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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Schwierigkeit der Situation gelöst; ihr Vorschlag war mehr als ein Lob, war die erste Liebesgunst.
    »Nur«, sagte sie, auf eine Bewegung, die David machte, »lassen Sie mir einige Augenblicke zum Umkleiden.«
    David, der in seinem Leben keine Melodie behalten hatte, sang, als er die Treppe hinunterging, leise vor sich hin, was dem braven Postel auffiel und ihn zu argwöhnischen Gedanken über die Beziehungen zwischen Eva und dem Buchdrucker brachte.
    Die geringsten Umstände dieses Abends übten starke Wirkung auf Lucien, dessen Eigenheit es war, die kleinsten Eindrücke zu empfinden. Wie alle unerfahrenen Liebhaber, kam er so früh hin, daß Louise noch nicht im Salon war. Nur Herr von Bargeton war da. Lucien hatte schon ein paar von den kleinen Erbärmlichkeiten erlernt, mit denen der Liebhaber einer verheirateten Frau sein Glück erkauft und die den Frauen anzeigen, wieviel sie verlangen können; aber er war noch nie mit Herrn von Bargeton allein zusammen gewesen.
    Dieser Edelmann war einer der kleinen Geister, die sich behutsam zwischen der harmlosen Nichtigkeit, die noch versteht, und der hochmütigen Dummheit, die nichts annehmen und nichts von sich geben will, bewegen. Er war von seinen Pflichten gegen die Welt durchdrungen und bemühte sich, ihr angenehm zu sein, und so bildete nun das Lächeln eines Tänzers seine einzige Sprache. Ob er zufrieden oder unzufrieden war, er lächelte. Er lächelte bei einer Unglücksbotschaft ebensowohl wie bei der Nachricht von einem glücklichen Ereignis. Dieses Lächeln war durch den Ausdruck, den ihm Herr von Bargeton gab, gut für alles. Wenn eine direkte Zustimmung unumgänglich notwendig war, verstärkte er sein Lächeln durch ein freundliches Lachen, und nur im äußersten Notfall gab er ein Wort von sich. Ein Zusammensein unter vier Augen war die einzige Verlegenheit, die sein vegetatives Leben störte; er war dann gezwungen, in der Unendlichkeit seiner inneren Leere nach etwas zu suchen. Meistens zog er sich dadurch aus der Verlegenheit, daß er die naiven Gewohnheiten seiner Kindheit wieder aufnahm: er dachte laut, weihte seinen Partner in die geringsten Kleinigkeiten seines Lebens ein, drückte ihm seine Bedürfnisse, seine kleinen Stimmungen aus, die er schon für Ideen hielt. Er sprach weder vom Regen noch vom schönen Wetter; er machte keinen Gebrauch von den Gemeinplätzen der Unterhaltung, die die Zuflucht der Schwachköpfe sind, er sprach dann vielmehr von intimeren Angelegenheiten des Lebens.
    »Aus Gefälligkeit gegen Frau von Bargeton habe ich diesen Vormittag Kalbfleisch gegessen, das sie gern hat, und habe Magenschmerzen«, sagte er wohl. »Ich weiß das, ich bekomme sie immer davon; woher kommt das?« Oder auch: »Ich werde klingeln und mir ein Glas Zuckerwasser kommen lassen; wollen Sie auch gleich eins?« Oder auch: »Ich werde morgen ausreiten und meinen Schwiegervater besuchen.«
    Diese kleinen Sätze, die keine Diskussion erlaubten, brachten aus dem Partner ein Nein oder ein Ja heraus, und die Unterhaltung lag wieder am Boden. Herr von Bargeton flehte alsdann seinen Besucher um Hilfe an, indem er seine Stumpfnase zur Seite drehte und ihn mit seinen großen glasigen Augen in einer Weise ansah, die bedeuten sollte: »Sie sagten?« Die langweiligen Menschen, die von nichts anderem reden können als von sich selbst, behandelte er sehr zärtlich, er hörte ihnen mit biederer und zarter Aufmerksamkeit zu, und das machte ihn ihnen so wertvoll, daß die Schwätzer von Angoulême ihm heimlichen Verstand zuschrieben und behaupteten, er werde falsch beurteilt. Daher kamen diese Leute auch, wenn ihnen niemand mehr zuhören wollte, zu Herrn von Bargeton, um bei ihm ihre Geschichten oder ihre Betrachtungen zu vollenden, und waren sicher, sein zustimmendes Lächeln zu finden. Da der Salon seiner Frau immer sehr besucht war, fühlte er sich im allgemeinen wohl darin. Er beschäftigte sich mit den kleinsten Einzelheiten: er achtete darauf, wer eintrat, grüßte den Ankömmling lächelnd und führte ihn seiner Frau zu, er lauerte auf die, die fortgingen, gab ihnen das Geleite und empfing ihre Abschiedsworte mit seinem ewigen Lächeln. Wenn die Unterhaltung belebt war und er jeden beschäftigt sah, blieb der glückliche Stumme, wie ein Storch auf seinen Stelzen, auf seinen hohen Beinen aufgepflanzt und gab sich die Miene, als höre er einem politischen Gespräch zu, oder er sah einem Spieler in die Karten, ohne etwas davon zu verstehen, denn er kannte kein Spiel;

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