Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
schrieb Bob Dylan 1988 über Mickey Rourke . Er hatte ihn im Film »Homeboy« gesehen. Dann der Abstieg. Mickey Rourke, Jahrgang 1952, begann als Mittdreißiger eine zweifelhafte Boxkarriere, bei der ihm sein Markenzeichen, dieses unverwechselbare Gesicht, zertrümmert wurde. Den Rest besorgten Alkoholexzesse. Mickey Rourke ging zu Schönheitschirurgen, auch um wenigstens wieder einigermaßen durch seine breit geschlagene Nase atmen zu können. Nach insgesamt vier Operationen an Wangen, Ohren, Augen, Nase und Mund war aus der kaputten Fresse eine starre Maske geworden, die viele Menschen zu Tränen rührt, wenn sie an den Mickey Rourke der achtziger Jahre zurückdenken. Er selbst sagte in einem Gespräch mit der »Süddeutschen Zeitung«: »Ich erkenne mich in meinen frühen Filmen nicht mehr wieder.« Die Operationen, dieses entstellte und dennoch so menschlich anrührende Gesicht gehören zur großen Tragik des Mickey Rourke. Da von einem neuen Markenzeichen zu sprechen, fände ich in der Tat abartig. Mittlerweile sollen die schlimmsten Entstellungen wieder geglättet worden sein, wie jüngeren Fotos zu entnehmen ist.
Bislang war die Rede von prominenten Männern, überwiegend aus dem Showbiz. Ihr Aussehen ist eine wichtige, oft sogar lebensnotwendige Voraussetzung für ihren Erfolg. Dass sie zum Schönheitschirurgen gehen, leuchtet jedem ein. Doch in meinem Berufsleben überwiegen bei Weitem die sogenannten normalen Schönheitsoperationen bei Männern. Nach meinen Erfahrungen in der Bodenseeklinik gibt es drei Altersgruppen von Männern, die zu uns kommen:
• Die Achtzehn- bis Zwanzigjährigen: Sie wünschen sich überwiegend Nasen- und Ohrenkorrekturen oder den Aufbau eines fliehenden Kinns.
• Die Vierzig- bis Fünfzigjährigen: Bei ihnen kommen überwiegend Fettabsaugen, Eingriffe an Tränensäcken und Schlupflidern, Körperhaarentfernung sowie Collagenspritzen infrage.
• Die Sechzig- bis Achtzigjährigen: Sie verlangen in aller Regel eine Runderneuerung, also Facelifts, Bodyconturing, Fettabsaugen, Haartransplantationen etc.
Wenn wir jetzt auf die Häufigkeit der einzelnen Eingriffe eingehen, ergibt sich nachfolgende Hitliste:
1. Bauch- und Hüftspeck-OPs,
2. Straffen von Tränensäcken und Schlupflidern,
3. Nasenkorrekturen,
4. Facelifting (an den Wangen und am Hals),
5. Haartransplantationen,
6. Brustverkleinerung bei Gynäkomastie.
So viele Männer (ver)zweifeln am Kaliber ihres »besten Stücks«
Natürlich ist die Wunschliste der männlichen Patienten wesentlich länger, wobei das Stichwort »lang« offenbar von Millionen Männer übermäßig ernst genommen wird. An der Nase des Mannes erkennt man seinen Johannes, sagt ein zotiges Sprichwort. Nur um
ganz wenige Dinge sind Männer mehr besorgt als um die »richtige Größe« ihres angeblich besten Teils, das muss man (leider) so sagen. Die meisten glauben, ihr Penis sei zu klein, zu dünn oder beides. Es kommen also Patienten in meine Sprechstunde, die Probleme mit ihrem »Kaliber« haben. Ich kann immer nur sagen, dass die Länge und Dicke des Glieds nichts mit der Potenz des Mannes zu tun haben, wobei mir ein anderes zotiges Sprichwort einfällt: »Lang hängt lang!« Penisverlängerungen und -verdickungen können zu Erektionsstörungen und Schmerzen führen. Wer einen vernünftigen Partner hat, braucht weder Operation noch Viagra. Ich lehne deshalb solche Eingriffe ab, und wenn ich sie dennoch durchführe, dann nur nach Freigabe durch ein psychologisches Gutachten. Dann kann so eine Operation medizinisch indiziert sein und in gewissen Fällen auch helfen. Diese Art von Eingriffen durchführen zu lassen, nur um Frauen zu imponieren, ist absolut unsinnig.
Es gibt aber auch ganz andere Wünsche, die Männer beim Schönheitschirurgen äußern. Der eine möchte einen herkulischen Brustkasten, der andere einen brasilianischen Knack-Po, der dritte einen Waschbrettbauch. Manchmal bin sogar ich überrascht, mit welchen Anliegen einige Männer zu mir kommen: Seit einiger Zeit äußern vornehmlich Patienten, die südlich des Brenners leben, das Bedürfnis nach muskulöseren Waden. Sie möchte eben in der Hirschledernen auf dem Münchner Oktoberfest bella figura machen. Operationstechnisch ist so was alles möglich; doch ich lehne Eingriffe dieser Art (Implantate für Brust und Po), künstliche Waden und Six-Pack-Bauch ab.
In den USA, vor allem in Kalifornien, sind solche Operationen alltäglich – und nicht nur in der schönheitsversessenen
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