Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
insgesamt 22 plastischen Eingriffen unterzogen. Der Zeitung »Le Soir« sagte sie, sie habe nichts an sich ertragen können, was natürlich an ihr gewesen sei. Gesicht, Hals
und immer wieder die Brüste wurden operiert, sodass sie am Ende einer albinoblonden Geisterbahnfigur mit monströsem Vorbau und Schlauchbootlippen ähnlicher sah als einer jungen Frau. Inwieweit Lollo Ferrari OP-süchtig oder eine von ihrem Mann Getriebene war, kann man heute nicht mehr sagen. Fest steht, dass sie auf internationalen Events wie ein Kultmonster rumgereicht wurde: etwa bei den Filmfestspielen in Cannes oder bei Boxkämpfen als Ringmädchen. 1995 wählte man sie zur europäischen Miss Busenkönigin, da hatte sie bereits eine künstliche Oberweite von 130 Zentimetern Umfang. Und über den Geschmack und Zynismus der Juroren möchte ich mich hier nicht weiter auslassen.
Ihre aufgeblasenen Attribute – von Brüsten kann wohl nicht mehr die Rede sein – waren der einschlägigen Szene jede Verkommenheit wert. Die Französin wurde sogar Sängerin, obwohl mir schleierhaft ist, wie man mit so einem Mund überhaupt singen kann. Ihre erste Platte hieß »Airbag Generation«. Dann brachte sie unter dem Namen Lollo Ferrari eine Unterwäsche-Kollektion und eine aufblasbare Gummipuppe auf den Markt, wogegen der Sportwagenhersteller Ferrari wegen Verletzung des Markenrechts klagte, aber verlor.
Ich weiß nicht, wer diese Frau immer wieder operiert und sie letztendlich so grauenhaft umgestaltet hat. Und ich weiß auch nicht, ob sie beim Blick in den Spiegel entsetzt oder nur noch abgestumpft war. Zuletzt wollte dieses arme Wesen den Brustumfang auf 140 Zentimeter erweitern; ob sie dazu noch kam, entzieht sich meiner Kenntnis. Am 5. März 2000 wurde Lollo Ferrari in ihrer Wohnung in Grasse in der Provence tot aufgefunden. Die Obduktion deutete auf einen Tod durch Ersticken hin, die Ermittler gingen von einem Verbrechen aus. Ihr Mann Eric Vigne wurde verhaftet und später mangels Beweisen freigelassen. Die Todesursache ist nicht mehr präzise zu klären. Vignes Anwälte gehen davon aus, dass Lollo Ferrari am Gewicht ihrer Silikonimplantate erstickt ist. Ermordet von einer gewissenlosen Schönheitschirurgie.
11. Glücklich durch eine Schönheitsoperation
»Ich habe jetzt eine neue Nase, die gut zu mir passt und mich nicht verfremdet.« Eine Patientin
Ein guter Schönheitschirurg hat zu helfen – und nicht sich selbst zu verwirklichen, so verstehe ich meinen Beruf. Er korrigiert Unzulänglichkeiten des menschlichen Körpers, repariert Schäden, bessert Schwachstellen aus, reguliert Verwachsungen und Ungleichheiten. Das Ergebnis soll so natürlich wie möglich aussehen; Maßstab ist und bleibt die Natur und nicht irgendein Trend. Die Arbeit eines Schönheitschirurgen ist dann gelungen, wenn der Patient zufrieden ist und sich wohlfühlt in seiner (behandelten) Haut. Dann hat das Wirken des Arztes Sinn gemacht, dann hat er entscheidend mitgeholfen, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern, dann hat er etwas für das Glück des Behandelten getan. Das ist mein höchstes Ziel: Ich möchte die Menschen mit meiner Arbeit glücklich machen. Ich möchte ihre Lebensumstände verbessern und ihnen einen neues Wohlbefinden geben. Es gibt nicht Schöneres für einen Schönheitschirurgen, als dieses Ziel zu erreichen. Und das gelingt oft.
Vielleicht ist das Glücksempfinden einer Patientin aus Hamburg deshalb so spontan, weil sie das Gefühl hat, dass mit ihrem Körper nichts Unnatürliches geschehen ist. Die 34-jährige Mutter von zwei Kindern war nach der Geburt ihres jüngsten Sohnes nicht mehr mit ihrem Busen zufrieden. Sie wünschte sich eine straffere Oberweite, die ruhig auch ein bisschen größer sein konnte. Doch die Frau hatte Angst vor Silikon-Implantaten; sie fand die Vorstellung, zwei Fremdkörper in ihrem Busen zu tragen, gruselig. Außerdem sagte sie, dass ihre Freundinnen schlechte Erfahrungen mit Silikon gemacht hätten. Also ließ sie sich Eigenfett, das aus den Pölsterchen am Bauch
stammte, in die Brüste transplantieren. Außerdem konnte so der Busen individuell geformt werden, und Narben gab es auch keine. Obwohl diese Methode nach sechs Monaten noch einmal wiederholt werden musste, war die Patientin mit dem Ergebnis höchst zufrieden.
Trotz aller Auswüchse des Schönheitswahns gibt es jede Menge Menschen, die nach einer Schönheits-OP ein besseres Leben führen, egal, ob ich einem verschüchterten Schüler die abstehenden
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