Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
im Fall der gewaltsamen Machtübernahme kaum zur Wehr setzen könnten, denn sie sind in Kampfübungen sehr nachlässig geworden. Ich will auf keinen Fall behaupten, der ehrwürdige Arton würde etwas Derartiges auch nur im Mindesten erwägen, jedoch wer weiß, welchen Nachfolger das Schicksal für sein Amt vorgesehen hat. Deshalb lasst ab von diesem verhängnisvollen Plan!«
»Was soll das heißen?«, entgegnete Arton verärgert, zwang sich aber zur Gelassenheit. »Dass die Krieger vielleicht in zehn Jahren nicht mehr gebraucht werden? Krieger sind immer vonnöten. Außerdem erhalten die Schüler auch Unterricht im Lesen und Schreiben, im Rechnen und in Landeskunde. Damit verfügen sie über viele Fähigkeiten, die über das Kriegshandwerk hinausgehen. Das Problem ist aber, dass die Zahl der gut ausgebildeten Kämpfer in der Garde stetig sinkt und keine neuen mehr nachkommen. Wenn es so weitergeht, wird es in zehn Jahren nur noch Gardisten geben, die nichts weiter als die Grundausbildung erhalten haben. Und wie sollen die dann noch mit den Verbrechern fertig werden, wenn es schon jetzt kaum gelingt. Sicherlich könnte man dann zur Not einfach mehr Männer rekrutieren, aber eine höhere Anzahl wird die Garde nicht schlagkräftiger, sondern nur sehr viel teurer machen. Deshalb müssen wir jetzt dafür sorgen, dass eine kampfstarke Truppe herangezogen wird, die dann zu gegebener Zeit die Garde stärken kann. Abschließend sei noch gesagt, dass ich durchaus vorhabe, noch viele Jahre zu leben und die Schule weiterhin zu leiten, und nicht, wie Meister Fengom zu wünschen scheint, bereits mit zwanzig Jahren abzutreten.«
Einige Ratsmitglieder schmunzelten, und als Yesten empört zu widersprechen versuchte, wurde er vom Leiter Estubart Grandur jäh unterbrochen: »Nachdem dies der erste Vorschlag ist, der, wie es aussieht, nicht bei allen Mitgliedern auf Ablehnung stößt, halte ich es für sinnvoll, dass er durch eine Abstimmung für gut oder schlecht befunden wird, ehe er unnötig zerredet ist. Ich hoffe, dies findet auch Ihre Zustimmung, verehrter Yesten!«
Der Angesprochene nickte gezwungen und senkte zornig seinen Blick, worauf der Alte zufrieden fortfuhr: »Heute sind zweiundvierzig Räte anwesend, daher sind zweiundzwanzig oder mehr Stimmen erforderlich, um im Sinne des Ratsmitglieds Arton Erenor zu entscheiden.«
Nach einigen kleineren Diskussionen kam man schließlich zur Stimmenabgabe, wobei dreizehn Gildenleiter, drei Adelige und sieben freie Räte Artons Plan befürworteten. Erleichtert über das Ergebnis der Versammlung, stellte der Vorsitzende Estubart Grandur vorschriftsmäßig fest: »Hiermit ist der Vorschlag des Arton Erenor, Leiter der Kriegerschule Ecorim, mit dreiundzwanzig Stimmen gegen neunzehn ohne Stimmenthaltung als geeignete Lösung akzeptiert. Das in den Stadtgesetzen vorgeschriebene Mindestaufnahmealter für neue Adepten an Kriegerschulen muss demnach von fünfzehn Lebensjahren auf vier vermindert werden. Die Stadt Seewaith spricht hiermit der Familie Erenor für das Aufbringen der nötigen Geldmittel zur Linderung der Not in unserer Stadt ihren ausdrücklichen Dank aus.«
Der Leiter nickte freundlich hinüber zu Arton, der kühl zurücklächelte.
»Die Stadt Seewaith«, hob der Alte erneut an, »wird ihrerseits die nötigen Mittel aufbringen, um eine angemessene Hilfeleistung in Form von öffentlichen Speisungen zu stellen, und hofft dabei auf die Unterstützung der wohlhabenden Bürger der Stadt.« Sein Blick fiel scharf auf den mit Reichtümern gesegneten Gemot von Waidenhein, der vorher entschlossen gegen Artons Vorschlag gestimmt hatte. »Damit schließe ich die Versammlung.«
Während die Räte nach und nach den Saal verließen, blieb Arton neben seinem Stuhl stehen. Er hielt die Augen starr auf seinen Gegner Yesten Fengom gerichtet, der sich ebenfalls zum Gehen gewandt hatte. Unvermittelt zögerte der Schriftgelehrte, so als spüre er den bohrenden Blick in seinem Rücken. Irritiert drehte sich Yesten um. Bei Artons Anblick ergriff ihn mit einem Mal eine Welle der Furcht. Hinter Artons Augen schien ein inneres Feuer zu lodern, während der ganze Raum unversehens in tiefe Schatten gehüllt wurde. Das Atmen fiel Yesten schwer. Wie durch einen dicken Vorhang drangen die Geräusche nur noch dumpf an sein Ohr. Arton stand ihm groß und unerbittlich wie ein Henker gegenüber. Er erfüllte seinen gesamten Geist und zwang ihn unter seine Kontrolle. Ein unbeschreibliches Gefühl der Ohnmacht
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