Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Schwulenszene von San Francisco oder Los Angeles. Beim Botox-Brunch am Vormittag, den man sich so ähnlich vorstellen muss wie früher die Partys für Tupperware in Deutschland, trifft sich eine bunte Männermischung. Die Herren plaudern angeregt, es werden frische Bagels und Kaffee zu den Botox-Spritzen serviert. Sehr beliebt sind solche Zusammenkünfte am Freitagnachmittag, weil bis Arbeitsbeginn am Montagmorgen auch die letzten verdächtigen Hautrötungen nach Botox-Injektionen verschwunden sind.
Die Menschen – Frauen und Männer – der West Coast sind vom Fieber des »Lookism« gepackt, das heißt von der Sucht nach Schönheit und Jugendlichkeit, egal, in welchem Alter. »Hauptsache, man fühlt sich wohl in seiner Haut«, sagt beispielsweise Steve Erhardt, dessen Alter schätzungsweise zwischen 40 und 55 liegen könnte; er selbst redet nicht darüber. Steve Erhardt aus L. A. tut alles, damit er sich in seiner Haut wohlfühlt, obwohl die seine bildlich gesprochen immer weniger wird. Er ist Stylist und Visagist und sehr selbstverliebt. In seinem Job richtet er Stars wie Madonna oder Cher her, ansonsten kümmert er sich ausgiebig um sich selbst. Schön kann man ihn eigentlich nicht nennen, dafür sind seine Wangenknochen etwas zu hoch angesetzt, die Augen etwas zu groß, die Lippen etwas zu voll. Es ist ein Triumph der Künstlichkeit, die diesen Menschen zusammenhält, als wäre er geleimt. Viel Eigenes, viel Echtes ist nicht mehr an Steve Erhardt. 22 Mal schon lag er unter dem Messer der Schönheitschirurgen. So etwas lehne ich komplett ab. Das ist Tollwood, nicht Hollywood.
Es begann 1987, als er sich bei »Doc Hollywood« Steven Hoefflin, der auch Michael Jackson zu seinen Patienten zählt, eine neue Nase machen ließ; dazu gab es gratis ein Kinn-Implantat mit Grübchen. Es folgten Gesichtsliftung, aufgespritzte Lippen, Wangenstraffung, Fettabsaugen, neue Augenbrauen, Brustimplantate, Laserbehandlungen etc. Er glaubt, dass er mit ständigen Eingriffen dem Altern vorbeugt. Sich selbst bezeichnet er als »work in progress«. Soll heißen: Bis ins hohe Alter will er sich straffen und formen lassen. »Ich möchte nie älter als Mitte dreißig aussehen«, sagt er. Doch irgendwie ist er nie ganz zufrieden mit sich. Beim Blick in den Spiegel, so berichtete stern.de , nörgle Steve stets am Erscheinungsbild von Mr. Erhardt herum: die Wangen zu schlaff, die Bauchdecke ebenfalls. Dass er dabei nicht erbost die Stirn runzle, liege wohl nur daran, dass er sich gerade am Morgen das Nervengift Botox zur Hautglättung spritzen ließ …
9. Wie gefährlich ist der OP-Tourismus ins Ausland?
»Billigoperationen sind doppelt so teuer. Dann lieber keine.« Werner Mang
So sinnvoll sparen auch sein mag – bei Schönheitsoperationen ist es gefährlich, manchmal sogar lebensgefährlich. Ich drücke das bewusst so drastisch aus, denn ich weiß, wovon ich rede. Das Risiko, von der Behandlung im Ausland versehrt nach Hause zurückzukommen, ist unverhältnismäßig hoch und nicht vertretbar, auch wenn in verschiedenen Internetforen angebliche Patientinnen von preiswerten Eingriffen in Osteuropa, Afrika oder Thailand geradezu schwärmen. Mal abgesehen von dem Hautgout, dass reiche Europäer in bitterarmen Ländern Geld für eine Schönheits-OP sparen, gibt es ganz praktische Gründe, die dagegensprechen: In der Bodenseeklinik haben wir regelmäßig Reparaturoperationen aus dem Ausland. Dennoch blüht diese Form des Beauty-Tourismus, weil in vielen Ländern in der Schönheitschirurgie eine Art Goldgräberstimmung herrscht – zu Preisen, die deutschen Interessierten fast paradiesisch vorkommen. Zudem werden traumhafte Erholungsurlaube versprochen – und zu Hause kommt das böse Erwachen.
• Ich habe Patientinnen erlebt, die sich im Ausland mit Hepatitis C infiziert haben.
• Es gab Fälle von Haarverlust und Nervenverletzungen nach einem Facelifting.
• Besonders oft wird beim Fettabsaugen gepfuscht; hier sind sogar einige Todesfälle bekannt.
• Eine Patientin kam nach einer Bruststraffung im Ausland entsetzt zu mir: Bei ihr waren die Brustwarzen abgestorben.
• Eine andere Frau ließ sich in Thailand die Brüste vergrößern – sie wollte 2000 Euro an Behandlungskosten sparen. Jetzt ist ihr Busen völlig zerschnitten, das Gewebe vernarbt, und die Implantate sitzen zu tief. Die Reparatur wird ein Vielfaches des ursprünglichen Preises kosten. Hätte sie sich bei einem vernünftigen Chirurgen in Deutschland
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