Verlorene Illusionen (German Edition)
Redakteur des ›Constitutionnel‹ und dem Herausgeber der ›Minerva‹ plauderte.
»General,« antwortete Dauriat, »Ruhm heißt für zwölftausend Franken Artikel und für tausend Taler Diners, fragen Sie den Verfasser des ›Einsiedler‹. Wenn Herr Benjamin Constant über diesen jungen Dichter einen Artikel schreiben will, werde ich mich nicht lange besinnen, das Geschäft abzuschließen.«
Bei dem Wort ›General‹ und als er den berühmten Benjamin Constant anreden hörte, kam der Laden unserm Provinzialen beinah wie der Olymp vor.
»Lousteau, ich habe mit dir zu sprechen,« sagte Finot; »aber ich sehe dich im Theater wieder. – Dauriat, ich mache das Geschäft, aber ich habe Bedingungen. Gehen wir in Ihr Kontor.«
»Komm, Kleiner«, sagte Dauriat und ließ Finot vor sich eintreten, dabei machte er zu zehn Personen hin, die wartend dastanden, eine Handbewegung, die zeigen sollte, daß er keine Zeit habe.
Als er schon beinah in der Tür verschwunden war, hielt ihn der ungeduldige Lucien fest.
»Sie behalten mein Manuskript, wann erhalte ich Antwort?«
»Ja, kleiner Dichter, komm doch in drei oder vier Tagen wieder, wir werden sehen.«
Lucien wurde von Lousteau fortgezogen, der ihm nicht die Zeit ließ, Vernou oder Blondet oder Raoul Nathan oder den General Foy oder Benjamin Constant zu grüßen, dessen Buch über die Hundert Tage eben erschienen war. Lucien hatte kaum Zeit, den blonden, feinen Kopf, das längliche Gesicht, die funkelnden Augen, den schöngeformten Mund des Mannes zu sehen, der zwanzig Jahre lang der Potemkin der Frau von Staël gewesen war und der die Bourbonen bekämpfte, wie er Napoleon bekämpft hatte, und der, von seinem Sieg niedergeschmettert, sterben sollte.
»Was für ein Laden!« rief Lucien, als er neben Lousteau in einem Einspänner saß.
»Ins Panorama Dramatique, aber schnell! Du bekommst dreißig Sous für die Fahrt«, rief Etienne dem Kutscher zu. – »Dauriat ist ein Kerl, der für anderthalb Millionen Franken Bücher jährlich verkauft, er ist so 'ne Art Literaturminister«, antwortete Lousteau, dessen Eigenliebe angenehm gekitzelt war und der sich Lucien überlegen zeigen wollte. »Seine Habgier ist ebenso groß wie die Barbets, aber sie geht ins Große. Dauriat hat Manieren, er kann großmütig sein, aber er ist eitel; sein Geist setzt sich aus allem zusammen, was er um sich sagen hört; sein Laden ist ein berühmter Ort, den man besuchen muß. Man kann sich dort mit den hervorragendsten Leuten der Zeit unterhalten. Ein junger Mann lernt dort, mein Lieber, in einer Stunde mehr, als wenn er zehn Jahre über Büchern schwitzt. Man diskutiert dort über Artikel, man findet Stoffe, man knüpft mit berühmten oder einflußreichen Leuten an, die nützlich werden können. Wer sich heutzutage durchsetzen will, muß Beziehungen haben. Alles ist Zufall, Sie sehen es. Das Gefährlichste ist, Geist zu haben und ganz allein in seinem Winkel zu sitzen.«
»Aber wie impertinent er ist!« sagte Lucien.
»Bah! wir machen uns alle über Dauriat lustig«, antwortete Etienne. »Wenn man ihn braucht, trampelt er einem auf dem Bauch herum, braucht er das ›Journal des Débats‹, dann läßt Emile Blondet ihn tanzen wie einen Kreisel. Oh, wenn Sie in die Literatur kommen, werden Sie von der Art noch vieles sehen! Und was habe ich Ihnen gesagt?«
»Ja, Sie hatten recht«, antwortete Lucien. »Ich habe in diesem Laden noch Grausameres ausgestanden, als ich nach Ihrer Prophezeiung erwartete.«
»Und warum wollen Sie überhaupt etwas ausstehen? Was uns unser Leben kostet, der Gegenstand, der in langen Nächten der Arbeit unser Hirn zermürbt hat, all dieses Wandern im Land der Gedanken, das ganze Ergebnis unserer Arbeit, die Schöpfung, der wir Geist und Blut gegeben haben, wird für die Verleger ein gutes oder schlechtes Geschäft. Die Buchhändler verkaufen Ihr Buch oder verkaufen es nicht. Das ist für sie das ganze Problem. Ein Buch bedeutet ihnen riskiertes Kapital. Je schöner das Buch ist, um so weniger Aussichten hat es, verkauft zu werden. Jeder hervorragende Mann erhebt sich über die Massen, sein Erfolg steht also im geraden Verhältnis zu der Zeit, die nötig ist, um das Werk zur Geltung zu bringen. Kein Buchhändler will warten, das Buch von heute muß morgen verkauft werden. Auf Grund dieses Systems lehnen die Verleger die gewichtigen Bücher ab, die der hohen Anerkennung bedürfen und sie nur langsam finden.«
»D'Arthez hat recht«, rief Lucien.
»Sie kennen
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