Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
für ihr Aussehen auch noch zu verhöhnen, obwohl sie alles freiwillig und auf ihr Geheiß mit sich geschehen ließ. Vielmehr gehören jene Ärzte verurteilt und an den Prager gestellt, die diese New Yorkerin zu einem Wesen verschnitten haben, das einem in Fieberträumen erscheinen könnte. A
real cat woman, eine richtige Katzenfrau, so nennt sich Jocelyn Wildenstein selbst. Sie könnte, ganz ohne Maskenbildner, eine tragende Rolle im Musical »König der Löwen« übernehmen: eine Zwittergestalt, halb Mensch, halb Tier. Sie trägt eine wüste Löwenmähne, ihre Augen sind zu schrägen Sehschlitzen verengt – als würde eine Löwin ihre Beute belauern. Die Nase ist flach und breit, der Mund aufgeschwollen, die Wangenpartie ebenso, das Gesicht ist mehr eine Grimasse als ein menschliches Antlitz. Viele weiden sich an dieser Erscheinung wie an der furchterregendsten Attraktionen einer Kuriositätenshow. Es spricht Bände über den dekadenten Zustand unserer besseren Gesellschaft, dass ausgerechnet diese Frau zu den Kultfiguren der Society zählt. Mehr noch: Sie gilt als neues Face von New York. Und wenn sie auf ihre bizarre Berühmtheit angesprochen wird, antwortet sie schon mal lachend: »Das ganze Leben ist extrem, ob in der Politik oder in der Schönheitschirurgie.«
Jocelyn Wildenstein kommt aus begüterten Verhältnissen. Geboren wurde sie in Lausanne (Schweiz) als Jocelynnys Dayannays da Silva Bezerra, Sproß einer Familie mit brasilianischen Vorfahren. Das Mädchen wuchs in exklusiven Zirkeln auf, wurde ausgebildet als Pilotin und Jägerin, die schon mal für ein Weekend zur Großwildjagd nach Kenia flog, zum riesigen Privatrevier inklusive Farm, einem Spielplatz für Milliardäre und ihren Nachwuchs. Dort lernte sie auch Alec Wildenstein kennen, Sohn von Daniel Wildenstein, des steinreichen und legendären Besitzer des gleichnamigen Kunsthandel-Imperiums. Die beiden verliebten sich ineinander und heirateten innerhalb eines Jahres in Las Vegas. Das Paar bekam zwei Kinder und wurde weniger durch berufliche Erfolge bekannt als durch einen extravaganten Lebensstil mit einem fünfstöckigen Stadthaus an der Park Avenue in New York, einer Wohnung in Paris, einem Haus in Lausanne, einer Villa in der Karibik und der Farm in Kenia. Jocelyn liebte Tiere; sie hatte immer fünf Greyhounds dabei und ihr Kapuzineräffchen, das sie auch auf Reisen im eigenen Privatjet begleitete.
Irgendwann kümmerte sich ihr Mann mehr um seine Geliebten als um die Ehefrau – und Jocelyn ging zum Schönheitschirurgen. Sie wollte aussehen wie eine Katze, koste es, was es wolle. Im Laufe
der Jahre ließ die Society-Lady über vier Millionen Dollar bei diversen Ärzten, schöner wurde sie dadurch nicht, aber einmalig, auf eine erschreckende Weise. Möglicherweise wollte Jocelyn dadurch ihren Mann zurückgewinnen, denn der liebte Löwen und andere wilde Katzen. Wie ihm die Veränderungen seiner Frau ab fünfzig gefielen, dazu sagte er nichts. Er hatte etliche Affären, darunter mit einem russischen Model. Als ihn seine Frau zur Rede stellte, bedrohte er sie mit einer Pistole. Die Ehe wurde geschieden, 2008 starb Alec Wildenstein an Krebs, und die arme, reiche Löwenfrau, die so und nicht anders aussehen möchte und wohl auch nicht mehr kann, tigert durch das Partyleben von New York und anderen Hotspots des Jetsets. Dass sie nur bei Vollmond Ausgang hat, entspricht nicht der Wahrheit und ist ein böses Gerücht …
Lollo Ferrari: Nach 22 Operationen starb sie einsam in der Provence
Niemand symbolisierte und personifizierte den Wahnsinn maßloser Schönheitschirurgie so wie die Französin Eve Geneviève Aline Valois, geboren 1968 in Clermont-Ferrand. Unter dem Künstlernamen Lollo Ferrari erlangte sie eine traurige Berühmtheit, von der man heute nicht mal so genau weiß, wie und warum sie überhaupt entstanden ist. Als Mädchen wuchs sie im französischen Atlantikbad La Baule auf; sie war dort wohl eine der Strandschönheiten, damals noch mit einigermaßen erträglichen Maßen. Mit zwanzig heiratete sie den fünfzehn Jahre älteren Eric Vigne, einen ehemaligen Schrotthändler. Eve Valois machte unter dem Namen Lollo Ferrari Karriere – als Tänzerin, Moderatorin, Schauspielerin, Pornodarstellerin und Sängerin. 1996 bekam sie wegen ihrer überdimensionalen Brüste einen Eintrag im französischen Guinness-Buch der Rekorde, 2003 auch einen in der amerikanischen Ausgabe. Aber da war sie schon drei Jahre lang tot.
Lollo Ferrari hatte sich
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