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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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für das Hochwasser beschäftigt. Weil er ein Medjay war, hatten die Gefängniswärter dafür gesorgt, daß er an seinem letzten Abend auf Erden viel Feigenschnaps getrunken hatte. Deshalb war er kaum bei Bewußtsein, bis der Schmerz ihn durchfuhr, und dann war er nicht mehr bei Bewußtsein. Nie mehr.

S ECHS

    Wie Huy zu Taheb gesagt hatte: Er mochte keine Geheimnisse. Sie waren etwas Unordentliches, genauso wie Intefs Tod. Er hatte Probleme lösen und ein paar Fragen klären sollen, hatte aber keines dieser Ziele erreicht, von der offiziellen Aktenlage einmal abgesehen. Mit wem hatte Intef zusammengearbeitet? War damit zu rechnen, daß diese Leute ihn rächen würden? Seine Hinrichtung wirkte vielleicht einschüchternd auf andere Medjays, die Lust auf den kurzen Weg zum Reichtum verspürten, aber Huy war enttäuscht, weil der Mann gestorben war, ehe er mit ihm hatte reden können. Ihm Milde im Austausch gegen Informationen anzubieten, war eine neue Idee und dazu eine, die Haremheb bestimmt nicht gefallen hätte; aber es war doch schade, daß nicht einmal Zeit für einen Versuch gewesen war.
    Aber sein Interesse an Intef hätte mehr Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt, als ihm recht sein konnte.
    Aset hatte ihn durch die Kontakte ihres Bruders mit dem Schreiber bekanntgemacht, der die restliche Ladung der Herrlichkeit-des-Ra kontrolliert hatte, mit dem Mann, dessen Akten Huy bereits hatte inspizieren können.
    Der Schreiber war nicht erfreut, ihn wiederzusehen. Er war ein Musterbeispiel amtlichen Geltungsbewußtseins und hätte geradewegs aus den Seiten der Vermischten Schriften hervorgekommen sein können, die sich mit Schreibern befaßten, fand Huy. Groß und makellos - von den Fingerspitzen abgesehen, an denen sorgsam vernachlässigte Tintenflecke den Status seines Berufes deutlich machten -, zeigte der Mann alle Merkmale des ehrgeizigen Subalternen, der wichtiger erscheinen möchte, als er ist. Im Gegensatz zu der abgewetzten Palette, die Huy nicht länger bei sich trug, war die seine nagelneu. Sie war aus Ahorn mit Ebenholzeinlagen, und in einer langen Kerbe in der Mitte lagen (in diesem Fall) absolut gerade Binsenpinsel. Oberhalb dieser Riefe waren sechs runde Löcher ins Holz geschnitzt, in denen jeweils ein Stück gepreßtes Tuschpulver ruhte, insgesamt vier schwarze und zwei rote. An seinem Gürtel trug der Schreiber zwei ordentliche Lederbeutel mit weiteren Tintenpulvervorräten. Der Mann sah so kultiviert aus, daß Huy sich fragte, ob er nur Wasser oder vielleicht doch manchmal auch Spucke benutzte, um seine Tusche anzufeuchten, und ob er sich dazu herabließ, selbst die Enden seiner Binsen zu kauen, um die Fasern zu lösen und sich so seine Pinsel zu schaffen.
    »Meinen Gruß, Pemou«, sagte Huy, als er das Büro des Mannes am Kai betrat.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte Pemou sofort. Er wußte alles über Huy und war auf der Hut, aber gleichzeitig wollte er den Freund seines Chefs nicht vor den Kopf stoßen.
    »Doch, doch.«
    »Die Dokumente, die du gesehen hast, waren hoffentlich in Ordnung?«
    »Tadellos.«
    Pemou war immer noch beunruhigt. Er nagte am Ende seines Federkiels, und dann langte er über sein niedriges Pult und rückte ein oder zwei Gegenstände zurecht: eine kleine Schildpattschale mit Wasser, eine Lederrolle, die er als Schreibfläche benutzen würde. Beim Anblick dieser vertrauten Gegenstände empfand Huy Neid und Wehmut wie einen Stich. Ob er diese Dinge wohl je wieder offiziell würde benutzen dürfen? Er sah, daß Pemou sogar einen tönernen Talisman um den Hals trug: Thoth, den Gott des Schreibens. Der Mann war ein Schreiber wie aus dem Bilderbuch.
    »Wenn alles in Ordnung ist, was kann ich dann für dich tun?«
    Rührte diese Nervosität nur aus Pemous Widerwillen gegen diese zweifelhafte Persönlichkeit? Ein ehemaliger Einwohner von Achetaton, der Stadt des Horizonts, war kaum ein wünschenswerter Umgang für einen ehrgeizigen Mann, mochte er ein noch so kleiner Fisch sein.
    »Ich würde dir nur gern noch eine oder zwei Fragen stellen, die mir eingefallen sind, seit ich die Frachtdokumente gelesen habe.«
    Pemou schaute sich im leeren Zimmer um, als erwarte er, einen Lauscher zu sehen.
    »Hast du die Erlaubnis, dich hier aufzuhalten?«
    Huy blickte in die unsteten Augen, doch sie wichen seinem Blick aus. Was dachte der Mann? Er wußte sicher, daß Amotju zwar außer Gefahr, aber noch keineswegs wiederhergestellt war. Hatte der Mann beschlossen, seine Loyalität zumindest

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