Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
leuchtende Instanz jener Society, die Lebensstil und Kultur gleichermaßen hegte und pflegte, zu einem Jahrestreffen der hohlen Gesellschaft verhunzt: der Wiener Opernball. Der Dauergrinser Richard Lugner, Jahrgang 1932, den alle Welt wegen seines Bauunternehmens »Mörtel« nennt und der 1998 sogar bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten kandidierte, hat es, zusammen mit seiner vierten Frau Christina, Jahrgang 1967, genannt »Mausi«, geschafft, ein ehemals glanzvolles Ereignis zu einem Kasperle-Theater umzustylen. Sie baten bezahlte Gäste wie die Silikon-Ikonen Pamela Anderson und Nadja Abd el Farag, genannt Naddel, die als Ex von Dieter Bohlen eine gewisse Bekanntheit erringen konnte, sowie Grace Jones, Paris Hilton und Dita von Teese in ihre Loge.
Keine Peinlichkeit war peinlich genug – bis auf eine: 2005 stänkerten die Lugners hartnäckig gegen die Opernballgäste Prinz Ferfried von Hohenzollern, Jahrgang 1943, genannt »Foffi«, und seine
damalige Lebensabschnittsgefährtin Tatjana Gsell, Jahrgang 1971, die mehrfach silikonisierte und aufgespritzte Witwe des Nürnberger Schönheitschirurgen Franz Gsell. Dieses jenseits aller Schamgrenzen operierende Paar trieb selbst dem fast schmerzfreien »Mörtel« die Schamesröte ins Gesicht. »Der Plastikbomber«, und damit meinte er Frau Gsell, »kommt mir nicht in meine Loge.« Tatjana und ihr (echter) Prinz kamen trotzdem. Ihr Dekolleté magnetisierte in dieser Nacht die Kameras.
Irgendwann hatten die Wiener vom Lugner-Zirkus genug, und »Mörtel« wurde unters Dach in den fünften Stock des Operhauses verbannt. Da ließ »Mausi« sich scheiden und wurde dann, na was wohl? Richtig! Moderatorin! Auch »Mörtel« castete fürs Fernsehen, wie immer mit Dauergrinsen, junge, aufgedonnerte Luder als mögliche Ehekandidatinnen. Ein Festival von kaum zu überbietbarer Idiotie. Ich fühle mich angesichts eines solchen Spektakels an das alte Wiener Sprichwort erinnert: Der Mensch is a Sau!
Es ist schon ein Fluch mit der Eitelkeit, die Friedrich Nietzsche als Neigung sah, sich als Individuum zu geben, während man keines ist. Das ist vornehm ausgedrückt. Und voller Distanz in einer Zeit, in der jegliche Distanz, die dem Schutz des Individuums dienen sollte, verloren geht. Also schlechte Zeiten für naturbelassene Individuen? Die gehen offensichtlich verloren.
Eine Verona Pooth läuft über den roten Teppich wie Nicole Kidman
Ich habe eingangs erwähnt, dass wir in einer Zeit der verlorenen Ästhetik leben. Die große glamouröse Diva, die alle Gesellschaftsbereiche überstrahlt, ist in Deutschland offenbar ausgestorben. Dafür gibt’s jede Menge hübsche Hingucker, die sich in der Öffentlichkeit tummeln wie Zierfische im Warmwasser-Aquarium; sie sind kaum zu unterscheiden. Und es gibt – unüberseh- und unüberhörbar – Verona Pooth, geborene Feldbusch, ein Solitär der Öffentlichkeitsarbeit. Sie hat sich selbst erfunden und ist zur Ikone der deutschen Medien-Society geworden.
Was macht sie so einmalig? Eigentlich nichts. Sie ist eine attraktive, warmherzige Frau wie Tausende andere, eine sympathische Mutter wie Millionen andere, sie ist schlagfertig und redet gern und viel, was nicht außergewöhnlich wäre, hätte sie nicht diese unüberhörbare und unverwechselbare Glockenspielstimme, ihr eigentliches Markenzeichen. Immerhin wurde Verona mit ihrem hoch tönenden Organ die Synchronstimme der »Susi Schnatter« in der deutschsprachigen Version des Walt-Disney-Films »Himmel und Huhn«.
Verona, Tochter des deutschen Ingenieurs Ernst Feldbusch und seiner bolivianischen Ehefrau Luisa, war Sängerin (Künstlername: »Chocolate«), »Miss Hamburg« und »Miss Germany« und 1993 in Südafrika deutsche Teilnehmerin an der Wahl zur »Miss World«. Drei Jahre später bekam ihre Karriere den wohl entscheidenden Kick: Sie heiratete Dieter Bohlen. Nach gerade mal vier Wochen trennte sich das Paar. Später sagte Verona, Dieter habe sie geschlagen. Bohlen erwiderte, es sei eine Art Reflex gewesen: Sie habe mit scharfkantigen Gegenständen nach ihm geworfen. Ab diesem Zeitpunkt ging es mit Frau Feldbusch steil aufwärts. Mit Werbung für eine Telefonauskunft (»Da werden Sie geholfen«) und Spinat (»Blubb!«). Es folgten Talkshows, weitere Werbespots, einige Filme, und sie begleitete in der TV-Serie »The Swan – endlich schön« acht Frauen bei ihren Schönheits-OPs. Verona ist eine clevere Unternehmerin, die erfolgreich eine eigene Schmuck-, Dessous- und
Weitere Kostenlose Bücher