Verlockung der Nacht
mir mit der Zunge über die Lippen und räusperte mich, aber meine Stimme klang trotzdem wie ein kehliges Schnurren.
»Geh jetzt.« Damit all die schöne Lust sich anstauen kann, bis du dich nicht mehr beherrschen kannst.
Energiestrahlen lösten sich aus seiner Aura und setzten sich durch den Raum fort, bis sie meine Haut wie samtige Peitschenschnüre trafen. Bones’ Mund öffnete sich, Fänge schabten über seine Unterlippe, bis glitzernde Blutstropfen sich darauf sammelten. Mein Blick blieb daran hängen, und es kostete mich einige Selbstbeherrschung, nicht aus der Wanne zu springen und sie abzulecken, bevor sie herunterkullerten.
»Bist du sicher?«
Gnadenloser Verführer! Bones’ Blut zu trinken, während er in mir war, war das Tollste überhaupt – und das wusste er. Ein Knarren sagte mir, dass ich den Wannenrand so fest gepackt hatte, dass er kurz davor war, in die Brüche zu gehen.
»Geh.« Kein Schnurren, ein Knurren jetzt. Bones würde nicht der Einzige sein, der bis zu seiner Rückkehr vor unerfüllter Leidenschaft brannte.
Ich gelobte, erotische Rache an ihm zu nehmen für das wissende Lächeln, mit dem er mich bedachte, bevor er aus dem Türrahmen verschwand. Augenblicke später schloss sich die Tür des Hotelzimmers hinter ihm mit einem leisen Klicken. Ich lehnte mich zurück und stieß einen Seufzer aus, so sehr musste ich mich zusammennehmen. Ich würde ihm nicht hinterherrufen, er solle zurückkommen, obwohl ich wusste, dass er sich ganz in der Nähe herumtreiben würde, um mich zu testen. Ich würde ihm zeigen, dass ich ihn genauso sinnlich brutal hinhalten konnte, wie er es so oft schon mit mir getan hatte.
Und zum Lohn für meine Geduld würde mein Liebhaber später nichts anderes im Sinn haben, als meinen Körper in Besitz zu nehmen. Wieder durchfuhr mich ein wohliger Schauder. Ich strich mir mit den Händen über die Brustwarzen und Schenkel, war versucht, sie tiefer gleiten zu lassen, um ein wenig von der schwelenden Spannung abzubauen, bevor Bones zurückkam, entschied mich aber dagegen. Manchmal lohnte es sich zu warten, zum Beispiel auf Bones.
Ich hatte gerade das Badewasser ablaufen lassen und war dabei, mir die Haarspülung auszuwaschen, als mein Kater ein langgezogenes Miauen ausstieß, das so laut war, dass ich es sogar über das Wasserrauschen hinweg hörte. Aus dem Nebenzimmer ertönte Dexters durchdringendes Bellen, das in einem schrillen Jaulen endete. Ich erstarrte. Helsing hatte manchmal grundlos seine Launen, aber den Hund hatte ich erst einmal so bellen hören …
Etwas krachte mir so heftig gegen den Hinterkopf, dass mein Gesicht mit der Wand vor mir kollidierte. Ich fuhr herum und versuchte, mir die Fliesensplitter aus den Augen zu blinzeln, die von dem schädelgroßen Loch stammten, das ich hinterlassen hatte. Doch auch wenn ich nichts sehen konnte, wusste ich, wer mich attackiert hatte. Kramer. Wie hatte sich der Geist unbemerkt an mich heranschleichen können?
»Hexe« , zischte die Stimme des Inqusitors.
Ich riss die eiserne Duschvorhangstange aus ihrer Verankerung und schwang sie wie ein Schwert in Richtung der Stimme, bevor mir klar wurde, wie sinnlos das war.
»Oh, wenn du aus Fleisch wärst, würde ich dir so richtig den Arsch aufreißen!«, fluchte ich und warf die Stange beiseite.
Inzwischen war mein Sehvermögen wieder so weit hergestellt, dass ich die mit einer Tunika bekleidete Gestalt etwa zwei Meter entfernt von mir ausmachen konnte. Der offene Spülkasten und die Keramikbrocken zu meinen Füßen offenbarten, dass Kramer den Spülkastendeckel benutzt hatte, um mir eins überzuziehen. Mucksmäuschenstill war der Wichser gewesen. Ich machte mich darauf gefasst, weiteren Armaturen auszuweichen, mit denen er mich womöglich angreifen würde, doch einen Augenblick später merkte ich, dass sein Blick auf meinen nackten Unterleib gerichtet war, denn ich stand breitbeinig und kampfbereit vor ihm.
Ein Handtuch war in Reichweite, aber ich unterdrückte den Drang, es mir zu schnappen, weil ich ihm nicht die Genugtuung verschaffen wollte, mich beschämt zu sehen. Außerdem erkannte meine kaltblütig praktische Seite, dass Ablenkung eine Waffe darstellte.
Zum Glück nicht die einzige, die ich hatte.
Ich stieß die Hand in das Loch, das mein Schädel in der Wand hinterlassen hatte, sodass mir die scharfen Fliesenkanten blutige Wunden beibrachten. »Schnappt ihn euch und lasst ihn nicht entkommen«, fauchte ich, die Restwesen mit aller mir verbleibenden Kraft
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