Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Prozession teilzunehmen.«
»Wenn das so ist, werde ich auch hier bleiben. Ich wollte schon immer mal wissen, wie diese Prüfung abläuft.« Die Istanoit klang nicht so, als ob ein Widerspruch von Artons Seite aus irgendetwas an ihrer Entscheidung ändern würde.
Trotzdem unternahm Arton den Versuch, sie davon abzubringen, da er befürchtete, jemand könnte Verdacht schöpfen, wenn sie nicht mit den anderen feierte: »Du bleibst aber nicht nur wegen mir, hoffe ich! Ich meine, ich hätte nichts dagegen, wenn du dir die Prozession ansiehst.«
»Keine Angst, ich will nur die Prüfung verfolgen«, antwortete Tarana schnippisch. »Und keiner, nicht mal du, wird auf den Gedanken kommen, ich sei nur wegen dir geblieben.
Und jetzt werde ich gehen, bevor uns noch jemand erwischt.« Sie lächelte spöttisch, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und verließ leise das Zimmer. Arton schloss hinter ihr die Tür. Einmal mehr hatte Tarana ihn durchschaut.
Arden stand mürrisch an den Türstock des Speisesaals gelehnt, während er beobachtete, wie die Schüler, von den jüngsten bis zu den ältesten, fröhlich lachend durch die Eingangshalle in den nächtlichen Garten strömten. Sie alle hatten sich in freudiger Erwartung der abendlichen Prozession in ihre besten Gewänder gehüllt, sofern diese nicht von der vergangenen Bajulanacht unansehnliche Andenken zurückbehalten hatten. Obwohl der junge Erenor in der letzten Nacht durchaus auf seine Kosten gekommen war, bedauerte er es sehr, von den ungleich ruhigeren, jedoch nicht weniger beeindruckenden Feierlichkeiten der heutigen Prozession ausgeschlossen zu sein. Es würden über drei Dutzend Boote an diesem Abend auslaufen, angeführt von der prächtigen Galeone des Bajulatempels. Mit unzähligen Fackeln und großen Leuchtfeuern bestückt, würden sie auf die dunklen Gewässer der Istabucht hinausgleiten, bis sie für die am Hafen Zurückgebliebenen zu kleinen Lichtpunkten zusammengeschrumpft wären. Dort, weit entfernt von der Küste, würden sie das Weinopfer dem unergründlichen Kaloqueron darbringen, womit die symbolische Vereinigung mit seiner Gemahlin Bajula vollzogen wäre. Und er, Arden, hätte eigentlich beim Auslaufen des schneidigen kleinen Seglers, der Ecorimsstolz, mit unbewegter Miene am Bug gestanden, die Hand am Schwertknauf, die Augen auf die Weite des Meeres gerichtet, während alle Blicke der Zuschauer am Hafen auf ihm geruht hätten. Aber nichts von alledem würde er genießen können in dieser Nacht, weil dieser verfluchte, eingebildete Mig unbedingt heute die Klingenprüfung ablegen musste. Sollte doch Arton bei diesem Unsinn mitmachen, der sich sowieso nichts aus der Prozession zu machen schien, so wie er auch vielen anderen wichtigen Dingen nicht den angemessenen Stellenwert einräumte. Aber Maralon war unerbittlich geblieben, was normalerweise gar nicht seine Art war. Arden konnte den alten Mann sonst immer dazu bringen, all seine Wünsche zu billigen, warum heute nicht?
»Verdammter, altmodischer Kauz!«, schimpfte Arden leise vor sich hin. Als einziger Trost blieb ihm, dass nicht nur sein Bruder und sein Vater die Prozession versäumen würden, sondern auch Derbil und Estol, auf die das Los gefallen war, die heutige Nachtwache zu übernehmen. Die beiden würden jetzt am Tor, wahrscheinlich ebenso trübsinnig wie er, das Vorbeiziehen ihrer Gefährten auf dem Weg zu den Vergnügungen beobachten, die ihnen selbst versagt blieben. Nach einigen weiteren Verwünschungen gegen Megas, Maralon und seinen Bruder beschloss Arden, sich in der Küche noch etwas von dem Nachtisch zu besorgen, den es zum Abendessen gegeben hatte und von dem, soweit er wusste, noch eine reichliche Menge übrig geblieben war. Vielleicht konnte er sich damit auf andere Gedanken bringen.
Als er schon auf halbem Weg zur Küche war, kam Maralon beschwingt zur Eingangspforte herein und begann, sobald er Arden erblickt hatte, ihm geschäftig eine Reihe von Anweisungen zu erteilen: »Ah, Arden! Die Schüler sind jetzt gegangen, und es wird Zeit, den Kampfplatz für die Prüfung vorzubereiten. Wir brauchen Fackeln, einige ausgewählte Schilde und Schwerter, Zielscheiben, Seile, unsere Strohpuppe … du weißt schon, das meiste, was wir auch für die Übungen verwenden.«
Arden verzog das Gesicht, doch der betagte Schwertmeister fuhr, ohne es zu bemerken, fort: »Und sorge dafür, dass etwas Wein bereitsteht, und Tücher und Verbandszeug sind auch nicht verkehrt, falls es
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