Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Kaffee? Ober besser gesagt, jetzt einen Kaffee?“
Pütz schaute auf ihre Armbanduhr. Es war halb sechs. In einer halben Stunde gab es Abendbrot in der Klinik.
„Ein anderes Mal gerne. Es ist schon spät.“
„Wie sie wollen. Ich wollte nur noch gerne etwas Zeit mit Ihnen verbringen“, sagte er unverhohlen.
Pütz erschrak ein wenig über seine Offenheit. Doch warum eigentlich? Sie genoss ebenfalls seine Gegenwart. Nur war er so offen, es auch zuzugeben. Sie drückte sich ein klein wenig enger an seinen Arm, in der Hoffnung, er würde die kleine Geste richtig deuten.
„Ja, das möchte ich auch. Wir sehen uns dann morgen?“, fragte sie.
„Gerne.“
Als sie den Saab erreichten, trat er mit dem Schirm bis an die Beifahrerseite und öffnete ihr die Türe.
Er ist schon ein echter Gentleman.
*
Zur gleichen Zeit fuhr ein LKW auf der gleichen Straße von Asch kommend in den Ort Bad Elster hinein. Er fuhr viel zu schnell und kam auf Höhe des Paul-Schindel-Parks nach rechts von der Straße ab. Der Mercedes Sprinter prallte gegen ein Wartehäuschen einer Bushaltestelle. Binnen Bruchteilen einer Sekunde öffneten sich die Airbags. Der Kopf des Fahrers schlug weich auf und federte nach hinten gegen die Kopfstütze. Die Windschutzscheibe war eingedrückt und bestand auf der Beifahrerseite nur noch aus einem riesigen Mosaik. Der Fahrer drückte den Airbag beiseite und wuchtete die Türe auf.
Ein nachfolgender PKW hielt an. Der Fahrer öffnete schnell die Türe und stieg aus.
„Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“, sprach er den Fahrer des Mercedes Sprinter an. Der taumelte auf ihn zu. Er hatte eine Platzwunde an der Stirn. Doch bevor er den Mann erreichte, überlegte er es sich anders und flüchtete über die Straße und verschwand im Paul-Schindel-Park.
„Hey, hallo. Bleiben Sie hier!“, rief der Autofahrer dem Mann hinterher. Schon war er in der Dunkelheit verschwunden. Er zückte sein Handy und wählte den Notruf.
Neugierig geworden öffnete er die Türe des Sprinters. Zu seiner völli gen Überraschung stand ein gutes Dutzend Hunde vor ihm. Die ersten nutzten die Gelegenheit und sprangen in die Freiheit. Einer der Hunde blieb an der Türe stehen und knurrte. Ein gedrungener, bulliger Hund mit einem breiten Kopf. Ein Kampfhund, schoss es dem Mann durch den Kopf.
Voller Angst wich der Mann ein paar Schritte zurück. Die Türe blieb offen, da er es verpasst hatte, sie in seiner Panik zu schließen. Ein Hund nach dem anderen sprang heraus. Erst blieben sie in der Nähe der Autos stehen, doch dann rannte der Erste los. Wie synchron setzten sich auch die anderen in Bewegung. Der Mann erkannte auch ein paar Welpen darunter, die freudig mit wedelnden Schwänzen den anderen hinterhertapsten.
Als Winterhalter und Pütz ein paar Minuten später an der Stelle ankamen, hatte die Polizei die Unfallstelle bereits weiträumig abgesperrt. Es gab eine Straßensperre. Sie mussten vor dem Paul-Schindel-Park links abbiegen und von dort aus den Weg in die Stadt finden. Ein Uniformierter stand neben dem Mann, der angehalten hatte und nahm dessen Aussage zu Protokoll. Durch den Park zuckten die Lichtkegel von Taschenlampen. Weitere Beamte suchten dort nach den Hunden und dem flüchtigen Fahrer. Doch die Hunde hielten sich versteckt.
Ein Abschleppwagen war informiert, um den Sprinter, dessen rechtes Vorderrad in einem ungesunden, rechten Winkel abstand, abzuschleppen. Ein Beamter untersuchte den Sprinter. Das Bushäuschen hatte sich in liebevoller Anlehnung auf das Dach des Kleinlasters gelegt. Um den Laster von der Unfallstelle zu entfernen, musste sicher auch noch die Feuerwehr gerufen werden, die das Bushäuschen entweder abstützte oder abbaute. Ohne das würde es zusammenstürzen, zog man den Laster von dort weg.
Mit seiner Taschenlampe leuchtete der Beamte die Ladefläche ab. Die Hunde waren ohne Futter und ohne Wasser transportiert worden. Auch gab es nicht eine einzige Decke oder Transportbox. Das sich bei dem Aufprall keines der Tiere verletzt hatte, grenzte an ein Wunder. Sicher wieder so ein Transport von Hunden, die von einem illegalen Züchter nach Deutschland transportiert wurden, dachte er.
In letzter Zeit wurden immer wieder Transporte mit Hunden aufgefunden, die von sogenannten Hundevermehrern unter schlechten Bedingungen gezüchtet worden waren. Oft waren diese Hunde krank. Meist waren es gerade beliebte Rassen. In Deutschland konnte man damit viel Geld verdienen, da es genug Tierliebhaber und
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