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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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der Gabriel Gadie eins mit dem Knüppel verpassen wollte. Hatte ihn natürlich nur leicht verwundet, doch Gadie war gerettet! Sie war schon ein toller Captain! Nicht wie ihr Halbbruder, der dem Namen Lydyard Schande machte! Bei dem rann das Lydyard-Blut nur noch dünn durch die Adern! Der hatte noch nie den Törn zur französischen Küste gemacht, aber den Cognac, na, den verachtete er nicht! Ja, Mr. Alexander Ellerdine war auch ein guter Mann, Miss Harriettes Cousin. Aber der Captain verzog keine Miene, wenn’s Blut gab, und ’ne feine Hand hatte sie bei Verletzungen, wie Seine Lordschaft ja wissen musste. Sie hatte doch seine Wunden versorgt?
    Bei der Vorstellung, wie Harriette seine Wunden gepflegt hatte, verklang für Lucius das Gerede des Junge zu bloßem Gemurmel. Sie musste ihn nackt gesehen haben, ihn berührt, gewaschen haben. Er konnte sich an nichts erinnern, nur dass er einmal von Schmerzen gepeinigt aufgewacht war und kühle Tücher auf Stirn und Brust gespürt hatte, kühle Hände auf seiner Haut. Er stellte sich vor, wie sie mit den Blicken ihrer grauen Augen jedes Fleckchen seines nackten Körpers erforscht hatte, und spürte, wie seine Muskeln sich spannten und jäh Begierde heiß durch seinen Körper schoss. Doch Captain Harry – Miss Lydyard – hatte sich, wie es schien, der Aufgabe ohne Kommentar, ohne Verlegenheit zu zeigen, angenommen.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen gesprächigen Begleiter, der gerade schilderte, dass stets Captain Harry den Kutter segelte, Mr. Alexander war es zufrieden, das Geschehen an Land zu organisieren. Gute Freunde waren sie. Waren zusammen aufgewachsen. Wär’ keine Überraschung, wenn aus den beiden ein Paar würde. Mr. Alexander hatte ’ne Schwäche für seine Cousine.
    Lucius stutzte. Guter Freund? Hatte Miss Lydyard das nicht auch gesagt? Aber nichts von einer engeren Verbindung, obwohl er sie gefragt hatte, ob sie einem anderen Mann zugetan sei. Nur ein Gefühl wallte in diesem Moment in ihm auf: heftigste Eifersucht! Unerwünscht, unlogisch und stechend. Sie war seine Braut! Würde sein Weib sein!
    Wie kann ich so besitzergreifend sein, da ich sie doch eben erst getroffen habe, keinen Anspruch auf ihre Zuneigung habe? Dies ist eine Heirat aus Not, nicht aus Liebe. Ein Mann kann doch nur auf eine Frau eifersüchtig sein, wenn sie sein Herz besitzt. Miss Lydyard fasziniert mich, sonst nichts.
    Erst ihre Ankunft in Brighton unterbrach diese Gedanken, da Lucius den Burschen zum Castle Inn dirigieren musste, in dem er vor seinem Aufbruch nach Frankreich abgestiegen war und wo er einen Koffer und Bargeld zurückgelassen hatte.
    Nachdem er den Burschen mit einem gehörigen Trinkgeld und der Leihgebühr für den Wagen heimgeschickt hatte, wartete er im Gastraum, mit einem Krug Ale versehen, darauf, dass sein Karriol angespannt wurde, und grübelte über das düstere Problem namens Jean-Jacques Noir. Doch immer wieder erschien vor seinem geistigen Auge herausfordernd die energische Person in Hosen und Stiefeln, die, das Haar sturmzerzaust, mit blitzenden grauen Augen sich der See stellte.
    Und was wird Harriette Lydyard gerade durch den Kopf gehen?, fragte er sich zynisch. Hegte sie vielleicht für den Fortgang dieser Geschichte die gleichen Zweifel wie er?
    Da Sir Wallace ihr verboten hatte, Lydyard’s Pride oder die Ghost auch nur aufzusuchen, fühlte sich Harriette nachgerade in der Verbannung. Schon dachte sie an Ungehorsam, denn es war sinnlos, ihr altes Leben aufzugeben, wenn Venmore vermutlich doch nicht mehr auftauchte. Obwohl der Gedanke an einen Törn ihr zum ersten Mal, seit sie denken konnte, nicht so erstrebenswert erschien. Warum nur war ihr Leben stumpf, langweilig und farblos, seitdem der Earl of Venmore darin aufgetaucht war? Rastlos und mürrisch hockte sie im Salon von Whitescar Hall und blätterte gelangweilt im Lady’s Magazine , als es an der Scheibe klopfte und sich gleich darauf die hohe Fenstertür öffnete.
    „Pscht!“, zischte Alexander warnend, während er ins Zimmer schlüpfte und die Tür hinter sich schloss. „Ich will Augusta aus dem Weg gehen.“
    Mit sich brachte er einen Hauch frische Luft und ein Flair von Tatkraft und guter Laune, sodass Harriette unversehens lächeln musste.
    „Alex!“ Sie stand auf und streckte ihm grüßend die Hand entgegen. „Komm, erzähl mir etwas. Ich sterbe vor Langeweile.“
    Alexander, der nur ein paar Jahre älter war als sie, hatte schon immer zu ihrem Leben gehört.

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