Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Verletzungen geben sollte – man weiß ja nie. Ach ja, wo ist denn eigentlich dein Bruder?« Maralons braune Augen, die bisher gedankenvoll umhergewandert waren, fixierten seinen Sohn jetzt fragend.
»Woher soll ich das denn wissen?«, meinte Arden missmutig. »Bin ich etwa das Kindermädchen meines Bruders? Überhaupt könntest du ihm auch ein paar Aufgaben zuteilen, ich bin nämlich gerade beschäftigt.«
Maralon blickte ein wenig irritiert auf seinen Sohn, als überlege er, ob er diese Äußerung nun als Ungehorsam auszulegen hätte, entschied sich dann aber offensichtlich dagegen, als er im Davongehen antwortete: »Gut, ich werde ihn suchen gehen. Du hast recht, er kann ruhig auch etwas tun.«
Arden wartete, bis sein Vater außer Sicht war, und setzte dann seinen Weg in die Küche fort, wo er seine Laune aufzubessern hoffte.
Nach einer halben Stunde kehrte er in den Speisesaal zurück. Er war immer noch missgelaunt, aber nun zusätzlich von einer leichten Übelkeit geplagt, verursacht durch die große Menge klebrigen Nachtischs, die er in der Küche verzehrt hatte. Somit stand ihm der Sinn jetzt noch weniger danach, den anderen draußen bei den Vorbereitungen zu helfen. Darum ließ er sich mit einem Seufzer auf einen Stuhl in der Nähe eines Fensters nieder, durch das er beobachten konnte, was im Garten vor sich ging. Er stützte gelangweilt sein Kinn auf beide Hände, während er mit den Augen dem breiten, geschotterten Weg folgte, der vom Hauseingang zum Tor führte. Sein Blick blieb auf halber Strecke zwischen Gebäude und Mauer links des Weges haften. Dort war durch beinahe mannshohe Pechfackeln ein rechteckiges, zehn mal zwanzig Schritt großes Areal des Rasens als Kampfplatz abgesteckt worden. Im Schattenspiel der Flammen war Arton zu erkennen, der gerade eine weitere der großen Fackeln in den Boden spießte, von denen bereits ein knappes Dutzend den Kampfplatz säumten. Direkt neben ihm prüfte Maralon im flackernden Licht den Schliff der Schwerter, die bei der Klingenprüfung verwendet werden sollten. Zu Ardens Überraschung trat nun noch eine weitere Person in den Lichtkreis der Fackeln, die beinahe ebenso groß, aber weitaus zierlicher als sein Bruder war. Es war eindeutig eine Frau, aber sie schien zu hochgewachsen, als dass es Derbil hätte sein können, die außerdem ihren Posten am Tor nicht verlassen durfte. Arden kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.
»Das ist ja Tarana!«, dachte er laut, als er sie erkannte. »Warum ist sie denn freiwillig von dem Fest weggeblieben? Doch wohl sicher nicht wegen der Klingenprüfung!« Er kratzte sich nachdenklich an der Nasenspitze. Er hatte schon einige Gerüchte über Arton und Tarana gehört, ihnen aber nie ernstlich Glauben geschenkt. Sein Bruder, der mit dem anderen Geschlecht so viel anfangen konnte wie ein Fisch mit einer Meerjungfrau, sollte ausgerechnet bei dieser Frau erfolgreich gewesen sein? Ausgerechnet bei Tarana, die selbst Ardens Komplimente und Anzüglichkeiten völlig unbeeindruckt gelassen hatten?
»Na ja«, brummte Arden verstimmt, »auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, oder besser: ein blinder Fisch eine Meerjungfrau.« Doch der Gedanke an Arton und Tarana als Paar ärgerte ihn mehr, als er zugeben wollte.
Inzwischen hatten Arton, Tarana und Maralon alles Nötige vorbereitet, sodass die Prüfung nun zur Zufriedenheit des alten Erenor stattfinden konnte. Die zwölf Fackeln umstanden den Kampfplatz wie schweigsame Wächter, die unruhig mit ihren Lichtfingern über die kurz geschnittenen Halme des Rasens tasteten und eine kleine, erhellte Insel im Dunkel des Parks schufen. Es war wieder kühler geworden, denn ein schneidender Wind blies dicke Wolken vom Meer herauf, welche Sterne und Mond verschluckt hatten. Die frostige Brise ließ die Fackeln ab und an von ihrem regelmäßigen Flackern in einen wilden, zuckenden Tanz verfallen.
»Es ist wieder recht frisch geworden!«, meinte Tarana und rieb sich die nur mit dünnem Stoff bedeckten Arme. »Hoffentlich gibt es nicht noch mal Schnee!«
Arton blickte kurz zum Himmel und nickte dann, während Maralon viel zu sehr mit dem Inspizieren der Waffen beschäftigt war, als dass er Tarana irgendwelche Aufmerksamkeit widmen konnte.
»Warum trägst du deine Rüstung nicht, die würde dich etwas wärmer halten«, fragte Arton geistesabwesend.
»Naja, weißt du, diese Metallpanzer sind furchtbar schwer und unhandlich und halten außerdem überhaupt nicht warm. Das Lederzeug
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