Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Name war Konstantin Ferner. Das Becken war in Aufruhr, als würde ein Schwarm Piranhas ein Opfer fressen.
Jeder hatte eine flexible Styroporstange vor sich und strampelte mit den Beinen. Die von Dr. Pütz war orange. Sie hing darin, wie auf einer Kleiderstange. Konstantin Ferner hatte die einundzwanzig Gesichter vor sich.
Aufmerksam.
Die Frauen versuchten, sogar noch im Wasser , mit ihm zu flirten. Die Männer machten da nicht mit. Sie absolvierten ihre Übungen ohne Spaß, ebenso ohne Hintergedanken. Auch Carola Pütz hatte keine. Sie trieb jetzt auf dem Rücken. Ohne solch ein verklärtes Grinsen, wie ihre beiden Nachbarinnen. Ihnen war anzusehen, wonach sie sich sehnten. Sie schienen vor lauter Verlangen zu platzen. Das war es, worum es bei einer Kur auch ging. Sex. Viele kamen hierher, um sich einen Kurschatten zu angeln. Carola Pütz hatte schon davon gehört, aber wie es in natura aussah, das bekam sie gerade live präsentiert. Sie öffneten jetzt ihre Schenkel.
Öffnen, schließen, öffnen, schließen.
Unter Wasser. Was sich ihre beiden Beckennachbarinnen erträumten, konnte jeder ihren Gesichtern ablesen. Beim anschließenden Fahrradfahren unter Wasser kamen die beiden wieder auf andere Gedanken.
Nach einer halben Stunde war die hormonunterstützte Planscherei beendet. Sehr zur Freude von Pütz durften alle wieder aus dem Wasser krabbeln.
Zu Konstantin Ferner gesellten sich eben genau diese beiden Frauen in vorderster Linie. Zur Verwunderung von Pütz kümmerte sich der Mann mehr um eine andere Frau.
Um sie.
„Sie müssen die Doktorin sein, von der mir schon so viel berichtet wurde. Es freut mich, Sie auch hier begrüßen zu dürfen“, sagte er mit einer sehr tiefen Stimme und hielt ihr seine rechte Pranke hin.
„Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite“, hörte Carola Pütz sich sagen, fragte sich aber gleichzeitig, was für ein Teufel sie gerade ritt.
So einen säuselnden Ton kannte sie von sich nicht.
Halt, den Ton kannte sie nur an sich, wenn sie etwas erreichen wollte. Doch was meinte ihr Verstand hier erreichen zu wollen?
Ferner entließ ihre Hand aus seiner Pranke. „Sehen Sie Frau Doktor, ein paar Tage hier im ‚Sachsenglück‘ und auch Sie, werden sich wie neu geboren fühlen.“
Carola Pütz fühlte die Blicke der beiden Schwimmerinnen sich wie Messer in ihren Rücken bohren.
„Ich habe in der Tat sehr gut geschlafen“, säuselte sie. Doch innerlich dachte sie: Carola, zügele dich!
Die beiden verschmähten Schwimmerinnen rauschten gerade an ihnen vorbei. Mit arrogantem Blick, die Köpfchen in den Nacken geworfen, straften sie Ferner mit Nichtbeachtung. Er wiederum bekam das gar nicht mit.
Sie gingen ebenfalls los. „Ich mache Ihnen heute ein Versprechen, Frau Doktor. Binnen einer Woche fühlen Sie sich, als könnten sie wieder Bäume ausreißen. Haben sie schon unsere Quellen genossen? Wenn nicht, dann kann ich Ihnen nur dazu raten. Unser Kurort gründet seine Geschichte auf seinen Quellen, wussten Sie das nicht?“, fragte er.
Dr. Pütz musste zugeben, dass sie auf der Internetseite der Klinik Sachsenglück von solchen Quellen gelesen hatte, doch ebenso hatte sie es schnell wieder vergessen.
„Doch, doch“, log sie, „Aber natürlich habe ich davon gehört. Aber ist das denn für Herzpatienten auch angesagt?“
Sie bogen gerade in den erleuchteten Korridor ab, in dem Ferner sein Büro hatte. Er grüßte im Vorbeigehen einen Kollegen, der im Begriff war sein Büro zu verlassen.
Er schaute auf seine Uhr. „Ich bin untröstlich, Frau Doktor“, sagte er, „Leider habe ich einen Termin, aber ich kann Ihnen am Montag gerne mehr darüber erzählen, wenn wir uns wieder beim Schwimmen sehen. Sie geben mir doch wieder die Ehre? “
In den letzten Worten hörte man ein ganz klein wenig den Dialekt des Wieners durchkommen. Man konnte über diesen Bademeister mit den Armen eines Preisboxers sagen, was man wollte, einen gewissen Charme hatte er. Und Manieren auch.
„Sicher, das werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Bis Montag. Ich freue mich.“
Sie wollte schon gehen, doch hielt er ihr noch zum Abschied die Hand hin. Sie schlug ein.
Carola musste sich eingestehen, dass sie mit dem letzten Satz die Wahrheit gesagt hatte. Der Gedanke, wieder mit einem Mann flirten zu können, machte ihr bei genauem Hinsehen keine Angst. Eher genau das Gegenteil. Es gefiel ihr. Sie sagte sich, das hast Du jahrelang nicht gemacht. Jetzt hast
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