Verlorene Illusionen (German Edition)
fügte er mit leiser Stimme hinzu, »weil die Papierhändler und die Buchdrucker hier sind. Ich hätte dich für taktvoller gehalten, kleiner Freund«, fuhr er mit lauter Stimme fort.
»Nehmen Sie Gesellschafter auf?« fragte Finot.
»Je nachdem«, erwiderte Dauriat.
»Willst du dich zu einem Drittel für vierzigtausend Franken beteiligen?«
»Könnte schon sein, wenn Ihnen als Mitarbeiter Emile Blondet hier, Claude Vignon, Scribe, Théodore Leclercq, Félicien Vernou, Jay, Jouy, Lousteau...«
»Und warum nicht Lucien von Rubempré?« unterbrach unser Provinzdichter kühn diese Worte Finots.
»Und Nathan genehm sind«, sagte Finot, ohne darauf zu achten.
»Und warum nicht jeder, der Maulaffen feilhält?« sagte der Buchhändler und wandte sich stirnrunzelnd an den Verfasser der ›Margueriten‹. »Mit wem habe ich die Ehre?« fragte er und blickte dabei Lucien herausfordernd an.
»Einen Augenblick, Dauriat«, antwortete Lousteau. »Ich habe den Herrn hierher gebracht. Während Finot Ihren Vorschlag überlegt, hören Sie mich an.«
Lucien brach der Schweiß im Rücken aus, als er die kalte, mißvergnügte Miene dieses gefürchteten Literaturpaschas sah, der Finot duzte, während Finot zu ihm »Sie« sagte, der den gefürchteten Blondet »kleiner Freund« nannte, der mit königlicher Gebärde Nathan die Hand hingestreckt und ihm vertraulich zugenickt hatte.
»Ein neues Geschäft, Kleiner?« rief Dauriat; »aber du weißt, ich habe elfhundert Manuskripte! – Ja, mein Herr,« rief er, »man hat mir elfhundert Manuskripte angeboten, fragen Sie Gabusson! Ich muß mir schließlich ein eigenes Bureau für die Verwaltung der Manuskripte anschaffen und muß mir ein Personal halten, das die Manuskripte liest und prüft; es werden Sitzungen abgehalten werden, für die ich Präsenzgelder zahlen muß, in denen über Wert und Unwert abgestimmt wird, und ein ständiger Sekretär wird mir Bericht erstatten. Das wird eine Filiale der Akademie, und die Akademiker werden in den Holzgalerien besser bezahlt werden als im Institut.«
»Das ist eine Idee«, sagte Blondet.
»Eine schlechte Idee«, erwiderte Dauriat. »Es ist nicht mein Geschäft, mich mit den Ausgeburten solcher Literaten abzugeben, die zur Literatur gehen, weil sie keine Kapitalisten und keine Schuhmacher, Feldwebel, Bediente, Verwalter oder Türsteher sein können! Hier soll nur eintreten, wessen Ruhm fertig ist! Werdet berühmt, und ihr findet bei mir Ströme von Gold. Da habe ich in den letzten zwei Jahren drei große Männer gemacht, und was habe ich nun? Drei Undankbare! Nathan will für die zweite Auflage seines Buches sechstausend Franken haben, und dabei hat es mich dreitausend Franken für Artikel gekostet und hat mir keine tausend eingebracht. Für die zwei Artikel von Blondet habe ich tausend Franken bezahlt und ein Diner gegeben, das mir fünfhundert Franken gekostet hat...«
»Aber, werter Herr, wenn alle Buchhändler dasselbe sagten wie Sie, wie könnte man dann ein erstes Buch herausgeben?« fragte Lucien, in dessen Augen Blondet sehr an Wert verlor, als er hörte, welche Summe Dauriat für die Artikel in den ›Débats‹ gezahlt hatte.
»Das kümmert mich nicht«, antwortete Dauriat und schleuderte dem schönen Lucien, der ihn freundlich ansah, einen tödlichen Blick zu. »Ich gebe ein Buch nicht zu meinem Vergnügen heraus, ich will nicht zweitausend Franken riskieren, um zweitausend zu gewinnen; ich will in der Literatur spekulieren; ich veröffentliche vierzig Bände in zehntausend Exemplaren, wie es Panckoucke und die Beaudouin machen. Meine Macht und die Artikel, die ich mir verschaffe, bringen ein Geschäft von hunderttausend Talern in derselben Zeit zustande, die man dazu braucht, einen Band für zweitausend Franken zu verkaufen. Es macht ebensoviel Arbeit, einen neuen Namen, einen Autor und sein Buch durchzudrücken, als solche Sammelwerke wie ›Das Theater des Auslands‹, ›Siege und Eroberungen‹ oder die ›Memoiren über die Revolution‹ herauszugeben, die ein Vermögen bedeuten. Ich bin nicht da, um das Sprungbrett künftiger Berühmtheiten zu sein, sondern um Geld zu verdienen und den berühmten Männern davon abzugeben. Das Manuskript, das ich für hunderttausend Franken kaufe, ist weniger teuer als eines, dessen unbekannter Verfasser sechshundert Franken von mir haben will. Wenn ich nicht ganz und gar ein Mäzen bin, jedenfalls habe ich Anspruch auf den Dank der Literatur: ich habe den Preis der Manuskripte schon auf
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