Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Versammlung auf sich zog. Dies lag nicht allein an seinem gelassenen, Ehrfurcht gebietenden Auftreten, das jeden Fremden sogleich den Eindruck gewinnen ließ, einem hochgestellten Adeligen gegenüberzustehen, sondern auch an der simplen Tatsache, dass er mit seinen neunzehn Jahren das mit Abstand jüngste Ratsmitglied war. Trotz seiner jungen Jahre hatte es Arton Erenor bereits zum Leiter der berühmten Kriegerschule Ecorim gebracht. Schon von Kindesbeinen an hatte Arton Erenor eine außergewöhnliche Begabung für den Schwertkampf gezeigt. Als sein Vater Maralon Erenor – dem die Kriegerschule Ecorim gehörte – bemerkte, welch großes Talent in dem erst zehnjährigen Schwertschüler schlummerte, nahm er sich seiner Ausbildung persönlich an. Fortan wurde Arton von Maralon tagtäglich in der uralten, seit Generationen überlieferten Tradition des Schwertkampfes unterwiesen. Mit nur fünfzehn Jahren schloss Arton seine Ausbildung mit dem Bestehen der schwierigen »Klingenprüfung« der Kriegerschule Ecorim ab, was ihn zum jüngsten Schwertmeister aufsteigen ließ, den es in Fendland je gegeben hatte. Nach seiner Prüfung arbeitete der junge Erenor dann als Ausbilder in der Kriegerschule, bis Maralon ihm mit achtzehn Jahren die Leitung der Schule übertrug.
In dieser Position war Arton auch für die Kampfausbildung der Gardisten Seewaiths verantwortlich, wodurch sein Einfluss in der Stadt stetig wuchs. Die Adepten wurden direkt auf ihren Lehrer vereidigt, weshalb die meisten sich auch nach dem Verlassen der Schule noch ihrem Ausbilder und der berühmten Lehrstätte weit mehr verpflichtet fühlten als der Stadt, der sie zu dienen hatten. So konnte sich Arton der Loyalität beinahe aller in seiner Schule ausgebildeter Gardisten absolut sicher sein. Von der kleinen Seewaither Miliz, bestehend aus fünfunddreißig Mann schwerer Infanterie, sechzig Speerträgern, dreiunddreißig Bogenschützen und zwanzig Mann leichter Kavallerie, waren etwa achtzig von ihm oder seinem Bruder Arden ausgebildet worden. Dies reichte zwar nicht unbedingt aus, um die Machtverhältnisse der Stadt umzustoßen, jedoch war es Arton mithilfe dieser Tatsache oftmals möglich, seinen Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen. Letztendlich hatte die große Unterstützung seiner Gardisten ihm auch dazu verholfen, die Auszeichnung für besondere Verdienste an der Stadt Seewaith zu erhalten, was eine Ernennung zum »freien Ratsmitglied« mit sich brachte.
Auch sein gepflegtes Äußeres zeugte sowohl von einem gewissen Wohlstand als auch von der Macht, die er verkörperte. Über einem feinen hellen Seidenhemd trug er einen ärmellosen Lederpanzer mit kunstvollen Silbereinlagen, der mit Lederriemen an den Seiten und über den Schultern zusammengehalten wurde. Ein schmaler Gürtel, unter der Rüstung kaum zu sehen, hielt eine weiche braune Fellhose, die in zwei hohen Stiefeln steckte. Glänzend schwarzes Haar reichte bis zu seinen breiten Schultern hinab, wobei am Nacken einige kleinere Zöpfe in die Haare eingeflochten waren.
Die dunklen Augen, die dem anmutigen Gesicht einen eher düsteren Ausdruck verliehen, gingen nun kritisch von einem zum anderen, als er zu sprechen begann: »Ich habe dieses Gerede dermaßen satt!«
Einige Räte hoben überrascht den Kopf und empörten sich darüber, wie respektlos Arton mit ihnen sprach.
Arton hingegen redete ungerührt weiter: »Während wir hier tatenlos herumsitzen und reden, reiben sich die Sklavenhändler bereits die Hände, weil ihnen wieder einmal unzählige Kinder ins Netz gegangen sind. Und alles, was ihr hier tut, ist, den Eltern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Aber stellt euch doch nur einmal vor, wie es wäre, wenn ihr hungern würdet und nicht die geringste Ahnung hättet, wo ihr etwas zu essen auftreiben könnt. Nicht für euch und schon gar nicht für eure vier vor Hunger schreienden Kinder. Und dann taucht plötzlich jemand auf, der euch Geld, Nahrung und eine Ausbildung für eure Kinder bietet. Einfach so. Die Rettung, um die ihr jede Nacht zu den Göttern gebetet habt. Würdet ihr da ablehnen? Ablehnen, nur weil ein paar alte Männer im Rat sagen, dass diese Retter Sklavenhändler sind? Ich glaube nicht.«
Sekundenlang blickte Arton herausfordernd in die Runde.
»Das mag ja sein, aber das war doch sicherlich nicht alles, was Ihr uns mitzuteilen gedachtet, werter Arton«, ermahnte ihn Estubart Grandur, der Leiter der Versammlung. Der weißhaarige Greis mit seinen listigen blauen
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