Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
heranrückenden Gruppe den Hunden einen scharfen Befehl zu, worauf sich diese augenblicklich gehorsam niederlegten und das an den Nerven zerrende Gebell einstellten. Nachdem die eben noch tobenden Vierbeiner sich nun manierlich am Fuße des Baumes niedergelassen hatten, wirkten sie auf einmal wie wohlerzogene Haustiere. Das gab Barat und Rai die Gelegenheit, ihre Aufmerksamkeit den näher kommenden Personen zuzuwenden. Es handelte sich um sieben Männer, von denen fünf gleichermaßen mit einem langen Messer im Gürtel und einem Kurzbogen über der Schulter bewaffnet waren. Ihr Oberkörper war durch einen schmucklosen, geschwärzten Lederharnisch geschützt, und auch ihre Beinkleider bestanden aus dünnerem Leder. Der Feuerschein der Fackel in ihrer Hand erfüllte die wettergegerbten Gesichter mit zuckenden Grimassen und tanzte auf einem kleinen goldenen Symbol, das alle wie einen Talisman um den Hals gebunden hatten. Der Anführer des Trupps, dem anscheinend auch das Abrichten der Hunde oblag, unterschied sich von seinen Männern nur dadurch, dass ihm der rechte Arm vom Schultergelenk abwärts fehlte, weshalb er auch weder Bogen noch Fackel trug.
Die auffälligste Erscheinung in dieser grimmigen Schar bildete eine Gestalt, die vollkommen in einen schwarzen Umhang gehüllt war. Diese Bekleidung schien gänzlich ungeeignet für die Jagd zu sein, zumal der Mann auch weder sichtbare Waffen noch sonstige weidmännische Utensilien bei sich hatte. Am augenfälligsten war das prunkvolle Goldamulett, das sich leuchtend von seinem nachtschwarzen Mantel abhob und eine etwas größere Ausgabe der Medaillons seiner Begleiter darstellte. Es zeigte eine vierstrahlige Sonnenscheibe über einem geflügelten, schlangenartigen Tier. Selbst Kindern war der flammende Sonnenball als das heilige Symbol des allsehenden Gottes Cit bekannt, doch die geflügelte Echse, die sich unter den brennenden Strahlen des göttlichen Zeichens zu winden schien, war weder Barat noch Rai jemals in irgendeinem Tempel Tilets aufgefallen.
Der einarmige Anführer ging als Erstes zu den folgsam wartenden Hunden, um jedem aus einem Beutel an seinem Gürtel ein Stück rohes Fleisch hinzuwerfen, das sie gierig hinunterwürgten. Erst danach wies er zwei seiner Gefolgsleute an, mit ihren Fackeln in den großen Baum zu leuchten, den seine geifernden Lieblinge bewacht hielten.
»Da beiß mich doch die Nubenbrut!«, entfuhr es ihm, als er die beiden zerlumpten Diebe entdeckte. »Was habt ihr denn da für Jammergestalten auf den Baum gejagt, ihr blinden Wadenbeißer?« Er sprach offensichtlich zu seinen Hunden.
»Heh, ihr beiden da oben!« Erst jetzt richtete er das Wort an Barat und Rai. »Ich würde euch raten, freiwillig runterzukommen, sonst gibt’s ein paar Pfeile zwischen die Rippen!«
Konfrontiert mit solcher Gewaltbereitschaft waren die beiden Gefährten schnell davon überzeugt, dem Befehl des grobschlächtigen Hundeführers augenblicklich nachzukommen. Allerdings erwies sich die Klinge in Rais Hosenbein nun als ausgesprochen hinderlich, da er sein Knie nicht richtig abwinkeln konnte, ohne Gefahr zu laufen, seine Beinkleider aufzuschlitzen. Nach einigen ungelenken Kletterversuchen musste er auch noch das letzte bisschen seines verbliebenen Stolzes begraben, der ihm eigentlich gebot, angesichts ihrer misslichen Lage wenigstens einen würdigen Abgang zuwege zu bringen. Stattdessen rutschte er ganz und gar unwürdig den Stamm hinunter wie ein übergewichtiger Braunbär. Steifbeinig fiel er den Jägern direkt vor die Füße. Barat folgte nur um weniges erhabener.
»Ein schönes Lumpenpack treibt sich in diesen Wäldern herum«, bemerkte der Einarmige verächtlich. »Also, wie kommt ihr hierher?«
Weil Rai immer noch verbissen damit beschäftigt war, sich möglichst rasch zu erheben, ohne dass ihm dabei das verborgene Schwert aus dem Hosenbund glitt, übernahm es Barat zu antworten:
»Oh, werter Herr, ich bitte untertänigst um Vergebung, wenn zwei ahnungslose Fischer mit ihren unwerten Füßen Euren Grund und Boden beschmutzt haben sollten.« Ganz von selbst war er wieder in die Rolle des dienstbeflissenen Untergebenen geschlüpft, die er auch nach Rais Eindringen in den Palast von Tilet vor den dortigen Wachen gespielt hatte. »Bitte nehmt unsere aufrichtige Entschuldigung für diesen unverzeihlichen Frevel an, denn die launischen Naturgewalten haben uns übel mitgespielt und unser kleines Boot an den Klippen zerschmettert. Nur der unergründliche
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