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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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d'Arthez?« fragte Lousteau.
    »Ich kenne nichts Gefährlicheres als die einsamen Geister, die wie dieser Mann denken, sie könnten die Welt zu sich heraufziehen. Sie verleihen den jungen Phantasten einen fanatischen Glauben, der der starken Kraft, die wir zuerst in uns fühlen, schmeichelt, und so verhindern diese Männer des Nachruhms die jungen Leute, sich in dem Alter zu rühren, wo es möglich und nützlich ist, sich zu regen. Ich bin für Mohammeds System, der, nachdem er dem Berg vergebens befohlen hatte, zu ihm zu kommen, ausgerufen hat: ›Wenn der Berg nicht zu mir kommt, gehe ich zu ihm!‹«
    Dieser Ausfall, in dem die Berechnung einen so einschneidenden Ausdruck gefunden hatte, bewirkte nur, daß Lucien zwischen dem System der geduldig ertragenen Armut, das sein Zirkel predigte, und der Lehre des Kampfes, die Lousteau ihm auseinandersetzte, schwankte. Daher blieb der Dichter von Angoulême bis zum Boulevard du Temple schweigsam.
    Das Panorama Dramatique, das heute nicht mehr steht, war ein reizendes Theater, das gegenüber der Rue Charlot auf dem Boulevard du Temple gelegen war. Zwei Direktionen gingen darin zugrunde, ohne einen einzigen Erfolg zu erlangen, obwohl Vignol, einer von den Schauspielern, die sich in die Erbschaft Potiers geteilt haben, und ebenso Florine, die fünf Jahre später eine so berühmte Schauspielerin wurde, dort zuerst aufgetreten sind. Die Theater sind wie die Menschen dem Schicksal unterworfen. Das Panorama Dramatique mußte die Konkurrenz mit dem Ambigu, der Gaieté, der Porte-Saint-Martin und den Vaudevilletheatern aufnehmen; gegen deren Manöver, die Einschränkungen seiner Konzession und den Mangel an guten Stücken konnte es sich nicht halten. Die dramatischen Schriftsteller wollten nicht um eines Theaters willen, dessen Aussichten zweifelhaft waren, mit den bestehenden Theatern brechen. Indessen rechnete die Direktion auf das neue Stück, eine Art komischen Melodramas, das ein junger Dramatiker namens du Bruel, der früher mit verschiedenen berühmten Männern zusammengearbeitet hatte, wie er sagte, diesmal allein verfaßt hatte. Dieses Stück war für das erste Auftreten Florines verfaßt, die bis dahin Statistin in der Gaieté gewesen war und seit einem Jahr kleine Rollen gespielt hatte, in denen sie auffiel, ohne es jedoch zu erreichen, daß sie als Schauspielerin engagiert wurde, so daß das Panorama sie der Konkurrentin weggenommen hatte. Coralie, eine andere Schauspielerin, sollte ebenfalls in dem Stück zum erstenmal auftreten. Als die beiden Freunde angelangt waren, war Lucien erstaunt über ein Beispiel von der Macht der Presse, das er da sehen sollte.
    »Der Herr gehört zu mir«, sagte Etienne zu dem Kontrolleur, der sich bis zum Boden verneigte.
    »Sie werden sehr schwer Plätze finden«, sagte der Oberkontrolleur. »Es sind nur noch in der Direktionsloge Plätze frei.«
    Etienne und Lucien irrten eine Zeitlang in den Gängen herum und verhandelten mit den Schließerinnen.
    »Wir wollen auf die Bühne gehen. Wir werden mit dem Direktor sprechen, und er nimmt uns in seine Loge. Überdies stelle ich Sie der Heldin des Abends, Florine, vor.«
    Auf ein Zeichen Lousteaus nahm der Orchesterportier einen kleinen Schlüssel und öffnete eine Tapetentür. Lucien folgte seinem Freund und kam plötzlich aus dem hellerleuchteten Korridor in die schwarze Höhle, die fast in allen Theatern die Verbindung zwischen dem Zuschauerraum und der Bühne herstellt. Dann stieg unser Provinzler einige feuchte Stufen hinauf und hatte die Bühne vor sich, wo ihn das seltsamste Schauspiel erwartete. Die Enge der Kulissenstützen, die Höhe des Theaters, die Rampenlichter, die, aus der Nähe gesehen, so greulichen Dekorationen, die geschminkten Schauspieler, ihre grotesken und aus so groben Stoffen verfertigten Kostüme, die Theaterarbeiter mit ölglänzenden Westen, die herunterhängenden Schnüre, der Regisseur, der mit dem Hut auf dem Kopf hin und her ging, die Statistinnen, die herumsaßen, die hängenden Hintergründe, die Feuerwehrleute, dieses Ganze von närrischen, traurigen, schmutzigen, schrecklichen, schimmernden Dingen glich so wenig dem, was Lucien von seinem Theaterplatz aus gesehen hatte, daß sein Staunen grenzenlos war. Ein braves und grobgebautes Melodrama names ›Bertram‹ war beinahe zu Ende, ein Stück, das nach einer Tragödie von Maturin verfaßt war, die Nodier, Lord Byron und Walter Scott außerordentlich schätzten, aber es in Paris zu gar keinem Erfolg bringen

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