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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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dem Kamin erinnerte eine Standuhr an die Tage des früheren Wohlstandes. Am Fenster hingen weiße Gardinen. Die Wände hatten graue Tapeten mit grauen Blumen. Der Fußboden, den Eva gestrichen hatte und immer putzte, glänzte vor Sauberkeit. In der Mitte des Zimmers stand ein Nipptischchen, auf dem auf einem roten Tablett, das mit goldenen Röschen verziert war, drei Tassen und eine Zuckerdose aus Porzellan von Limoges standen. Eva schlief in einer anstoßenden Kammer, die ein schmales Bett, einen alten Lehnstuhl und ein Nähtischchen nah am Fenster enthielt. Die Enge dieser Kajüte machte es nötig, daß die Glastür immer offen stand, um Luft hineinzulassen. Trotz der Not, von denen die Sachen deutlich genug redeten, zeugten sie von der Bescheidenheit eines arbeitsamen Lebens. Für solche, die die Mutter und ihre beiden Kinder kannten, war es ein Bild rührender Harmonie.
    Lucien legte seine Krawatte an, als in dem kleinen Hof der Schritt Davids vernehmbar wurde, und schon trat auch der Buchdrucker mit dem Schritt und der Haltung eines Menschen ein, der es eilig hat.
    »Holla, David,« rief unser Ehrgeiziger, »wir siegen! Sie liebt mich! Du wirst hingehen.«
    »Nein,« sagte der Buchdrucker mit verlegenem Gesicht, »ich muß dir für diesen Freundschaftsbeweis danken, über den ich inzwischen reiflich nachgedacht habe. Mein Leben, Lucien, ist festgelegt. Ich bin David Séchard, königlicher Buchdrucker in Angoulême, dessen Name an allen Mauern unten an den Plakaten zu lesen steht. Für die Menschen dieser Kaste bin ich ein Handwerker, ein Kaufmann, wenn du willst, jedenfalls ein Gewerbetreibender, der seinen Laden in der Rue de Beaulieu, Ecke der Place du Mûrier hat. Noch besitze ich weder das Vermögen eines Keller noch die Berühmtheit eines Desplein, welche zwei Arten von Macht die Adligen zwar noch nicht gelten lassen wollen, die aber da sind, allerdings jedoch, darin stimme ich mit ihnen überein, nichts sind ohne die Lebensgewandtheit und die Manieren des Edelmanns. Womit wollte ich diese plötzliche Erhöhung rechtfertigen? Ich würde mich bei den Bürgern sowohl wie bei den Adligen zum Gespött machen. Deine Lage ist eine ganz andere. Ein Faktor ist zu nichts verpflichtet. Du arbeitest, um Kenntnisse zu erlangen, die zum Gelingen deiner Pläne unentbehrlich sind, du kannst deine gegenwärtige Beschäftigung mit deiner Zukunft erklären. Übrigens kannst du morgen etwas anderes anfangen, die Rechte oder die Diplomatie studieren, oder zur Verwaltung übergehen. Kurz, du hast keinen festen Beruf und bist noch nicht rubriziert. Genieße deine soziale Jungfräulichkeit, gehe allein deines Weges und strecke die Hand nach den Ehren aus, die dir winken! Genieße froh alle Freuden, selbst die, die die Eitelkeit verschafft. Sei glücklich, ich werde deine Erfolge mitgenießen, du wirst mein zweites Ich sein. Ja, in Gedanken werde ich dein Schicksal mitleben. Für dich die Feste, den Glanz der Welt und die rasche Schwungkraft ihrer Intrigen; für mich das ernste, arbeitsame Leben des Kaufmanns und die geduldige Beschäftigung der Wissenschaft. Du wirst unsere Aristokratie sein«, sagte er und blickte dabei Eva an. »Wenn du stürzen wirst, wird mein Arm dich halten. Wenn du einen Verrat zu beklagen hast, flüchte dich an unser Herz, da findest du unwandelbare Liebe. Wenn der Schutz, die Gunst, der gute Wille der Menschen sich auf zwei verteilen sollten, könnten sie müde werden, wir würden uns gegenseitig schaden. Geh voran, du wirst mich nachschleppen, wenn es nötig ist. Ich beneide dich nicht, im Gegenteil, ich weihe mich dir. Was du da für mich getan hast, indem du die Gefahr auf dich nahmst, deine Wohltäterin, vielleicht deine Geliebte zu verlieren, ehe du mich verließest, mich verleugnetest, diese schlichte, große Tat, Lucien, müßte mich für ewig an dich binden, wenn wir nicht schon wie zwei Brüder wären. Du brauchst keine Gewissensbisse zu haben und nicht zu besorgen, daß du das bessere Teil erwählt hättest. Diese ungleiche Teilung sagt mir zu. Und schließlich, auch wenn du mir einige Schmerzen zufügen solltest, wer weiß, ob ich nicht ewig dein Schuldner wäre.«
    Bei diesen Worten warf er einen überaus schüchternen Blick auf Eva, der die Augen voller Tränen standen, denn sie verstand alles.
    »Schließlich«, sagte er zu dem verdutzten Lucien, »bist du hübsch, hast eine schöne Gestalt, deine Kleider sitzen dir gut, du siehst in deinem blauen Rock mit den gelben Knöpfen, mit einer

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