Verlorene Illusionen (German Edition)
Ihrem Namen und zwei mit einem Pseudonym, damit es nicht aussieht, als ob Sie anderen das Brot wegessen. Sie verdanken Ihre Stellung Blondet und Vignon, die beide finden, daß Sie eine Zukunft haben. Also, werden Sie mir nicht liederlich. Trauen Sie vor allem Ihren Freunden nicht. Wir zwei wollen immer gut miteinander auskommen. Wie Sie mich bedienen, bediene ich Sie. Sie haben für vierzig Franken Logen und Billette zu verkaufen und für sechzig Franken Bücher zu verklopfen. Das und Ihre Mitarbeit bringt Ihnen vierhundertfünfzig Franken monatlich. Wenn Sie nur ein bißchen Witz haben, bekommen Sie überdies noch mindestens zweihundert Franken von den Verlegern, die Ihnen Artikel und Prospekte bezahlen. Aber Sie halten zu mir, nicht wahr? Ich kann auf Sie zählen?«
Lucien drückte Finots Hand mit überschwenglicher Freude.
»Es soll nicht so aussehen, als ob wir uns verständigt hätten«, sagte ihm Finot ins Ohr und öffnete dann die Tür einer Dachkammer im fünften Stock des Hauses, die am Ende eines langen Flurs gelegen war.
Lucien erblickte nunmehr Lousteau, Félicien Vernou, Hector Merlin und zwei andere Redakteure, die er nicht kannte. Sie saßen alle um einen Tisch herum, auf dem eine grüne Decke lag, vor einem guten Feuer, auf Stühlen oder Lehnsesseln und rauchten und lachten. Der Tisch war mit Papieren bedeckt, es stand ein einziges Tintenfaß darauf, in dem richtige Tinte war, und Federn lagen umher, die ziemlich schlecht waren, aber von den Redakteuren wirklich benutzt wurden. Der neugebackene Journalist merkte nun, daß das große Werk hier getan wurde.
»Meine Herren,« sagte Finot, »der Gegenstand unserer Zusammenkunft ist die Einführung unseres lieben Lousteau in die Stelle des Chefredakteurs des Blattes, das ich zu verlassen genötigt bin. Aber obwohl meine Anschauungen notwendigerweise eine Umwandlung erfahren haben, damit ich Chefredakteur der Zeitschrift werden kann, deren Ziele Ihnen bekannt sind, sind meine Überzeugungen die alten, und wir bleiben Freunde. Ich gehöre ganz Ihnen, wie Sie mir gehören sollen. Die Umstände wechseln, die Prinzipien sind fest. Die Prinzipien sind der Angelpunkt, um den sich die Zeiger des politischen Barometers drehen.«
Alle Redakteure brachen in Lachen aus.
»Von wem hast du denn diese Phrasen?« fragte Lousteau.
»Von Blondet«, erwiderte Finot.
»Wind, Regen, Sturm, schönes Wetter, beständig,« sagte Merlin, »wir wollen alles zusammen durchmachen.«
»Na,« erwiderte Finot, »lassen wir jetzt lieber die Bildersprache und reden wir deutlich: wer von euch mir Artikel zu bringen hat, kann sich auf Finot verlassen. Der Herr«, fuhr er fort und stellte Lucien vor, »gehört zu euch. – Ich habe einen Vertrag mit ihm gemacht, Lousteau.«
Alle gratulierten Finot zu seiner Verbesserung und seiner neuen Lage.
»Jetzt sitzest du auf dem Roß, über uns und den andern«, sagte einer der Redakteure, die Lucien nicht kannte. »Dürfen wir bei dir unsere Feinde angreifen?«
»So viel ihr wollt«, erwiderte Finot.
»Ah, was mir einfällt«, sagte Lousteau, »das Blatt darf nicht zurückweichen. Herr Châtelet ist böse geworden, wir dürfen ihn die ganze Woche nicht in Ruhe lassen.«
»Was ist geschehen?« fragte Lucien.
»Er hat Rechenschaft verlangt«, antwortete Vernou. »Der Exgeck des Kaiserreichs hat den alten Giroudeau vorgefunden, der ganz kaltblütig Philipp Bridau als den Verfasser des Artikels genannt hat, und Philipp hat den Baron gefragt, welche Stunde und welche Waffen ihm passen. So steht die Sache jetzt. Wir sind damit beschäftigt, dem Baron in der morgigen Nummer unsere Entschuldigungen auszusprechen. Jeder Satz ist ein Dolchstoß.«
»Nehmt ihn tüchtig mit. Mich soll er auch finden«, versetzte Finot. »Ich werde so tun, als spränge ich ihm bei, indem ich euch zur Ruhe verweise; er hält zum Ministerium, und wir hängen ihm da etwas auf, die Stelle eines außerordentlichen Professors oder einen Tabakverschleiß. Wir sind glücklich, daß er ein leidenschaftlicher Spieler geworden ist. Wer von euch will in meinem neuen Blatt einen gründlichen Artikel über Nathan schreiben?«
»Geben Sie ihn Lucien«, sagte Lousteau. »Hector und Vernou schreiben Artikel in ihren Blättern.«
»Auf Wiedersehen, meine Herren, bei Barbin treffen wir uns unter vier Augen wieder«, sagte Finot lachend.
Man machte nun Lucien einige Komplimente über seinen Eintritt in die gefürchtete Gilde der Journalisten, und Lousteau erklärte, er sei ein
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