Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
er wenigstens dem Narbengesichtigen helfen, schließlich hatte ihm dieser beim Kampf gegen den Xeliten wahrscheinlich das Leben gerettet. Das erschien als Buße bei Weitem sinnvoller, als sich hier von Ulag vierteilen zu lassen.

    Mittlerweile war die Strömung so reißend geworden, dass dem kleinen Tileter gleich bei der ersten engeren Passage nach der Eingangshöhle die Beine unter dem Körper fortgerissen wurden und er wie ein Stück Treibgut in die nächste Grotte gespült wurde. Erst hier gelang es ihm, sich an einem der wackeligen Gerüste festzuklammern, die noch den vorbeischießenden Fluten trotzten. Nur mit äußerster Mühe konnte er dabei seine Lampe vor dem gierigen Nass bewahren. Zwar war das Sturmlicht durch einen Metalldeckel und Seitenwände aus eng geflochtenem Draht sowohl vor Windstößen als auch vor Spritzwasser oder Regen gut geschützt, vollends unter Wasser getaucht würde die ölgespeiste Flamme im Inneren des Gehäuses allerdings ebenso verlöschen wie jede andere Lampe.
    Rai bewegte sich von nun an vorsichtiger durch die Stollen, was seinem ausgezehrten Körper erneut ein gehöriges Maß an Kraft abnötigte. An den schmälsten Stellen reichte ihm das Wasser schon fast bis an die Hüfte. Aber irgendwie gelangte er dennoch ohne weitere Stürze bis zu dem Schacht in die zweite Sohle. Hier allerdings erforderte es seinen ganzen Mut, sich auf die abwärtsführende Leiter zu wagen. Die wenigen harmlosen Rinnsale, die vorhin noch entlang den Wänden des Blindschachts in die Tiefe gelaufen waren, hatten sich nun zu einem ausgewachsenen Wasserfall vereinigt, der rings um das Sprossenwerk hinunterdonnerte. Die Wände des Schachts schienen nicht mehr aus massivem Fels, sondern aus graubrauner Flüssigkeit zu bestehen. Mehrmals setzte er den Fuß auf die oberste Sprosse, nur um sogleich wieder schwankend Halt an der nahen Höhlenwand zu suchen. Schließlich klemmte er sich den Henkel seiner Laterne zwischen die Zähne, um beide Arme für den Abstieg frei zu haben. So gelang es ihm endlich, seine Furcht zu überwinden und in die Röhre aus stürzendem Wasser hinabzusteigen.
    Schnellstmöglich versuchte er, diesen beängstigenden Abschnitt des Weges hinter sich zu bringen. Unversehens glitt er allerdings im unteren Drittel von einer Sprosse ab und schlidderte ungelenk den Rest der letzten Leiter hinunter. Schmerzhaft schlugen seine Knie und Ellbogen gegen das Holz, während zugleich die Handflächen, mit denen er seinen Fall abzubremsen suchte, von dem spröden Material blutig gerissen wurden. Am Fuße der Leiter landete er zwar auf seinen Beinen, doch waren seine Muskeln bereits so erschöpft, dass die beiden Gliedmaßen einknickten wie Strohhalme. Wenigstens konnte er seinen Sturz mit den Händen etwas mildern, sodass er nicht mit dem Kopf auf den Höhlenboden schlug. Da er seine Lampe aber immer noch an ihrem Henkel zwischen den Zähnen trug, wurde ihm diese gegen die Stirn geschleudert, was eine schmerzhafte Platzwunde zurückließ. Das herabprasselnde Nass vertrieb jedoch rasch wieder die zeitweilige Benommenheit. Diese verdammte Laterne hatte sich mit dem stürzenden Wasser gegen ihn verbündet, dachte er zornig. Vor lauter Wut hätte er sie beinahe von sich geschleudert, aber besann sich dann gerade noch eines Besseren und behielt sie in der Hand. Dennoch schien es, als wollten ihm die zerstörungswütigen Fluten mit ganzer Macht die Sinnlosigkeit seines Handelns vor Augen führen.
    »Ich weiß, dass es verrückt ist«, brüllte Rai den Wassermassen entgegen, »aber was soll ich denn sonst machen?« Tränen der Verzweiflung liefen seine Wangen hinab und wurden mit dem rauschenden Fluss fortgespült. Wenigstens brannte seine Lampe noch.
    Unsicher tastete er sich weiter voran. Die Gewalt des strömenden Wassers schien noch einmal zugenommen zu haben. Wegen des schmalen Ganges konnte er sich jedoch besser als vorher an den Seitenwänden abstützen, was ihm ein behutsames, aber stetiges Vorwärtskommen ermöglichte. Sämtliche Querschläge dieser Ebene waren bereits überflutet. Dadurch fehlten ihm nun die Orientierungspunkte, mit deren Hilfe er den verbleibenden Weg abschätzen konnte, der ihn noch von dem Abgrund vor Narbengesichts Stollen trennte, den dieser so treffend als »Schlund« bezeichnet hatte.
    Endlos watete er durch den unterirdischen Fluss, der bis vor Kurzem noch die Richtstrecke der zweiten Westsohle gewesen war. Umso überraschender kam schließlich der jähe Abfall des Ganges hin

Weitere Kostenlose Bücher