Vermächtnis des Pharao
jedoch hatte er eine Nachricht bekommen, die ein Grund zum Feiern war. Drei der Kleinbauern, die ihn gerettet hatten, hatten die Medjays ebenfalls gesehen, und als Ani die von Amotju ausgezahlte Belohnung um üppiges Trinkgeld aus eigener Tasche vergrößert hatte, waren diese Männer bereit gewesen, für ihn auszusagen. Jetzt brauchte er den Medjay nur noch aufzustöbern, und das war einfacher als erwartet. An diesem Morgen hatte er die Bestätigung erhalten: Der Mann hieß Intef und war kürzlich auf einen Posten in Esna kommandiert worden.
»Die Arroganz dieses Kerls ist unglaublich«, sagte er zu Huy. »Aber natürlich sind Kleinbauern für einen solchen Mann kaum mehr als
Tiere auf dem Feld, und er hält uns alle für tot.«
»Ich weiß aber nicht, ob wir ihn kriegen können.«
»Natürlich können wir. Haremheb ist entschlossen, dem Verbrechen, das überall im Lande blüht, ein Ende zu machen. Besonders hier unten, wo es so schlimm ist, daß die Leute sich nachts nicht einmal in die Hafengegend wagen.«
»Es wird ihm nicht gefallen, wenn einer seiner eigenen Männer beteiligt ist. Wer da Anklage erhebt, gewinnt vielleicht, aber beliebt macht er sich nicht.«
»Das Risiko nehme ich auf mich«, erwiderte Ani gleichmütig. »Wenn ich keine berechtigte Klage vorzubringen habe, wer dann?«
»Aber was wirfst du ihm vor?«
»Sie waren so nah. Sie hätten uns retten können!«
»Das beweist nichts.«
»Es beweist, daß sie nicht ihre Pflicht getan haben!«
»Möglich, daß sie es nicht für ratsam hielten, einzuschreiten. Du weißt doch, wie die denken.«
Ani zog eine verärgerte Grimasse.
»Ich weiß, daß es dir nicht paßt. Aber wir müssen strategisch denken, im Rahmen der Gesetze«, sagte Huy.
»Wenn ich gewußt hätte, daß du ein so kalter
Fisch bist, wäre ich mit der Sache nicht zu dir gekommen, Ich dachte, du wärest Amotjus Freund.«
»Aber wenn wir die Medjays gegen ihn aufbringen, wird ihm das nicht helfen.«
»Was meinst du also?«
»Daß wir einen handfesten Beweis brauchen.«
»Du hast vier Zeugen!«
»Einen Beweis dafür, daß er an dem Überfall beteiligt war.«
Ani wollte etwas erwidern, aber dann entspannte er sich, als sei ihm etwas eingefallen. Er grinste. »Du kriegst deinen Beweis«, sagte er.
Drei Tage später wurde Intef verhaftet. Eine Kiste Goldbarren mit Amotjus Siegel war in seinem Pferdestall vergraben gefunden worden.
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand so blöd sein soll«, meinte Aset, als Huy es ihr erzählte.
»Vielleicht hat er sich nur absolut sicher gefühlt«, sagte Huy. »Dann ist er zwar arrogant, aber nicht blöd.«
»Wo liegt der Unterschied?«
»Es wird ein Gerichtsverfahren geben.«
»Wann?«
»Sofort. Haremheb ist sehr verärgert. Er wünscht, daß die ganze Affäre aufgeklärt und so bald wie möglich vergessen wird. Gleichzei-tig will er an diesem Mann ein Exempel statuieren.«
»Wenn er schuldig ist.«
»Drei Leute haben ihn gesehen, und Ani auch. Und jetzt ist das Gold da.«
»Hast du mit Ani darüber gesprochen?«
»Natürlich.«
»Und was sagt er?«
»Daß die Götter seine Gebete erhört hätten.«
»Und du glaubst ihm?«
Huy sah sie an. Er hatte die Frachtzettel, auf denen das von der Herrlichkeit-des-Ra im Hafen entladene Gold registriert war, mit den Kisten von Rohbarren und Goldkörnern verglichen, die jetzt in Amotjus Schatzkammer lagen, und keine Unstimmigkeiten feststellen können.
»Nein«, sagte er. »Und ich glaube auch nicht, daß Intef hinter dem Überfall gesteckt hat - aber er ist sicher in die Sache verwickelt.«
Der Prozeß wurde in Esna abgehalten und dauerte nicht lange. Der junge Offizier beteuerte seine Unschuld, aber das Beweismaterial war überwältigend, und die Sache mußte rasch zu einem Ende geführt werden. Die Trockenzeit ging zuende, und die Menschen waren mit ihren Gedanken schon bei dem bevorstehenden Hochwasser, wenn Hapy, der Gott mit den Brüsten, das durstige Land mit den Wassermassen des Flusses bedecken würde. Dann würde der König in die Südliche Hauptstadt kommen. Eines frühen Morgens, als der frische Nordwind wehte, führte man Intef zum Wasser hinunter, wo eine Stange, zwei Schritt lang und eine Handbreit dick, fest zwischen die Felsen geklemmt worden war, so daß ihr grob angespritztes Ende zum Himmel wies. Man zog ihn aus, hob ihn hoch, bohrte ihm die Spitze der Stange in den After und pfählte ihn. Wenige Zuschauer waren gekommen. Die Leute waren mit den Vorbereitungen
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