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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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mochten scharfe Reden führen, konnten aber auch einem Mann seine Seele stehlen, wenn er nicht achtgab. Und das würde er als vernünftiger Mann, der anderweitig gefordert war, tun.

4. KAPITEL
    „Eine Countess also!“
    „Außer, ich hätte es mir alles nur eingebildet.“ Als Harriette nun in Sir Wallaces respektablem Heim in ihrer Schlafkammer saß, schien es ihr kaum noch fassbar.
    „Man wird mit Ihnen nicht mehr reden können bei solch hohem Titel, Miss.“ Meggie zwinkerte, fragte dann aber ängstlich: „Glauben Sie, er meint es ernst?“
    „Ein Nein wäre ihm lieber“, meinte Harriette, unverbesserlich ehrlich, wie sie war. „Nur beharrte Wallace darauf, dass mein Ruf für immer ruiniert wäre. Was lediglich zeigt, dass auf sein Urteil kein Verlass ist, denn seit Jahren hat er mir gepredigt, dass mein Ruf wegen meines Umgangs mit den Schmugglern längst dahin ist.“
    „Unsinn, Miss! Sie wären lange schon verheiratet, wenn Ihr Bruder sich ein wenig für Sie ins Zeug gelegt hätte. Aber für Sie Geld auszugeben fällt ihm ja nicht ein, und Ihre Ladyschaft hat Sie als unbezahlte Gouvernante für ihre verzogenen Gören vorgesehen, sobald die aus dem Babyalter heraus sind!“
    Was Harriette nur zu bewusst war. Missmutig stellte sie sich vor, wie sie ihren beiden Neffen die schlechten Manieren abzugewöhnen versuchte, während deren vernarrte Mutter ihnen alles durchgehen ließ. Sie sollte die Gelegenheit, dem allen zu entkommen, besser mit beiden Händen ergreifen. Nachdenklich schaute sie auf ihre Hände nieder, als wäre darauf noch sein fester Griff eingeprägt. Und bebte in ihr nicht noch seine Kraft nach, mit der er ihre Bedenken beiseiteräumte? Und er hatte sie geküsst – zweimal sogar –, also mochte es ihm nicht so unangenehm gewesen sein. Sie hob den Kopf und begegnete Meggies fragendem Blick.
    „Verzeih, Meggie, ich habe geträumt …“
    „Ich habe gefragt, was Sie zur Hochzeit tragen wollen?“
    Ratlos zuckte sie die Achseln. „Ich habe nichts, das nicht mindestens fünf Jahre alt ist.“
    „Wie wahr. Und von Ihrer Ladyschaft werden Sie auch nichts bekommen. Wollten Sie deshalb nicht in London heiraten?“
    Einen Moment wollte sie vehement verneinen, doch unter Meggies wissendem Blick seufzte sie auf. „Ja, ja. Kannst du es mir verübeln?“ Sich in St George’s, der Kirche des ton , von der vornehmen Gesellschaft begaffen und belächeln zu lassen – und den Earl damit ebenso –, sie würde vor Verlegenheit sterben, schon seinetwegen. Dass er sich gezwungen sah, sie zu heiraten, war schlimm genug, er sollte nicht auch noch der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Sie schuldete es ihm, den Skandal einer so hastigen, unwürdigen Verbindung in Grenzen zu halten.
    „Was Amanda aussucht, will ich sowieso nicht tragen. Sie hat keinen Geschmack! Aber lassen wir das, Meggie. Und ehrlich gesagt, beinahe glaube ich, dass wir den Earl of Venmore nicht wiedersehen werden. Wenn er nur ein wenig Vernunft hat, wird er nach London verschwinden und nie wieder einen Fuß nach Old Wincomlee setzen.“
    „Vermutlich haben Sie Seiner Lordschaft alle unangenehmen Folgen der Heirat deutlich aufgezeigt“, sagte Meggie trocken.
    „Aber natürlich! Wie hätte ich seinen Antrag annehmen können, solange er nicht Bescheid wusste?“
    „Sie sind zu ehrlich. Man möchte denken, Sie wollen ihn nicht. Nun hören Sie mir mal zu, Miss! Mir scheint, der Earl ist ein Mann, der weiß, was er will. Er würde sich von einem wie Sir Wallace nicht einschüchtern lassen. Wenn er gesagt hat, er will Sie heiraten, dann tu er’s. Wollen Sie ihn denn nicht?“
    Harriette schloss die Augen und sah sofort wieder Lucius Hallastons Gesicht vor sich, hörte seine selbstbewusste Stimme. Er hatte ihr lauterste Wahrheitsliebe bescheinigt. Das war immerhin etwas. Dann sein formeller Handkuss. Der ihm, dem gesellschaftlich Gewandten, sicher nichts bedeutete; für sie aber war es eine Offenbarung gewesen. Und dann sein Mund auf dem ihren, erst leicht und flüchtig, dann drängend, männlich, verlangend. Sie konnte kaum ein Erschauern unterdrücken. Wollte sie ihn? Ja, ja. Selbst wenn er nicht sie, sondern nur die Lydyard Ghost wollte. Was hatte er gesagt: „Sie gehören nun zu mir.“ Nun erschauerte sie wirklich.
    „Doch, Meggie, ich will ihn heiraten.“
    „Sie werden sehen, er ist wieder hier, ehe Sie bis drei zählen können. Und nun kommen Sie mit mir!“
    Über eine spärlich beleuchtete Hintertreppe und durch einen Trakt,

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