Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
gerne“, antwortete sie. Ihre Miene war offen.
„Wir haben die Tote im Schwimmbad identifizieren können. Es handelt sich um die sechzehnjährige Jolanka Ciczek. Sie stammt aus der Tschechischen Republik, genauer gesagt aus Cheb“, sagte Kommissar Streiter. Einen Kopf größer als sein Kollege, sah er sportlicher aus, als sein Kollege Schmidt, war es aber in Wahrheit nicht. Streiter war der Denker im Präsidium in Plauen.
„Wie schrecklich. Sechzehn!“ Von Hohenstetten hielt sich die Hand an den Mund.
Streiter zog ein Foto aus der Tasche und hielt es hoch. „Haben Sie die junge Frau schon einmal gesehen?“
Das Foto zeigte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Es war erst einen Monat alt. Aufgenommen in der Küche der Mutter. Die tschechischen Kollegen hatten es in der Wohnung der entsetzten Mutter gefunden, die nach der Nachricht vom Tode ihrer Tochter zusammengebrochen war.
Blond, blaue Augen, schmales Gesicht. Von Hohenstetten schaute sich das Bild genau an.
Sie kannte das Gesicht nicht. „Es tut mir leid, ich habe das Mädchen noch nie gesehen.“
„Wir können Ihnen leider ein Detail nicht verschweigen. Das Mädchen wurde vor ihrem Tod vergewaltigt. Sogar mehrfach und sehr brutal. Dann wurde sie erwürgt und in den Pool verbracht. So wie es aussieht, ist sie auch hier in der Klinik gestorben.“ Streiters Gesichtsausdruck verriet Clara von Hohenstetten, dass er eine Antwort erwartete, die ihm eine Möglichkeit für die Ermittlung eröffnete.
„Bei uns in der Klinik“, sagte sie. Unmöglich dachte sie. Aber wie sollte es anders geschehen sein?
„Ja, davon gehen wir aus“, antwortete Streiter, der ihre Worte für eine Frage gehalten hatte.
„Wir müssen ihre Mülleimer kontrollieren. Außerdem müssen wir mit ihren Reinigungskräften sprechen, ob dort irgendwelche fremde Kleidung aufgefunden wurde. Die Kleidung des Mädchens ist verschwunden. Ebenso ihre persönlichen Dinge.“
Von Hohenstetten nickte wortlos.
„Und damit sie nicht denken, wir arbeiten hier gegen das Gesetz, wir haben einen Durchsuchungsbefehl“, sagte Schmidt und zog einen Brief aus der Innentasche seines Jacketts.
„Sie erhalten von uns jegliche Unterstützung“, presste sie heraus. Den Durchsuchungsbefehl nahm sie zur Kenntnis, ohne ihm wirklich Beachtung zu schenken. Solange die Polizei nicht die Klinikinsassen behelligte, sollte sie alles durchsuchen, was nötig war.
„Wir haben noch ein e Bitte“, sagte Schmidt.
„Ja“, sagte sie.
„Von der Schwimmhalle führten letzte Nacht Spuren in einen Teil der Klinik. Wir müssen mit den Gästen sprechen, die dort ihre Zimmer haben. Es kann sein, dass jemand etwas bemerkt hat.“ Wieder die Falten auf der Stirn von Kommissar Schmidt.
Auch auf der Stirn von Clara von Hohenstetten zeigte sich eine mächtige Falte. Hatte sie nicht eben noch gehofft, dass genau dies nicht passierte?
Sie zögerte lange mit der Antwort. Auf ihrem Schreibtisch stand ein Foto in einem Rahmen. Es zeigte ihre beiden Enkelkinder und ihre Schwiegertochter. Kurz stellte sie sich vor, eines ihrer beiden Mädchen hätte tot im Pool gelegen. Sie wischte den Gedanken beiseite und atmete tief ein.
„Meine Herren, das kann ich aber nur mit Protest und der Bitte um ihre Diskretion erlauben. Keiner der anderen Gäste kann wissen, welchem Zweck diese Befragungen dienen. Keiner darf sich belästigt fühlen!“
„Was schlagen sie vor? Wie sollen wir das stemmen?“
„Ohne Aufsehen“, sagte von Hohenstetten, die wieder an Selbstsicherheit gewann, „Ich stelle Ihnen gerne mein Büro zur Verfügung. Die Gäste, die sie befragen wollen, bekommen einen diskreten Hinweis.“
Die beiden Kriminalbeamten schauten sich an. So in etwa hatten sie sich das vorgestellt. Schmidt zog sein Telefon aus der Tasche und gab den Zivilbeamten grünes Licht für die Durchsuchung der Mülleimer und zur Befragung der Reinigungskräfte. Es wurde aus Rücksicht auf den Einsatz Uniformierter verzichtet. Sofort starteten die mit der Arbeit.
Eine halbe Stunde später saß der erste leicht verwirrte Gast vor den beiden Beamten. Es war Theo Bartolomay.
*
Als Carola Pütz die Türe zum Büro von Professor Wielpütz öffnete, fand sie dort auch noch Dr. Frerichs vor. Sie hatte den Eindruck, dass die beiden Männer einen Disput austrugen. Frerichs verstummte, als er sie bemerkte. Mit einem kurzen Gruß in ihre Richtung verabschiedete er sich schnell durch den Nebeneingang. Professor Wielpütz schien noch mit etwas
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