Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
der Lebensführung vermeiden will, muss diese erst erkennen. Partnerschaftliche Therapie und Hilfen auf dem Weg zur Eigenverantwortung sind deshalb Leitgedanken einer Rehabilitationsmaßnahme. Nicht anordnen, überzeugen ist angesagt im Rahmen einer Kur. Diäten verlieren dann auch schnell ihren Schrecken“, sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Lara Kaiser hatte gepetzt. Das erkannte Dr. Pütz an diesem Lächeln. Doch schien ihn das nicht wirklich zu stören.
Dr. Pütz antwortete mit einem vielsagenden Schmunzeln.
„Frau Doktor, ich brauche bei Ihnen sicher nicht bei A anfangen. Sie sind Medizinerin, selbst, wenn ihre Tätigkeit ganz woanders ansetzt. Wir arbeiten nach einem Vierpunkte-Plan. Lassen Sie mich Ihnen erläutern, was wir in den nächsten Wochen mit Ihnen vorhaben. Ich zähle dabei auf ihre vollständige Kooperation.“
In den nächsten Minuten erläuterte ihr Professor Wielpütz die Inhalte des Vierpunkte-Planes.
„Es gibt 4 grundlegende Elemente der kardiologischen Rehabilitation“, fing Wielpütz seinen Vortrag an. Er fuhr fort.
„Der somatische Bereich umfasst das körperliche Training, die medikamentöse Therapie und die medizinische Überwachung der Patienten.“ Er machte eine kurze Pause und erwartete eine Frage von Dr. Pütz.
„Der edukative Bereich beinhaltet eine nachhaltige Lebensstiländerung durch Gruppenvorträge, krankheitsspezifische Schulungen und Einzelgespräche. Bei Ernährungsschulungen ist es sinnvoll, nahe Angehörige zu integrieren“, sagte er, „Hier haben Sie aber jetzt sicher eine Frage, Frau Doktor, oder?“
Sie nickte. „Sie spielen auf die Lebensstiländerung an, wenn ich das richtig vermute? Sie wissen, dass man mir nahe legt, meinen Beruf ruhen zulassen?“
„Ja, das geht aus dem Bericht hervor“, antwortete der Professor, „Die soziale und arbeitsmedizinische Beratung, die wir anbieten, betrifft die berufliche und soziale Wiedereingliederung des Patienten. Frau Kollegin, warten wir doch bitte erst einmal die Kur ab. Dann schauen wir weiter.“
„Herr Professor, man hat mir in Bonn von ärztlicher Seite ziemlich eindeutig erklärt, dass ich nicht wieder in meinem Beruf arbeiten werde. Sollte sich das denn ändern können?“, fragte sie.
„Ich kann keine Aussagen machen, solange ich noch keine Untersuchungen geführt habe. Wenn ich es richtig sehe, dann hat man ihnen keinen Stent gesetzt. Das ist doch so, oder?“, fragte er und griff nach der Akte.
„Nein, es ist kein Stent gesetzt worden. Man fand meine Venen für flexibel genug. Das ist doch sicher ein gutes Zeichen?“
Er legte die Akte wieder weg.
„Sehen Sie, das ist doch schon einmal eine gute Basis. Lassen Sie mich meine Ausführungen noch eben beenden. Dann können wir dazu übergehen, mit Ihnen den medizinischen Check anzufangen. Also, wir haben noch den psychologischen Bereich. Der psychologische Bereich ist gerade bei Postinfarktpatienten besonders wichtig, da depressive Verstimmungen und Störungen der Krankheitsbewältigung häufig auftreten. Psychologen unterstützen Schulungsprogramme, führen Einzelgespräche und leiten Entspannungs und Stressbewältigungsgruppen“, sagte der Professor.
„Würde für mich auch eine Einzeltherapie in Frage kommen? Ich meine, ich könnte eine zweite Meinung einholen, bezüglich der Arithmomanie.“
Er überlegte eine Weile. „Ja, sicher. Warum nicht. Sprechen Sie den Kollegen einfach darauf an. Das spielt ja immens in die Therapie mit hinein. Haben Sie denn im Moment Probleme?“
Pütz überlegte, ob sie etwas sagen sollte. „Die letzten Tage nicht, aktuell heute Morgen schon. Nachdem mich die Diätassistentin so beharkt hat mit ihrem Diätplan. Ich würde Sie bitten, ihr da einen Riegel vorzuschieben.“
Der Professor lächelte nur. „Sie ist eine engagierte, junge Frau. Sehen Sie es ihr nach.“ In seinen Augen war wieder dieser gütige Blick. Dagegen konnte Carola Pütz nichts mehr sagen.
„Frau Doktor, liebe Frau Kollegin“, sagte er abschließend, „Ich darf Sie bitten, dass sie sich bei der Anmeldung einfinden. Dort wird man Ihnen sagen, was heute noch für Untersuchungen für Sie geplant sind. Ich hoffe, es wird für sie alles positiv ausgehen. Das hoffe ich wirklich.“ Sein Händedruck war sehr fest.
An der Anmeldung hatte sie keinen langen Aufenthalt. Man schickte sie direkt zur Messung der Herz-Kreislauf-Werte. Es ging ihr besser, sie spürte keinen Zwang mehr. Das Gespräch mit Professor Wielpütz hatte sie
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