Verlorene Illusionen (German Edition)
mühsamen Gewerbe und durch die Unterweisungen, deren die Frau eines Kaufmanns bedarf, zu verderben. Daher gingen die tausend Franken, seine einzige Habe, mehr für den Haushalt als für das Geschäft drauf. Die Nachlässigkeit Davids und die Unwissenheit seiner Frau dauerten vier Monate! Das Erwachen war schrecklich. Als der Wechsel Postels, den David unterschrieben hatte, fällig war, war kein Geld im Haus, und Eva kannte die Entstehung dieser Schuld nur zu gut, so daß sie ihren Brautschmuck und ihr Silberzeug opferte, damit er eingelöst werden konnte. Noch am Abend des Tages, an dem der Wechsel bezahlt worden war, wollte Eva ihren Mann dazu bewegen, mit ihr von den Geschäften zu sprechen, denn sie hatte bemerkt, daß er der Erfindung halber, von der er ihr einmal gesprochen hatte, seine Druckerei vernachlässigte. Seit dem zweiten Monat seiner Ehe verbrachte David den größten Teil seiner Zeit in dem Schuppen hinten im Hofe in einem kleinen Raum, der dazu diente, seine Walzen zu gießen. Drei Monate nach seiner Ankunft in Angoulême hatte er an Stelle der Ballen, mit Hilfe deren die Lettern mit Druckerschwärze betupft wurden, den flachen und den zylinderförmigen Auftrageapparat eingeführt, der die Druckerschwärze mit Hilfe von Walzen, die aus Leim und Melasse zusammengesetzt sind, verteilt und aufträgt. Diese erste Verbesserung der Buchdruckerkunst war so unbestreitbar, daß die Brüder Cointet sie sofort, nachdem sie ihre Wirkung gesehen hatten, gleichfalls anschafften. David hatte an die Mittelwand dieser Art Küche einen Ofen mit einer Kupferpfanne angebaut und hatte gesagt, er brauche auf solche Weise weniger Kohlen für den Umguß seiner Walzen, deren rostige Formen die Mauer entlang standen und die er in Wirklichkeit kaum zweimal umgoß. Er brachte an diesem Raume nicht nur eine starke eichene Tür an, die innen mit Eisenblech beschlagen war, sondern er ersetzte auch die schmutzigen Scheiben des Fensters durch neue Scheiben in geripptem Glas, damit niemand von außen sehen könnte, womit er sich beschäftigte. Beim ersten Wort, das Eva zu David über ihre Zukunft sprach, sah er sie mit unruhigem Blick an und brachte sie mit folgenden Worten zum Verstummen: »Liebes Kind, ich weiß, welche Gedanken dir der Anblick einer verödeten Werkstatt und die Art geschäftlichen Ruins, in dem ich bin, einflößen muß; aber siehst du,« fuhr er fort, führte sie an das Fenster und zeigte ihr das geheimnisvolle Häuschen, »dort drin liegt unser Glück ... wir werden noch ein paar Monate leiden müssen; aber laß uns geduldig leiden und laß mich die industrielle Erfindung machen, von der du weißt, daß sie all unserem Elend ein Ende machen wird.«
David war so gut, seiner Aufopferung mußte so sehr aufs Wort geglaubt werden, daß die arme Frau, die, wie alle Frauen, sich nur um die täglichen Ausgaben kümmerte, sich vornahm, ihren Mann mit den Sorgen des Haushalts zu verschonen; sie verließ also das hübsche blau und weiße Zimmer, in dem sie sich bisher damit begnügt hatte, Näharbeiten zu machen und mit ihrer Mutter zu plaudern, und begab sich in einen der Holzverschläge am Ende der Druckerei, um den geschäftlichen Betrieb kennen zu lernen. War das nicht heroisch von einer Frau, die schon guter Hoffnung war? Während dieser ersten Monate hatte der Druckereibetrieb Davids so gut wie gestockt, und die Arbeiter, die er bis dahin für seine Arbeiten gebraucht hatte, waren einer nach dem andern abgegangen. Die Brüder Cointet hatten eine Menge Aufträge und beschäftigten nicht nur die Arbeiter des Departements, die durch die Aussicht, bei ihnen gut zu verdienen, angelockt wurden, sondern auch einige aus Bordeaux, woher hauptsächlich die Lehrlinge gekommen waren, die sich für geschickt genug hielten, um sich dem Druck des Lehrverhältnisses zu entziehen. Als Eva untersuchte, worauf sich die Druckerei Séchard stützen konnte, fand sie nur drei Personen. Zunächst Cérizet, den Lehrling, den bei der Firma Didot auszubilden David Vergnügen gemacht hatte, wie es fast allen Faktoren geht, die aus der großen Zahl Arbeiter, denen sie vorstehen, immer einige auswählen, denen sie besonders zugetan sind; David hatte diesen Lehrling namens Cérizet nach Angoulême mitgebracht, wo er sich vervollkommnet hatte. Dann Marion, die dem Hause wie ein treuer Hund ergeben war; und schließlich ein Elsässer namens Kolb, der früher bei der Firma Didot Laufbursche gewesen war. Kolb war dann zum Militär ausgehoben worden
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