Verlockung der Finsternis (Kriegerinnen der Fiannah) (German Edition)
Donnern. Brauste ein Wasserfall in die Tiefe. Das waren nicht die Geräusche des Waldes, in dem sie i n einer vergessenen Zeit ge lebt hatt e. Sie kannte die G e sänge der Vögel nicht. Die Hitze erschwerte ihr das Atmen. Sie fuhr zu dem Rascheln im Unte r holz herum. Ein riesiges schwarzes Tier schob sich durch das satte Grün der Pflanzen. Es hatte wenig mit dem halb verhungerten und zitternden Wes en g e mein, das sie lieb gew o nn en hatte .
Es hatte in ihre Hand gepasst , als sie es vom Boden gehoben , auf ihren Scho ß gebettet hatte , um seine Wunden zu säubern. Sie hatte Fleisch zusammen getragen , auf dass es zu Kräften kam, Überreste von Tieren, mit deren Blut man sie genährt hatte . Es war schwierig gewesen , sie trotz der Kette zu erreichen, aber Teagan hatte es geschafft . Sie hatte das Tier gefüttert , gewärmt , während es schlief und es v or den Wächtern versteckt . Sie hatte sich daran erfreut , wie es kräftiger wurde und s eine Wunden heilten. Sie hatte es gestreichelt und mit ihm geredet . S ie hatt e nicht seinen Tod beweint , als ihr Nêr ihr Geheimnis entdec k te .
Wäre es nur so groß wie das Tier gewesen, das sie jetzt neugierig mit klugen A u gen musterte , in denen Teagan die des Heilers wiedererkannte. Es hätte sich we h ren, vielleicht fliehen, es hätte l eben kö n nen. Doch es war winzig gewesen und keine Chance gegen i h ren Nêr besessen .
Teagan wischte ihre verbotenen Tränen fort und blieb ganz still stehen. D ie ri e sige Katze schnupperte an ihrer Hand , stupste sie mit seiner feuchten Nase an. Lächelnd sank sie auf die Knie und kraulte das schwarze Fell . Das Schnurren brachte ihre Haut zum V ibrieren. Es dauerte nicht lange und das Tier streckte sich neben ihr aus. Sie streichelte über das glänzende Fell , das bei näherem Hinsehen nicht völlig schwarz war, sondern eine kreisförmige Zeichnung und unregelmäßige Flecken aufwies. Sie flüsterte sanfte Worte , die Lorcans waren und deren Bede u tung sie nicht kannte, aber die eine ähnliche Wi r kung auf sie hatte n wie auf die große Katze, die ihre Augen schloss und einschlief.
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Eine Weile kauerte sie in der Ecke und lauschte den ruhigen Atemzügen des I a chawr . Bei seinem Erwachen würde er sich an nichts erinnern. Teagan wollte au f stehen, doch ihre Beine trugen sie nicht, k raf t los sank sie an der Wand entlang zu Boden. Den Heiler schlafen zu schicken, hatte sie viel gekostet. Sie ve r suchte es mehrfach und sank doch nur wieder zu Boden , war schon kurz davor aufzug e ben, als sie sich endlich auf ihren wackligen Beinen hielt . Sie machte einen ersten Schritt, d ann eine n zweiten und dritten, a llein die Aussicht , Lorcan wiederzusehen , hielt sie aufrecht. Seine mach tvolle Präsenz, die sie bereits zu B e ginn ihres langen Weges sp ürte, gab ihr die nötige Kraft, s ein reiner, prickelnder Zorn , alle seine widerstreitenden Gefühle stärkte n sie mit jedem Schritt und wi e sen ihr den Weg.
Teagan hielt den Kopf gesenkt, während sie durch die langen Gänge lief. Sprach jemand sie an , sah sie nicht auf, flüsterte Lorcans Namen und beschleuni g te ihre Schritte. Es lag wahrhaft M acht in seinem N a men. Keiner fasste sie an und keiner brachte sie von ihrem Weg ab . Dank d ies er Macht durfte ihre Gabe ruhen. Sie musste keine Hindernisse aus dem Weg räumen und lief nicht Gefahr durch die Verwendung ihrer Gabe, ihren Nêr auf ihre Fährte zu führen. Niemand in dieser gewaltigen Feste sollte dasselbe Schicksal erleiden wie die Menschen , die ihr einst in ihrer Not Schutz gewährt hatt en .
Die Vergangenheit drängte über die Grenzen des Unmanthir, schritt neben ihr her , während sie schier endlose Gänge entlanglief. Teagan versuchte sie zu ign o rieren, doch das li eß ihre Vergangenheit nicht zu, s ie quä l te sie mit ihren im Tode aufgerissenen Augen, ihren vielstimmigen Schreien, ihrer Todesangst, die Teagan die Luft abschnürte. Niemals hätte sie das Do rf der Menschen betreten dürfen. O b es ihr nun bewusst war oder nicht , sie war e ine blutsaufende Missgeburt, d e ren ständiger Begleiter das Verderben war. Ihre Jäger hatten nicht den Unte r gang über das Dorf gebracht , sie war es gewesen , in deren Schatten die Plage gelauert und die alle Dorfbewohner dahingerafft hatte . Ihre Verfolger waren harmlos g e wesen , sie hatten ihr etwas an geboten , von dem sie nicht gewusst hatte , dass sie danach hungerte: Blut. Doch als es aus der Handfläche eines der Männer
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