Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Ohren »angelegt«, einem jungen Mann seinen Nasenhöcker begradigt oder einer jungen Frau die »Reiterhose« (großes Gesäß, schlanke Beine) beseitigt habe. Sie alle fühlen sich hinterher wesentlich besser, und sie alle sind auch besser anzuschauen. Diese Zufriedenheit erzeugt Selbstbewusstsein, und irgendwann kommt die Souveränität dazu, den Gang zum Schönheitschirurgen zuzugeben, wie etwa bei der Schauspielerin Jane Seymour, Jahrgang 1951. Der Hollywoodstar hatte sein fantastisches Aussehen und die beneidenswerte Figur zunächst mit einer ausgewogenen Ernährung und guten Genen begründet. Schließlich gab sie im Alter von 56 Jahren zu, dass sie sich nach der Geburt ihrer Zwillinge 1995 die Brüste vergrößern ließ, »aber nur geringfügig«. Ihr Arzt habe speziell angefertigte Implantate bestellen müssen. Außerdem habe sie durch ein Augenlifting ihre genetisch bedingten Tränensäcke richten zu lassen. Anstoß dazu hatten Fotografen gegeben, »die sagten, sie wollten kein Geld mehr dafür ausgeben, immer wieder bei meinen Fotos die Tränensäcke wegretuschieren zu lassen. Also bin ich damit zum Arzt gegangen.« Die Eingriffe wurden so dezent und folgenlos ausgeführt, dass Jane Seymour heute noch froh über die gelungene OP ist.
Wie Petra Gerster vom ZDF mit ihrer Familie über eine OP diskutierte
Ein weiteres Beispiel für das Glück nach einer gelungenen Schönheitsoperation lieferte die beliebte ZDF-Moderatorin Petra Gerster (»heute«), Jahrgang 1955. In ihrem Buch »Reifeprüfung. Die Frau von 50 Jahren« (Rowohlt) bekennt sie sich mutig zu einem Facelifting. Die bekannte Journalistin stellt dabei die entscheidenden Fragen:
»Was ist irrational an dem Wunsch, etwas länger gut auszusehen, als uns die ablaufende Zeit vergönnt? Was wäre an einem Facelifting irrationaler als an Jackettkronen, gefärbten Haaren oder Fastenkuren?«
In der Online-Ausgabe der »Bild«-Zeitung schildert Petra Gerster ausführlich die Diskussionen in ihrer Familie, als sie ankündigte, sich liften zu lassen. Hier ein Auszug:
»Was würdet ihr davon halten, wenn ich mich irgendwann liften ließe?«, frage ich ohne Vorwarnung und lauere auf die Reaktionen.
»Hängt davon ab, wie du hinterher aussehen würdest«, meint Sohn Moritz, 12.
»Ha, wenn ich das wüsste, wäre ich einen großen Schritt weiter«, antworte ich. »Ich möchte mich schließlich nicht verändern, plötzlich anders wirken. So wie Frau G., die ich auf der Party neulich beinahe nicht mehr wiedererkannt hätte.«
»Also, ich fände es dumm«, sagt Tochter Livia, 15.
»Warum dumm?«
»Weil ich Falten nicht schlimm finde. Und weil man ja auch nicht wirklich jünger aussieht danach.«
»Na, die R. sieht nach ihrer Renovierung schon saugut aus«, wirft der Ehemann ein. »Um Jahre jünger. Hat mir sehr gefallen.« Das habe ich jetzt nicht unbedingt hören wollen. »Siehst du?! Und ich soll mich nicht liften lassen«, ereifere ich mich sofort.
»Du brauchst das doch gar nicht«, besänftigt mich der Meine.
»Also, ich find’s dumm«, erläutert Livia, »weil es immer mehr Frauen tun und irgendwann niemand mehr normal aussieht im Alter.«
»Das wird schon deshalb nicht passieren, weil das eine Menge Geld kostet«, wendet der Ehemann ein. »Es wird eine neue Klassenfrage: Die Frauen aus unseren Kreisen werden in zehn Jahren alle geliftet sein. Schönheitschirurgie wird zur Fortsetzung der Kosmetik mit anderen Mitteln. Und nach der Chirurgie kommen möglicherweise teure genetische Eingriffe und Schönheitspillen, die keine Krankenkasse bezahlen wird. In den weniger gut verdienenden Schichten werden alle altern wie bisher, und man wird die Klassenunterschiede wieder wie früher am Äußeren erkennen.«
»Ich glaube nicht, dass in unseren Kreisen jemals alle Frauen geliftet sein werden«, wende ich ein. »Denk doch nur an A. und G. und C., die würden lachen über diese Vorstellung.«
»Ja, die wirklich souveränen Frauen werden sich nicht liften lassen«, sagt der Ehemann, »und alle, die es beruflich nicht nötig haben, werden es sich ebenso ersparen wie die, die sich in ihrer Ehe und Familie sicher und geborgen fühlen und nicht fürchten müssen, durch eine Jüngere ersetzt zu werden.«
»Aber O. und B. sind souveräne Frauen. Und führen gute Ehen, soviel ich weiß.«
»Nicht souverän genug, um offen darüber zu sprechen, dass sie ihrem guten Aussehen mit dem Skalpell haben nachhelfen lassen«, wendet der Ehemann ein.
»Warum sollten sie?
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