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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Verpflichtungen einer solchen Ehe geworfen zu werden, aber er sah sie so schön, so wohlgestalt und anmutig, daß er von den malerischen Bildern eines solchen Zigeunerlebens angezogen wurde und dem Schicksal den Handschuh zuschleuderte. Berenice erhielt den Auftrag, den Umzug und die neue Einrichtung Luciens zu bewerkstelligen. Dann zog die schöne, triumphierende, glückliche Coralie ihren geliebten Dichter mit fort und fuhr mit ihm durch ganz Paris nach der Rue Saint-Fiacre. Lucien stieg schnell die Treppe hinauf und benahm sich in dem Bureau der Zeitung wie einer, der Bescheid weiß und dazu gehört. Koloquint mit seiner Papiermütze auf dem Kopf und der alte Giroudeau sagten ihm mit der alten gewohnten Heuchelei, es wäre niemand da.
    »Aber die Redakteure müssen sich doch irgendwo treffen, um die Zeitung zu machen«, entgegnete er. »Wahrscheinlich; aber die Redaktion geht mich nichts an«, sagte der Kapitän der Kaiserlichen Garde und sortierte wieder seine Streifbänder, wobei er sein ewiges Gebrumm ertönen ließ.
    In diesem Augenblick trat durch einen – soll man sagen glücklichen oder unglücklichen? – Zufall Finot herein, um Giroudeau seinen vorgeblichen Rücktritt mitzuteilen und ihm ans Herz zu legen, auf seine Interessen zu achten.
    »Der Herr wird nicht diplomatisch behandelt, er gehört zum Blatt«, sagte Finot zu seinem Onkel, während er Lucien die Hand drückte. »Ah! der Herr gehört zum Blatt!« rief Giroudeau, der über die freundliche Begrüßung, die seitens seines Neffen Lucien zuteil wurde, sehr überrascht war. »Wahrhaftig, Sie haben nicht viel Mühe gehabt, anzukommen.«
    »Ich will Ihnen hier alles in Ordnung bringen, damit Sie von Etienne nicht begaunert werden«, sagte Finot und blickte Lucien schlau an. »Der Herr bekommt drei Franken die Spalte für alles, was er schreibt, auch für die Theaterberichte.«
    »Du hast niemals jemandem diese Bedingungen bewilligt«, sagte Giroudeau und blickte Lucien erstaunt an. »Er wird die vier Boulevardtheater haben; du wirst aufpassen, daß ihm seine Logen nicht stibitzt werden und daß er ordnungsgemäß seine Billette erhält. Ich rate Ihnen trotzdem, sie sich direkt schicken zu lassen«, wandte er sich an Lucien. »Der Herr verpflichtet sich, außer seiner Kritik zehn Artikel Vermischtes von ungefähr zwei Spalten für fünfzig Franken monatlich ein Jahr lang zu liefern. – Das paßt Ihnen doch?«
    »Ja«, sagte Lucien, den die Umstände in der Hand hatten.
    »Onkel,« sagte Finot zu dem Kassierer, »setze den Vertrag auf. Wir unterschreiben ihn, wenn wir gehen.«
    »Wer ist der Herr?« fragte Giroudeau, der sich erhoben hatte und seine schwarzseidene Mütze zog.
    »Herr Lucien von Rubempré, der Verfasser des Artikels über den Alkalden«, erwiderte Finot.
    »Junger Mann,« rief der alte Soldat und tippte Lucien auf die Stirn, »Sie haben Goldminen da drin. Ich verstehe mich nicht auf Literatur, aber Ihren Artikel habe ich gelesen, und er hat mir Vergnügen gemacht. Sapristi, es ist so etwas Lustiges drin! Und so habe ich gesagt, das bringt uns Abonnenten! Und es kam auch so. Wir haben fünfzig Nummern verkauft.«
    »Ist mein Vertrag mit Etienne Lousteau in zwei Abschriften zum Unterzeichnen fertig?« fragte Finot seinen Onkel.
    »Jawohl«, antwortete Giroudeau. »Setze auf den, den ich mit dem Herrn mache, das Datum von gestern, damit Lousteau sich an die Abmachungen halten muß!«
    Finot nahm den Arm seines neuen Mitarbeiters, und diese scheinbare Kollegialität machte dem Dichter Vergnügen, der sich so zur Treppe führen ließ, während Finot ihm sagte: »Sie haben so eine gesicherte Position. Ich werde Sie selbst meinen Redakteuren und Mitarbeitern vorstellen. Dann wird Sie Lousteau heute abend in den Theatern einführen. Sie können hundertfünfzig Franken monatlich an unserm Blättchen verdienen, das Lousteau leiten wird, bemühen Sie sich also, sich gut mit ihm zu stellen. Er wird es mir ja übelnehmen, daß ich ihm in Ihrer Sache die Hände gebunden habe, aber Sie haben Talent, und ich will nicht, daß Sie den Launen eines Chefredakteurs ausgesetzt sind. Unter uns gesagt, Sie können mir bis zu zwei Bogen monatlich für meine Wochenschrift schreiben, ich zahle Ihnen zweihundert Franken dafür. Sprechen Sie mit niemandem über diese Abmachung, alle möglichen Eitelkeiten werden sich über das Glück eines Anfängers ärgern und mir darüber böse sein. Machen Sie aus Ihren zwei Bogen vier Artikel, unterzeichnen Sie zwei davon mit

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