Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Augen ließ sich nicht so leicht durch die provozierende Offenheit des jungen Erenor aus der Fassung bringen.
»Also nehmt ihr letztendlich das großzügige Angebot dieser Helfer in der Not an«, fuhr Arton schließlich fort, »und hofft einfach darauf, dass es euren Söhnen und Töchtern besser gehen wird, dort wo sie hinkommen. Ihr wollt nichts hören von Sklavenschiffen mit überfüllten Laderäumen, von Bergwerken mit Stollen zu eng für einen Erwachsenen, über den blühenden Handel mit Kindern als billige Arbeitskräfte. Es gibt schließlich keine Beweise, dass diese freundlichem Wohltäter gelogen haben. Was kümmern da die Worte der Räte, die bisher rein gar nichts unternommen haben, um eure Not zu lindern. Wenn der Hunger im Magen brennt, schätzt man den Helfer an der Tür, nicht die Mahnung aus dem Rat! Also …« Arton machte erneut eine kurze Pause, ehe er selbstsicher lächelnd seine wohlüberlegte Rede fortsetzte: » … müssen wir zum Helfer an der Tür werden! Schlagen wir den Feind mit seinen eigenen Waffen! Wir geben den Bürgern ein ähnliches Versprechen wie die Sklavenhändler, doch halten wir im Gegensatz zu diesen Verbrechern Wort! Bieten wir den in Not geratenen Einwohnern Geld oder Lebensmittel dafür an, dass sie ihre Kinder ab dem vierten Lebensjahr in die Obhut der Kriegerschule Ecorim geben!«
Vielstimmiges Gemurmel wurde laut.
»Durch die Kämpfe mit den Menschenhändlern«, beeilte sich Arton zu ergänzen, »haben wir viele gute Freunde und wackere Schwertträger in der Garde verloren. Aber schon seit Längerem schließen nicht mehr ausreichend Adepten die Ausbildung in der Kriegerschule Ecorim erfolgreich ab, um diese Lücken wieder zu füllen. Die halbjährige Grundausbildung, die die neu angeworbenen Gardisten derzeit von uns erhalten, reicht einfach nicht aus, um effektiv gegen den Sklavenhandel vorzugehen. Wir brauchen Meister des Schwertes, keine Lehrlinge. Wir brauchen perfekte Kämpfer, denen diese Halsabschneider nicht das Wasser reichen können. Wir brauchen eine Garde, vor der jeder Gesetzlose zittert!« Arton hieb mit der Faust auf den Tisch. Durch einen kurzen Blick versicherte er sich der ungeteilten Aufmerksamkeit der Versammlung, dann senkte er das Haupt und setzte fast bescheiden hinzu:
»Die Kriegerschule Ecorim wird versuchen, einen Großteil der Kosten für Anwerbung, Ausbildung und Versorgung der Kinder zu übernehmen. Allerdings können wir nicht die gesamte Hungersnot in der Stadt bekämpfen. Um wirklich allen Notleidenden zu helfen, muss auch der Adel einspringen. Aber überlegt, was sich durch meinen Vorschlag alles gewinnen ließe: das Wohlwollen der Bevölkerung, eine kampfstarke Garde zur Ausrottung des Sklavenhandels und die Anerkennung der anderen Städte Fendlands!«
Nachdem Arton geendet und wieder Platz genommen hatte, herrschte einige Augenblicke nachdenkliches Schweigen, bis plötzlich alle wie auf Befehl durcheinander redeten. Dabei war eindeutig zu erkennen, dass mehrere Mitglieder Artons Plan für ratsam hielten, wohingegen die Mehrheit des Rundadels dagegen sprach, allerdings nur, weil sich Artons Vorschlag bedenklich nach einer größeren Abgabe ihrerseits anhörte.
Als sich die Gemüter wieder beruhigt hatten, ergriff schließlich der ergraute Vertreter der Schriftgelehrten, Yesten Fengom, mit besorgtem Gesicht das Wort: »Sicherlich mag sich der Vorschlag unseres Ratsmitglieds Arton Erenor in diesem Moment für einige vernünftig und nachvollziehbar anhören. Jedoch werden die Krieger, die als kleine Kinder jetzt in die Schule aufgenommen werden sollen, frühestens in zehn Jahren zur Verfügung stehen, und wer weiß, was dann sein mag – ob sie überhaupt noch benötigt werden. Wenn nicht, muss die Stadt sie entweder fürs Müßiggehen bezahlen, oder eine Truppe Schwertmeister treibt sich ohne Beschäftigung in unseren Straßen herum. Ein Gedanke, der mir nicht recht gefallen mag.
Doch eine andere Gefahr muss als weit bedenklicher eingestuft werden, denn nicht umsonst haben wir in unsere Stadtgesetze die Vorschrift einbezogen, dass erst Männer und Frauen ab dem fünfzehnten Lebensjahr in eine Kriegerschule aufgenommen werden dürfen. Wie leicht kann hitzköpfigen jungen Gardisten befohlen werden, den Rat der Stadt zu stürzen und die Macht zu übernehmen. Vor allem wenn sie von Kindheit an nach den Vorstellungen ihres Ausbilders erzogen wurden und diesem absoluten Gehorsam schulden. Es wird wohl niemand leugnen, dass die Bürger sich
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