jemandem über den Kopf geschlagen worden. »An jenem Tag regnete es auch«, brummte er.
    »Eimerweise. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so froh gewesen, jemanden zu sehen, als du wie ein Held durch den Wald kamst, um mich zu retten.« Ihr junges Herz hatte sich fast überschlagen. Sie war sicher gewesen, dass er es gegen ihre Rippen pochen hörte, als er sie aufhob, um sie zum Haus zurückzutragen. Von diesem einen Moment hatte sie dann Monate gezehrt.
    Er zog belustigt die Brauen

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