Vermächtnis des Pharao
verschorft.
»Wie geht es dir?«
»Ich kann nicht glauben, daß ich hier bin.«
»Du hast ein schreckliches Erlebnis hinter dir.«
»Ja, es war schrecklich. Es hat mich an den Rand des Todes geführt.«
»Was ist passiert?«
Amotjus Gesicht verzog sich gequält. »Ich kann darüber nicht sprechen! Nicht jetzt! Noch nicht!«
Huy war von diesem heftigen Gefühlsausbruch überrascht. »Entschuldige. Ich wollte dich nicht aufregen.«
»Schon gut. Natürlich willst du wissen, was geschehen ist.« Amotju entspannte sich ein wenig.
Behutsamer fragte Huy: »Kannst du mir wenigstens die Abfolge der Ereignisse schildern - und wo du gewesen bist?«
Amotju sah ihn beschwörend an. »Ich bin nicht sicher, daß du mir glauben würdest, wenn ich es dir sagte. Ich weiß nicht, ob ich selbst die Erinnerung schon ertragen kann.«
»Bitte vertrau mir. Vielleicht, wenn du sie mit jemandem teilst...«
In die Augen seines Freundes trat ein gehetzter Ausdruck, als erwarte er, daß ihn aus dem Schatten in der Hofecke etwas anspringen werde. Er zog Huy so dicht zu sich, daß ihre Stirnen sich berührten, und flüsternd: »Ich war nicht am Rande des Todes, sondern jenseits davon.« Er schaute Huy an, und sein Blick beschwor ihn, ihm zu glauben. »Verlange nicht, daß ich jetzt mehr sage. Aber so ungeheuerlich ist das, was mir geschehen ist.«
Amotju sank erschöpft zurück und schloß die Augen. Huy betrachtete ihn einen Augenblick lang. Als er glaubte, der Freund sei eingeschlafen, erhob er sich leise von der Couch. Sofort war Amotju wieder wach und umklammerte seinen Arm.
»Du darfst Rechmire nicht mehr verfolgen!«
»Was?«
»Nichts mehr! Hast du gehört?«
»Wir werden darüber reden. Aber ich muß herausfinden, wer dir das angetan hat.«
»Ich habe eine Warnung von den Göttern bekommen.«
»Von welchen Göttern?«
Amotju schien im Begriff, zu antworten; sein Herz mühte sich, der Zunge Worte zu verleihen.
»Huy!« Tahebs Stimme klang streng von der Hoftür herüber. Amotju sank zurück; der Griff seiner geschundenen Hände löste sich von Huys Arm, wo die Finger rote Male hinterlassen hatten. Huy stand leise auf, schluckte seinen Arger über die ungelegene Störung herunter und wandte sich Taheb zu.
»Das reicht für heute«, sagte sie leiser, und führte ihn hinüber in den größeren Hof, wo ihr erstes Gespräch stattgefunden hatte. »Er regt sich sehr rasch und sehr leicht auf. Was hat er dir erzählt?« Sie begegneten einem Hausdiener, der einen Krug Wasser zu seinem Herrn trug.
»Nichts.«
Taheb sah ihn mit einem Blick an, der wohl skeptisch war, aber sie deutete auf einen Stuhl und fragte ihn, ob er Brot und Wein wolle. Das war eine ganz andere Behandlung als vorher, aber Huy ließ sich nicht anmerken, was er dachte. Schweigend saßen sie da, während Speise und Trank gebracht wurden.
»Welchen Eindruck hat er auf dich gemacht?» fragte Taheb, nachdem sie getrunken hatten.
»Einen verängstigten.«
»Ja. Man hat ihn einem furchtbaren Schock ausgesetzt.«
«Mit Absicht?«
»Was glaubst du?«
»Was hat er dir erzählt?«
Sie seufzte. »Er sagt, er erinnert sich an nichts - nur die Angst ist ihm im Gedächtnis geblieben. Aber er hat mich gebeten, nichts zu unternehmen, ihn gesund werden zu lassen und die ganze Sache zu vergessen.«
»Und wirst du das tun?«
»Das kann ich nicht.« Sie sah ihm ins Gesicht. »Ich will dir nicht verschweigen, daß Amotju und ich...unsere Schwierigkeiten haben. Das weißt du zweifellos sowieso schon. Freunde unterhalten sich schließlich über diese Dinge«, fügte sie mit einer Spur ihrer gewohnten Verbitterung und Eifersucht hinzu. »Aber dieses Ereignis hat mir klargemacht, daß ich ihn nicht verlassen kann. Ich will eine Antwort, und ich will Vergeltung. Es war eine feige Tat.«
»Was, glaubst du, ist passiert?«
»Die Ärzte haben an seinem Kot erkannt, daß er Drogen oder Gift bekommen hat.«
»Also war es Absicht.«
»Du hast doch keinen Augenblick lang etwas anderes vermutet.«
Er schaute sie an. Kühl und fest erwiderte sie seinen Blick.
»Hast du mich im Verdacht?« fragte sie. »Glaubst du, ich ließe mich zu einer so vulgären oder so verzweifelten Tat hinreißen, damit er aufhört, sich mit dieser Mitanniterin zu treffen?«
Sie wußte also Bescheid über Mutnofret. Nun, überraschend war das nicht. Amotju war eigentlich kein doppelzüngiger Mensch und hatte noch nie zwei Gesichter überzeugend zu tragen verstanden. Huy trank einen Schluck
Wein, Dakhla
Weitere Kostenlose Bücher