Verloren unter 100 Freunden
emotionalen Lasten befreit sind. Mit einem verlegenen Schulterzucken, das signalisiert, dass er ins Blaue hinein fabuliert, spricht Lester weiter: »Ich meine, das ist genau die Art von Verbundenheit, die ich bei AIBO spüre, einem Werkzeug, das es mir ermöglicht, Dinge zu tun, die ich vorher nie getan habe … Letztlich werden Werkzeuge wie dieses es der ganzen Gesellschaft ermöglichen, Dinge zu tun, die sie vorher nicht getan hat.« Lester sieht eine Zukunft, in der etwas wie AIBO sich in ein prothetisches Gerät entwickelt, das das Wahrnehmungsvermögen und den Aktionsradius des Menschen erweitert. 26 Dadurch wird es dem Menschen möglich, mit dem realen physischen Raum auf eine ganz neue Weise in Verbindung zu treten. »Wir werden »durch die Augen des Roboters sehen«, sagt Lester, und »durch seinen Körper interagieren … Einige seiner Teile könnten Teil von einem selbst sein, ein dauerhaftes Verschmelzen von Werkzeugen und Körper.«
Auch Brooks spricht vom Verschmelzen des Körpers mit der Maschine. Es werde kein »er«, der Roboter, und »ich«, der Mensch, mehr geben. Brooks zufolge werden wir entweder mit Robotern verschmelzen oder ihnen, in einem langen ersten Schritt, so nahe kommen, dass wir ihre Fähigkeiten in unser Selbstgefühl integrieren. Währenddessen wird der Roboter noch »der andere« sein, aber ein anderer, der den Menschen vervollständigt.
All das kommt den Träumen von Thad Starner sehr nahe, dem Gründer der Wearable Computing Group am MIT, früher bekannt als die »Cyborgs«. Starner stellt sich vor, einen Roboter wie ein Kind großzuziehen, in der Art, wie Brooks es mit Cog plante. Doch Starner betont, dass Cog und Nachfolger wie Domo und Mertz »nicht extrem genug« seien. 27 Sie »leben« in Laboren, wo die Roboter, allen guten Vorsätzen ihrer Erbauer zum Trotz, niemals wie menschliche Babys behandelt würden. Starner möchte einen Roboter ausbilden, indem er ihn an seinem Leben teilhaben lässt – durch die Übertragung von Sinneseindrücken mittels Sensoren in seiner Kleidung. Die Sensoren sollen dem Roboter ermöglichen »zu sehen, was ich sehe, zu hören, was ich höre und die Welt um mich herum so wahrzunehmen, wie ich sie wahrnehme«, sagt Starner. »Wenn ich bei einer Konferenz jemanden treffe, würde der Roboter mich ›Hi, David‹ sagen hören und einen Handschlag registrieren. Wenn er mich später den Namen der Person eintippen sieht und mitbekommt, dass ich eine Datei über die Person öffne, könnte er anfangen zu begreifen, was ›Informationsbeschaffung über eine Person‹ bedeutet.« Starners Vision ist, »etwas zu erschaffen, das nicht nur eine künstliche Intelligenz ist – es ist ein Teil von mir«.
Auch Greg, ein siebenundzwanzigjähriger israelischer Unternehmer, der vor kurzem sein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen hat, träumt von der Kombination von Konnektivität und Robotik. Auf diese Weise möchte er ein Vermögen verdienen
– und zwar schon bald. Bei Gregs Vorhaben sollen die Daten in seinem Handy einen Roboter zum Leben erwecken. Er sagt:
»Ich werde mit meinem Handy unterwegs sein, und wenn ich abends nach Hause komme, schließe ich es an einen Roboter an, der natürlich auch meine Wohnung in Schuss hält und weiß, wie er mich pflegen muss, falls ich krank bin. Der Roboter würde neben mir sitzen und die nötigen Dokumente für meine geschäftlichen Telefonate vorbereiten. Und wenn ich nach Israel reise, müsste ich nur mein Handy mitnehmen, denn in Tel Aviv würde ein baugleicher Roboter auf mich warten. Außerdem würde der Roboter Dinge beherrschen, die das Leben angenehmer machen – zum Beispiel könnte er mir eine Rückenmassage geben. Und bei einem Notfall würde er natürlich sofort den Krankenwagen rufen. Für junge Leute wäre es beruhigend und für alte Menschen fast so etwas wie eine Lebensversicherung.«
Wir werden unsere Roboter mit dem, was wir in unseren Handys angehäuft haben – der Geschichte unseres Lebens –, zum Leben erwecken. Wenn das Hirn im Telefon sich mit dem Roboter verbindet, wird die Dokumentvorbereitung genauso möglich wie die therapeutische Massage. Wie schön. Wer kann da schon widerstehen?
Lester träumt davon, die Welt durch AIBOs Augen zu sehen: Es wäre der Zugangsort in eine computergestützte Erweiterung der Realität. Andere drehen es um und sagen, die Erweiterung der Realität werde die Realität an sich; die physische Welt würde durchsetzt mit der Intelligenz, die
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