Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Erregungsleitungssystem werden dadurch angezeigt. Ebenso zeigen sich Störungen in der Arbeit der Herzmuskulatur.“
Er sprach, als würde er mit einem Kardiologen sprechen. Dr. Pütz nickte. Mehr nicht. Dr. Frerichs fühlte sich verstanden und dadurch angestachelt.
„Durch Kurvenveränderungen im Elektro-Kardiogramm lassen sich Erkrankungen, wie ein Herzinfarkt erkennen. Dabei werden Herzmuskelzellen zerstört. In diesem Bereich findet keine Erregung mehr statt, was zu typischen Signalen im EKG führt. Da müssen wir bei Ihnen das Augenmerk drauflegen.“
Carola Pütz nickte erneut. Sie hätte jetzt ausholen können und ihm einen Vortrag über Forensik halten. Aber er machte ja nur seinen Job.
„Ja“, sagte sie nur.
„Bei Ihnen ist eine leichte Verzögerung in der Vorhoferregung zu verzeichnen. Daran erkennt man, dass sie einen Infarkt hatten.“
„Aha, das kann man jetzt noch erkennen?“, fragte sie.
„Ja, ich kann Ihnen das auch anhand der Ausschläge des EKG demonstrieren“, sagte er, und wollte schon ansetzen, ihr die mangelnde Vorhoferregung zu belegen.
„Nein, Herr Doktor, nicht nötig. Ich hätte nur gerne gewusst, ob sich das irgendwann wieder ausschleicht.“
Der Assistenzarzt stutzte. An seinem Blick konnte man erkennen, dass er solche Fragen nicht gewähnt war. „Ausschleicht? Wie meinen Sie das?“ Er stützte seinen rechten Arm in seiner linken Hand ab und legte seinen Zeigefinger auf die Lippen.
„Tut mir leid, wenn ich mich nicht verständlich ausdrücken kann. Was ich meine, ist, wird meine Vorhoferregung irgendwann wieder normal sein, und ich wieder gesund?“
Dr. Frerichs traute seinen Ohren nicht. „Sie sind hier, weil sie einen Herzinfarkt erlitten haben. Danach ist nichts mehr so wie früher. Ob Sie wieder gesund werden? Das kann kein Arzt Ihnen bestätigen, Frau Doktor. Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, es hängt auch von Ihrer Mitarbeit ab.“
Das hatte Dr. Pütz ein paar Stunden vorher schon einmal gehört. Sie erkannte, dass sie hier und heute nicht weiterkommen würde. Nachdem sie das Sprechzimmer verlassen hatte, verdonnerte sie die Frau an der Anmeldung noch zur Blutuntersuchung.
„Das ist dann aber für heute Morgen die letzte Quälerei, Frau Doktor“, sagte sie. Carola Pütz ließ sich bereitwillig fünf Kanülen Blut aus dem Arm ziehen.
Für den Nachmittag sei sie für den Sport angemeldet, wurde ihr noch mit auf den Weg gegeben. Um zwei Uhr würde man beginnen. Sie solle pünktlich sein und ein Handtuch mitbringen.
So etwas nennt man Kur?
Was machen die denn noch alles mit mir, fragte sie sich, als sie in ihrem Zimmer auf dem Bett lag.
Daheim habe ich in der Forensik weniger Stress.
*
Auf ihrem Weg zum Sport begegnete ihr Frau Schmitt-Wienand. Beide waren in Eile, und man verabredete sich für den Abend um achtzehn Uhr zum Abendessen.
Carola Pütz folgte den Schildern, die an den Wänden angebracht waren. Sie wiesen ihr den Weg zu den Sporthallen. Es gab dort mehrere Sporthallen. Einige für kleine Gruppen, eine große Halle für große Veranstaltungen. Man hatte ihr gesagt, in Halle zwei zu kommen. Als sie dort eintraf, warteten schon mehrere Teilnehmer auf den Kursleiter. Wie auch der Raum, wo die Laufbänder und Ergometer standen, so war auch hier der Boden mit Parkett ausgelegt. Der Raum war quadratisch, eine Wand war vom Boden bis zur Decke verspiegelt. An der Wand gegenüber waren die gleichen Fenster eingebaut wie in dem Sportraum, den sie bereits kannte. In einer Ecke lagen sechs große, gelbe Gymnastikbälle. Sie spiegelten sich, so waren es zwölf. Mit relativer Ruhe nahm sie das zur Kenntnis. Dr. Pütz machte sich mit den Anwesenden bekannt. Die nächste halbe Stunde verbrachte sie damit, auf einem der gelben Bälle Übungen zu fabrizieren, die man sich für einen Herzkranken wie sie ausgedacht hatte. Unter der strengen Aufsicht eines Übungsleiters saß sie auf dem Plastikding und hob und senkte im Rhythmus, den der Übungsleiter vorgab, ihre Gliedmaßen. Dabei hatte sie keineswegs Angst um ihre eigene Verfassung, sondern mehr um die Bälle, auf denen zwei der fettleibigen Mitstreiter ihre taumelnden Übungen vollführten.
Ohne auch nur einen Tropfen Schweiß vergossen zu haben, beendete sie die halbe Stunde in dem Bewusstsein, dass es einigen Menschen viel schlechter ging als ihr.
Der Übungsleiter hatte noch einen Ausdruck für sie. Darauf waren die medizinischen Anwendungen für die nächsten drei Tage vermerkt. Sie bedankte
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