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Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)

Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)

Titel: Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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Völlig ohne Teller stand er da.
    „N’Abend, die Damen. Wie geht es Ihnen?“
    Eine nur gemurmelte Antwort von Frau Schmitt-Wienand. Carola Pütz antwortete artig, dass es ihr gut gehe. Von der Bühne drang plötzlich Musik herüber. Instrumente wurden gestimmt. Schlagartig wurde das Stimmengewirr im Saal leiser.
    „Oh, wie schön“, frohlockte  Carola Pütz, „Wir bekommen Tischmusik geboten.“
    „Hoffentlich ist es nicht wieder Schubert, sie spielen hier immer nur Schubert. Auf die Dauer ist das langweilig.“
    Auf der Bühne hatte sich ein Quartett soweit sortiert. Schwarz gekleidet, mit Fliege und weißen Hemden, saßen die vier auf ihren Stühlen. Die Musiker hatten noch kurz Augenkontakt und begannen zu spielen. Sie überhörte den Kommentar von Frau Schmidt-Wienand. Schubert war immerhin viel besser als Wagner. Flöte, Gitarre, Bratsche und Violoncello.
    Es war Schubert.
    Ihre Tischgenossin rollte mit den Augen.
    „Wie haben Sie denn geschlafen?“, fragte Krawuttke, der sich mit einem bescheiden gefüllten Teller neben sie an den Tisch setzte.
    „Oh, danke der Nachfrage, sehr gut. Das Bett ist vorzüglich“, antwortete Pütz.
    „Es sind andere Musiker als sonst“, sagte Krawuttke mit einem Blick auf die Bühne.
    „Aber schon wieder Schubert!“
    „Sie sind auch mit Nichts zufrieden, meine Liebe. Solange Se nich‘ singen, sondern nur Kammermusik spielen, ist dat doch völlig in Ordnung“, sagte er mit einem verschmitzten Lächeln.
    Carola Pütz war schuld daran, dass der Abend trotzdem noch in eine positive Richtung driftete. Sie hatte es geschafft, die Tischgenossen in ein Gespräch abseits der Musik zu ziehen. Nun wusste sie, dass Frau Schmitt-Wienand Witwe war. Der Verursacher des Doppelnamens, Herr Wienand hatte schon das Zeitliche gesegnet. Sie war von Beruf Lehrerin, speziell gesagt, Musiklehrerin auf einem Gymnasium; und stolz darauf, dass sie die letzte Musiklehrerin an ihrer Schule war, die eine Klasse durch die Oberstufe geführt hatte. Die Tatsache, dass sie Musiklehrerin gewesen war, rang Pütz ein kleines Schmunzeln ab. Daher kam also ihre Vorliebe für Wagner. Seit dem Sommer war sie nun in Pension. Sie war hier in der Klinik, um ihren dadurch aus den Fugen geratenen Stoffwechsel, wieder einzunorden.
    Herr Krawuttke wiederum war ein noch nicht pensionierter Klempnermeister aus dem Ruhrpott. Genau wie Pütz, hatte er einen Herzinfarkt erlitten, den er zu einhundert Prozent seinem Chef zuschrieb, der ihn von einer Baustelle zur nächsten gehetzt hatte. Solange, bis sein Herz einfach in den Streik getreten war. Er war froh darüber, dass er jetzt hier erst einmal kräftig ausspannen könne, so wie er sich ausdrückte. Danach würde er entscheiden, ob er wieder arbeiten gehen würde. Was ihm gefühlt die Oberhand über seinen ungeliebten Chef gab.
    Der Abend flog dahin. Sie bekamen noch nicht einmal mit, als die Musiker das Spielen einstellten. Erst als die Reinigungskräfte begannen, die Tische zu säubern, hatten sie das erstaunt festgestellt und sich verabschiedet.
    Carola Pütz war überrascht darüber, denn sie war sonst die personifizierte Aufmerksamkeit. Schon alleine wegen ihrer Zählmacke. Nach einer ausgiebigen Dusche versank sie schlaftrunken in ihren Kissen und wurde erst wieder unsanft durch das Klingeln des Weckers geweckt.
    Auf dem Programm stand Morgenschwimmen.
    *
    Es war der erste Dezember. Außer dem morgendlichen Schwimmen würde am heutigen Tag nicht viel passieren. Es war Samstag und ihr zweiter Tag in der Klinik ‚Sachsenglück‘. Die Vorfreude auf das Konzert am Sonntagabend ließ sie die Zeit vergessen, die sie bis dahin nahezu untätig hinter sich bringen musste.
    Sie suchte sich ihren züchtigen Badeanzug aus. Beinahe hätte sie den mit dem tieferen Ausschnitt gewählt, den Gedanken dann aber doch wieder verworfen, weil sie nicht in den Ruf kommen wollte, den Bademeister schon am ersten Tag , zu bezirzen. Über den unifarbenen Badeanzug, der so gut zu ihrer Augenfarbe passte – sie musste zugeben, dass das mit ein Grund für den Kauf war – zog sie sich den Bademantel, den sie in ihrem Badezimmer vorgefunden hatte. Auf der linken Seite prangte das Logo der Klinik. Mit einem großen Badehandtuch über der Schulter machte sie sich auf den Weg zum Hallenbad.
    Es gab achtzehn Frauen und drei Männer, die an diesem Morgen im Wasser des Hallenbades strampelten. Der Bademeister mit den Preisboxermuskeln stand am Beckenrand und kommandierte die Badenden. Sein

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