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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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darum zu kümmern, schwang sich Rai auf den Brustkorb des benommenen Xeliten und trieb ihm die geballten Fäuste mehrfach ins Gesicht. Trotz seines zügellosen Zorns ließ ihn jedoch eine plötzliche Eingebung innehalten. Wie ein Brandeisen bohrte sich die Erkenntnis in seinen Kopf, dass er Ulag viel zu nahe gekommen war. In diesem Moment fiel ein riesiger Schatten auf den jungen Tileter. Er blickte entsetzt nach oben und starrte genau in die kleinen Rattenaugen des gewaltigen Ungetüms. Nur eine augenblickliche Rückwärtsrolle bewahrte ihn vor zupackenden Klauen so groß wie Schaufelblätter. Der Koloss brüllte vor Zorn, doch Rai nahm sich nicht die Zeit zurückzublicken. Er schlidderte über die glitschigen Heringe am Boden hin zu seinem wertvollen Bündel, das er nach dem Treffer des Xeliten hatte fallen lassen.
    Gleichzeitig schien die Schockstarre von den restlichen Arbeitern abzufallen. Binnen weniger Augenblicke brach das vollkommene Chaos los. Wie auf Kommando ließen sich sämtliche Sklaven auf die Knie fallen, um die kostbaren Meerestiere vom Boden aufzulesen. Dies hinderte jedoch Ulags Helfer daran, Rai von den Seiten in die Zange zu nehmen. Stattdessen versuchten sie, mit Beschimpfungen und Schlägen die Menschen davon abzuhalten, die überall herumliegenden Fische zusammenzuraffen. Aber angesichts einer solch lohnenden Beute konnten nicht einmal Prügel die ausgehungerte Meute zur Vernunft bringen. Als zudem noch die Arbeiter untereinander wegen der Heringe in Streit gerieten, artete das Ganze immer mehr in eine wüste Balgerei aus.
    Rai achtete nicht auf die Geschehnisse um ihn herum. In seinem Kopf gab es nur noch Raum für den Gedanken, seine hart erkämpften Vorräte in Sicherheit zu bringen. Er packte den Transportbeutel und seine Kerze, die zwar während des Kampfes umgefallen, aber wie durch ein Wunder nicht erloschen war. Geduckt hastete er bis zum Eingang der Westsohle. Von dort, wie auch aus den anderen Gängen, strömten jetzt immer mehr Menschen herbei, die das momentane Chaos nutzen wollten, um sich ebenfalls ihren Anteil zu sichern. Rai war jedoch überzeugt, dass diese Nachzügler allenfalls noch Ulags geballten Zorn vorfinden würden. Verbissen arbeitete er sich gegen die Massen bis in den ersten großen Schlag vor, wo er den nachdrängenden Menschen besser aus dem Weg gehen konnte. Von da an kam er leichter voran, und nach dem Abstieg durch die Blindschächte erreichte er bald den mittlerweile so vertrauten Querschlag in der zweiten Westsohle.
    Bei seiner Ankunft schreckte Barat aus einem fiebrigen Halbschlaf hoch. Seine glasigen Augen und das schweißbedeckte Gesicht ließen erkennen, dass sich die Entzündung auf den gesamten Körper auszudehnen begann.
    »Barat«, sprach ihn Rai behutsam an und hielt ihm die Vorräte hin, »hier hast du etwas zu essen und zu trinken. Das wird dir gut tun.«
    Gierig ergriff Barat den von Rai gereichten Wasserschlauch und stürzte das frische Nass seine Kehle hinab, während er nur mäßiges Interesse an dem mitgebrachten Essen zeigte.
    »Willst du nicht auch etwas essen?«, fragte Rai besorgt. »Du brauchst Kraft, um das hier zu überstehen.«
    Doch ohne ein einziges Wort von sich gegeben zu haben, begann Barat bereits wieder, in unruhigen Fieberschlaf hinüberzudämmern.
    Rai setzte sich erschöpft neben seinen Gefährten. Obwohl sich sein gepeinigter Magen noch immer nicht ganz von dem Hieb des Xeliten erholt hatte, zwang er sich, einige Brocken Dörrfleisch hinunterzuwürgen. Erst jetzt, nachdem er ein wenig zur Ruhe gekommen war, entfaltete sich die ganze Ungeheuerlichkeit der vergangenen Ereignisse vor seinem geistigen Auge. Heute war er bereits mit einem Fuß im Feuer des Xelos gestanden, dem Eingang zum Totenreich. Nur das unerwartete Eingreifen des Narbengesichtigen hatte ihn davor bewahrt, diesen letzten Weg aller Sterblichen zu beschreiten. Allerdings hatte sich seine Situation dadurch nur zeitweise gebessert, denn nach den Geschehnissen des heutigen Tags konnte er erst recht nicht mehr die oberen Höhlen aufsuchen. Zwar hatte er Nahrung mitgebracht, die bei sparsamer Rationierung vielleicht drei Tage ausreichen würde, dennoch stand ihm früher oder später ein neuerlicher Gang zu der Tauschkammer bevor. Barat sah nicht so aus, als würde er in dieser Zeit bereits wieder genesen sein, was Rai ein weiteres Mal vor das gleiche Problem stellen würde.
    Schritte im oberen Gangabschnitt ließen den jungen Tileter aufhorchen. Es näherte sich

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