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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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erforderte seine ganze Willensstärke, den Blick gesenkt zu halten. Seine Arme zitterten unkontrollierbar, als er seine Kerze abstellte, um das geschlagene Erz in die Waagschale zu füllen. Ulags Gefolgsmann stutzte. Hatte er ihn erkannt?
    Der Mann nahm einige der zur Gewichtsbestimmung verwendeten Bleiplatten von der gegenüberliegenden Schale, dann rief er zu seinen Kameraden hinüber, die das Essen verteilten: »Dieser hat weniger als die anderen! Gebt ihm nur eine Kerze und keinen Fisch.«
    Rais Knie schlotterten so sehr, dass er sich kaum vom Fleck bewegen konnte. Die bloße Präsenz Ulags drohte seine mühsam aufrechterhaltene Fassung hinwegzufegen. Mechanisch öffnete er seinen Tuchbeutel, um die Tauschobjekte in Empfang zu nehmen. Noch immer schien niemand seine dürftige Verkleidung zu durchschauen. Es brauchte scheinbar eine Ewigkeit, bis die vier Stück gedörrtes Fleisch, der Laib Brot, drei fleckige Äpfel, ein Schlauch Wasser sowie eine Kerze aus den Körben und Regalen zusammengesucht waren. Verzweifelt kämpfte er mit sich, während der endlos erscheinenden Wartezeit nicht herumzuzappeln. Endlich wurden ihm die lebenswichtigen Waren ausgehändigt. Mit gezwungener Gelassenheit knotete er die behelfsmäßige Tasche zu, nahm sein Licht wieder an sich und kehrte Ulag samt Gehilfen den Rücken. Er musste sich darauf konzentrieren, seine Schritte in angemessener Weise zu zügeln, obwohl ihn doch jeder einzelne der relativen Sicherheit der Stollen näher brachte. Fast hatte er es geschafft!
    »Du gehörst nicht zu uns!«
    Rai erstarrte. Kalter Schweiß brach aus allen Poren. Es war der Anführer der Xeliten, der ihn aufgehalten hatte. Sein flammender Stab schwebte direkt unter Rais Nase. Er zog ihm erzürnt die improvisierte Kapuze vom Kopf.
    »Wie kannst du es wagen, dich als einer der Unseren auszugeben!« Seine Stimme füllte die gesamte Höhle.
    Plötzlich waren alle Augen auf den jungen Tileter gerichtet.
    »Mit diesem Frevel wirst du den göttlichen Zorn auf dich lenken, du ketzerischer Bastard!«
    Der Xelit stieß zu. Rai riss geistesgegenwärtig den Kopf zur Seite, sodass die brennende Spitze des Stabs ihn um Haaresbreite verfehlte. Der Diener des Xelos setzte mit einer Reihe von Stößen und Schlägen nach, denen der Dieb aber durch leichtfüßiges Auspendeln und Zurückweichen entgehen konnte. Seine Gewandtheit hatte ihm auf den Straßen Tilets schon mehrmals das Leben gerettet. Allerdings trieb ihn der fanatische Xelosanhänger auf diese Weise mitten in die überraschten Minenarbeiter hinein, die das Schauspiel fasziniert beobachtet hatten. Dadurch in seiner Bewegungsfreiheit behindert, gelang es Rai nur noch unter Schwierigkeiten, den prasselnden Schlägen auszuweichen. Zwar nutzte er die Körper der Umstehenden geschickt als Deckung, sodass einige ihm geltenden Hiebe durch verdutzte Bergleute abgefangen wurden, aber schließlich landete der Xelit dennoch einen schweren Treffer direkt in seine Magengrube. Mitten in dem entstandenen Getümmel ging er stöhnend in die Knie, sein Bündel und die Kerze fielen zu Boden. Ihm war klar, dass dies seinen sicheren Tod bedeutete. Entweder der wahnsinnige Priester machte seinem Leben gleich ein Ende, oder Ulag wenig später.
    Doch plötzlich stand Narbengesicht vor ihm. Er packte den eben zum Schlag erhobenen Feuerstab des Xeliten, zwang die Waffe zur Seite und vollführte gleichzeitig eine blitzschnelle Körperdrehung. Ehe der völlig überrumpelte Gottesdiener begriff, dass es tatsächlich jemand wagte, sich an seiner heiligen Waffe zu vergreifen, hatte ihm der Einäugige den Stab auch schon entwunden. Dieser unvergleichliche Frevel raubte dem Xelosjünger kurzzeitig die Fassung. Mit versteinertem Entsetzen sah er mit an, wie der Narbengesichtige das göttliche Symbol seiner Führerschaft entzweibrach, als wäre es ein Stück Feuerholz.
    Währenddessen versuchte Rai, die Schmerzen in seinem Bauch zu überwinden. Der verdammte Xelit würde büßen für diesen üblen Magenschwinger! Nun sollte sich zeigen, wie stark der Kapuzenträger noch ohne seinen Stock war. Rai sprang mit gesammelter Wut vorwärts und warf sich gegen seinen Widersacher. So viel Kraft hatte der Dieb in den Angriff gelegt, dass er seinen Gegner einfach mit sich riss und beide zwischen den Vorratskörben neben dem Waagentisch landeten. Der heftige Aufprall brachte den Behälter mit den Salzheringen zum Umkippen, worauf sich der glitschige Inhalt auf dem Höhlenboden verteilte. Ohne sich

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