Verlorene Liebe
er ihre Hand auf seiner Schulter spürte. Er wußte genau, wer da hinter ihm aufgetaucht war. Ihr Duft und ihre Berührung verrieten sie. Etliche Kollegen grinsten, als Grace sich zu ihm hinabbeugte und ihn küßte. Wenn er die Reaktion der anderen bemerkt hätte, wäre er sicher errötet. Doch in diesem Moment existierte nur sie.
»Hi.« Er hielt ihre Hand fest und zog sie zu sich heran. »Dich habe ich hier wirklich nicht erwartet.«
»Und ich störe dich bei der Arbeit. Ich persönlich werde fuchsteufelswild, wenn jemand mich bei etwas Wichtigem unterbricht.«
»Ich bin so gut wie fertig.«
»Ed, ich muß deinen Captain sprechen.«
Ihm fiel sofort die Zurückhaltung in ihrer Stimme auf. »Warum?«
»Das möchte ich lieber nur einmal erklären müssen. Ist er in seinem Büro?«
Ed studierte sie. Er kannte sie schon gut genug, um zu wissen, daß sie erst dann anfangen würde zu reden, wenn sie bereit dazu war. »Weiß ich nicht. Setz dich doch, während ich nachsehen gehe.«
»Danke.« Sie hielt seine Hand noch einen Moment länger. Rings um sie herum klingelten Telefone und ratterten Schreibmaschinen. »Ed, wenn ich gleich anfange, das zu erklären, was ich euch sagen muß – versuch bitte, ganz Polizist zu sein. Bitte …«
Ihm gefiel ganz und gar nicht, wie sie ihn jetzt ansah.
Sein Magen verknotete sich, aber er überwand sich und nickte. »Dann mache ich mich mal auf die Suche nach Harris.«
Grace nahm auf seinem Sitz Platz. In der Schreibmaschine steckte sein Bericht über Mary Beth Morrison. Sie bemühte sich, ihn genauso kühl und sachlich zu lesen, wie er ihn verfaßt hatte.
»Ach, komm schon, Lowenstein, nur einmal einen Blick drauf werfen.«
Als sie Bens Stimme hörte, drehte sie sich um und sah, wie er mit einer schlanken brünetten Frau hereinmarschierte.
»Haben Sie nichts zu arbeiten, Ben«, entgegnete Lowenstein. Sie trug ein Paket in Händen, das mit einer Schleife zusammengebunden war. »Mir bleiben nur noch fünfzehn Minuten, bis ich zu dem Mutter-Tochter-Mittagessen aufbrechen muß.«
»Lowenstein, haben Sie ein Herz. Wissen Sie, wie lange es her ist, seit ich zum letztenmal einen selbstgebackenen Kuchen kosten durfte?« Er beugte sich über das Paket, bis sie ihm einen Zeigefinger in den Bauch stieß. »Hm, Kirsche, nicht wahr? Lassen Sie mich doch wenigstens einen Blick darauf werfen!«
»Das vergrößert Ihr Leiden nur noch.« Sie stellte das Paket auf ihren Schreibtisch und schützte es mit ihrem Körper. »Es ist ein wunderbarer Kuchen, eine Kirschpastete. Ein richtiges Kunstwerk.«
»Etwa mit einer knusprigen Kruste?« Als sie nur lächelte, versuchte er, einen Blick über ihre Schulter zu werfen. Wahrscheinlich litt er an Schwangerschaftssymptomen, wie sie häufiger werdende Väter befielen, sagte er sich. Heute morgen noch war ihm beim Aufwachen richtig schlecht gewesen. Wenn er schon Tess’ Morgenübelkeit bekam, warum dann nicht auch ihren Heißhunger. »Stellen Sie sich doch nicht so an. Einmal hinschauen ist doch wohl erlaubt.«
»Ich kann Ihnen ja ein Foto davon zuschicken«. Sie wehrte ihn ab, indem sie ihm eine Hand auf die Brust legte, und entdeckte dabei Grace. »Wer sitzt denn da auf Eds Platz. Die sieht ja aus wie ein Filmstar. Mann, für eine solche Jacke könnte ich zur Mörderin werden.«
Ben folgte ihrem Blick und entdeckte Grace. Er grinste ihr zu. »Wenn Sie mir den Kuchen geben, kann ich Ihnen vielleicht etwas über sie erzählen. Abgemacht?«
Vergessen Sie’s, Paris. Ist das etwa Jacksons neue Flamme?«
»Wenn Sie allerlei Gerüchte hören wollen, müssen Sie dafür auch etwas geben.« Aber Lowenstein sah ihn so streng an, daß er schließlich nachgab. »Ja, das ist sie, Grace McCabe. Sie schreibt erstklassige Kriminalromane.«
»Ehrlich?« Sie schob die Unterlippe vor und dachte nach. »Für mich sieht sie trotzdem aus wie ein Filmstar. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal die Zeit für ein Buch gefunden habe. Ich komme ja nicht einmal dazu, die Rückseite der Cornflakes-Packung zu lesen.« Ihre Augen wurden schmal, als sie die sehr modischen und sehr teuren Schuhe bemerkte. Diese beiden Adjektive beschrieben überhaupt die ganze Erscheinung dieser Frau. Lowenstein fragte sich, wie Ed an sie gekommen war. »Sie wird ihm doch nicht das Herz brechen, oder?«
»Woher soll ich das wissen? Er ist ganz verrückt nach ihr.«
»Bis über beide Ohren verliebt?«
»Das ist noch milde ausgedrückt.«
Sie kannte Ben gut genug, um sicherheitshalber
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