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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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stieg in Yesten auf, verbunden mit panischer Angst. Flucht war der einzige Gedanke, den sein niedergezwungener Verstand noch zu fassen vermochte, aber seine Beine versagten ihm den Dienst. Plötzlich löste sich eine glühende Lanze aus dem Schatten. Sie schoss auf ihn zu und durchbohrte seine Brust. Ein durchdringender Schmerz zuckte wie ein Blitz durch seine erstarrten Glieder, ohne dass er einen Laut von sich geben konnte. Seine Hände krampften sich um die Stelle, an der die Lanze stecken musste, seine angstgeweiteten Augen starrten auf die gierig züngelnden Flammen, die begonnen hatten, seinen Körper zu verzehren. Yestens Atem war zu einem heiseren Pfeifen geworden. Die Lanze – wo war die Lanze? Er musste sie herausziehen! Aber da war … nichts! Nichts als ein Schatten.
    Nachdem Artons schwarze Augen Yesten endlich erlaubt hatten, sich aus ihrem Bann zu lösen, erschien dies wie eine Gnade. Der Schatten im Raum verschwand so rasch wie eine Wolke vor der Sonne. Als Yesten ängstlich an sich herunterblickte, fand er seine Brust völlig unversehrt.
    Gänzlich verstört von diesem unerklärlichen Vorfall, drängte Yesten sich vorbei an den anderen Räten, die offensichtlich nichts bemerkt hatten, und verließ eilig und angsterfüllt das Ratsgebäude.
    Arton hingegen genoss seinen Triumph und sonnte sich in der Tatsache, gefährlich zu wirken. Seine »Gabe«, also die Fähigkeit, andere Personen allein durch seinen Willen zu ängstigen und ihnen Gefahr und Schmerz vorzutäuschen, hatte er von Kindheit an in langen Jahren unablässigen Übens zu einer gewissen Perfektion gebracht. Dabei war ihm eigentlich nie ganz klar, wodurch seine jeweiligen Gegner eingeschüchtert wurden. Er ließ einfach seinen dunkelsten Gedanken freien Lauf, was bei solchen Schwächlingen wie Yesten Fengom vollkommen ausreichend war. Bei willensstarken Menschen hingegen, wie dem Leiter der Versammlung, fiel es ihm ungleich schwerer, eine ähnliche Wirkung zu erzielen.
    Der junge Erenor war allein in dem großen Raum zurückgeblieben und ließ nun seinen Blick gedankenverloren über die opulente Einrichtung schweifen, die dem Ratssaal eine gewisse bejahrte Würde verlieh. Zwei längs und zwei quer aufgestellte Tische aus polierter Eiche bildeten ein Rechteck, das von neunundvierzig samtbespannten Stühlen umringt wurde. Hinter dem Sessel des Vorsitzenden stand auf einem erhöhten Absatz ein geschnitzter Thron, der noch aus der Zeit Melessens stammte und von dem aus die Könige Fendlands in der Vergangenheit die Ratsversammlungen geleitet hatten. Heute fungierte dieser Herrschersitz nur noch als historisches Schaustück, ebenso wie die zahlreichen, goldgerahmten Gemälde an der Wand dahinter, welche einflussreiche Personen aus der Geschichte Fendlands zeigten.
    Aber im Moment beschäftigte Arton nicht so sehr die Vergangenheit seiner Stadt als vielmehr der zweifache Erfolg des heutigen Tages. Zum einen hatte er den Weg für seine großen Pläne geebnet, zum anderen hatte er seinen stärksten Gegner im Rat schon mit einer kleinen Demonstration seiner Willenskraft in die Knie gezwungen. Die lauten Stimmen einiger Händler auf der Straße unterbrachen schließlich seine Gedanken. Er legte sorgfältig seinen mit Bärenfell besetzten Mantel an und verließ ohne Eile den Ratssaal. Nachdem er das Empfangszimmer durchquert hatte, öffnete er die schwere, mit Messingornamenten verzierte Eichentür, die in den von einem hohen, schmiedeeisernen Gitterzaun umgebenen Garten führte. Sonnenlicht flutete nun in den fensterlosen Raum, der ungleich kleiner und weniger geschmückt war als der Saal, in dem die Versammlung abgehalten worden war. Arton atmete zufrieden die süße Frühlingsluft ein. Er schloss die Tür hinter sich und schritt auf einem kleinen Weg zum Tor, wo die beiden Wächter bei seinem Erscheinen die linke Faust auf Höhe des Herzens gegen die Brust schlugen – es war der Gruß der Ecorimkämpfer.

    Direkt vor dem Ratsgebäude lag der größte der drei Marktplätze Seewaiths, der nun derart überfüllt war, dass die Stände, an denen noch einigermaßen genießbare Lebensmittel angeboten wurden, bedenklich ins Wanken gerieten. Außerdem strömten von den umliegenden Feldern ständig Bauern mit meist halb verkommenen Waren, morschen Karren und mageren Packpferden herbei, die, schon bevor sie den Marktplatz erreicht hatten, gierig von den Einwohnern umringt wurden. Arton musste sich gegen den Menschenstrom Richtung Hafen durchkämpfen. Er bog

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