Verloren unter 100 Freunden
Maschine ist. Aber ganz am Ende sollte es kein Roboter sein, der sich um sie kümmert. Dann hat sie einen Menschen verdient. Jeder verdient einen Menschen. Aber es gibt mögliche Ausnahmen. Wenn man an Roboter und Kinder denkt … nun, beim Kinder-Großziehen gibt es eine Phase … ich spreche von stinkenden Windeln und dem ganzen Drumherum. Es wäre nicht schlecht, wenn ein Roboter diesen Teil erledigen würde. Wenn man es selbst erledigt, ist man doch auch ein Roboter.
Diesen unappetitlichen Teil beim Großziehen von Kindern würde ich gerne abtreten, und dasselbe gilt für diesen Bereich von Natashas Pflege. Bei Kindern fällt es vielleicht schwerer. Aber ich würde es tun, wenn alle es täten. Die meisten Leute würden es tun, wenn es gang und gäbe wäre. Wir haben unseren Kindern ja auch nicht verboten fernzusehen und fanden Fernsehen trotzdem nicht besonders gut für sie.«
Tony ist nicht erfreut, bei einem Widerspruch ertappt zu werden. Aber viele Menschen stecken im gleichen Dilemma wie er. Es ist schwierig, einen klaren, unverrückbaren Standpunkt zu haben.
Während wir von Problemen geplagt sind, erzählt man uns, Maschinen würden sich dieser Probleme annehmen. Wie soll man da widerstehen? Tony sagt: »Das Fehlen von Authentizität [wenn man Menschen durch Roboter ersetzt] wäre in Ordnung. Die fehlende Authentizität ist ein akzeptabler Kompromiss für den Erhalt der gewünschten Dienste. Ich würde sagen, meine gegenwärtigen Probleme übertreffen den Luxus der Authentizität. Einen Roboter, der Natasha alles hinterherräumt, würde ich als Entlastung betrachten, so wie einen Staubsauger. Deshalb ist der Roboter-Einsatz in der Altenpflege in Ordnung für mich.«
Betty hat ihm still zugehört. Sie möchte, dass ihre Mutter so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben kann. Vielleicht könnte ihr ein Roboter dabei helfen. Betty meint:
»Der Roboter würde ihr Leben interessanter machen. Vielleicht würde es bedeuten, dass sie länger bei sich zu Hause wohnen bleibt. Mich würde es beruhigen und mir meinen Seelenfrieden geben. Ein Roboter wäre besser als ein menschlicher Pfleger, der sie vielleicht misshandelt, sie vernachlässigt oder bestiehlt. Ich glaube, sie würde den Roboter vorziehen. Der Roboter würde sie nicht kritisieren. Er hätte immer gute Laune. Sie würde sich schnell an ihn gewöhnen und unbefangen mit ihm umgehen. Wie Tony sagt, Fernsehen für Kinder hat Nachteile, und auch hier gäbe es Nachteile. Eine Münze hat immer zwei Seiten. Aber es wäre es wert.«
Dann spricht Betty über andere »Roboter-Sachen« in ihrem Leben. Sie betrachtet automatische Sprechansager als Roboter. Und ist froh, dass es bei ihrer örtlichen Bank noch Schalterbeamte aus Fleisch und Blut gibt und dass man dort eine Tasse Kaffee und Kekse bekommt. »Ich mag unsere kleine Bankfiliale. Mir graust bei dem Gedanken, eines Tages hineinzugehen und am Schalter einen Roboter
vorzufinden. An Selbstbedienungstankstellen und Geldautomaten gibt es keine menschliche Nähe mehr.«
Für ihren Ehemann hingegen ist die örtliche Bankfiliale ein Sinnbild reiner Nostalgie.
»Der Schalterbeamte stammt nicht aus der Gegend. Er kennt einen nicht, man ist ihm egal. Mit ihm zu reden ist sinnlos, denn er ist ja auch so etwas wie ein Roboter. Wenn man ihn anspricht, ist man für ihn nur der ›alte Knacker‹, der Rentner, der jeden in der Warteschlange – und dann auch ihn selbst – vollsabbelt. Denn daraus besteht doch das soziale Leben alter Menschen – die Bank, der Einkaufsladen, der Friseur. Wenn man jung ist, macht einem der Geldautomat nichts aus, aber später, wenn man alt ist und mit anderen Menschen reden möchte, dann gibt es niemanden mehr, mit dem man kurz plaudern kann. Es gibt nur noch Maschinen.«
Tonys Betrachtungen des Banalen und des Tiefergehenden – jung zu sein und sich nicht an Geldautomaten zu stören, alt zu sein und sich in einer Welt voller Maschinen verloren zu fühlen – erfassen das Wesentliche an der Stunde des Roboters. Wir fühlen uns, während wir am Geldautomaten stehen (oder mit Schalterbeamten reden, die sich wie Geldautomaten verhalten) fast schon selbst wie ein Roboter unter Robotern. Wir haben uns daran gewöhnt, »zu Maschinen zu sprechen«. Deshalb überrascht es uns immer weniger, wenn Roboter an Orten eingesetzt werden, wo früher Menschen gearbeitet haben. Tony spricht von einer uns seit langem bekannten Entwicklung: Wenn ein Job zu einer rein
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