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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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letzten Woche bekommen hatte. Für eine Braut an ihren zukünftigen Gatten ein recht ungewöhnlicher Brief.
    Mylord,
    ich werde Verständnis dafür haben, falls Sie zu dem Schluss kommen sollten, dass Sie die Heirat mit mir nicht wünschen und sich vor allem nicht dazu gezwungen sehen möchten. Letztendlich wäre es für Sie doch ein Leichtes, sich für eine Fahrt über den Kanal auf andere Art ein schnelles Boot zu verschaffen.
    Auch kann niemand vorgeben, dass ich zur Countess taugte. Dennoch werde ich zu der ausgemachten Zeit an der Kirche sein. Finde ich Sie dort nicht vor, wäre ich Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie zumindest den Zorn meines Bruders von mir ablenken wollten.
    Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, dass Sie der Notwendigkeit, mit Monsieur Noir zusammenzuarbeiten, ausweichen können.
    Harriette Lydyard
    Kurios. Abscheulich direkt und erbarmungslos sachlich in der Einschätzung der Lage. Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn Miss Lydyard einen Rückzieher machte, besser für sie beide. Und folgenlos, da niemand außerhalb dieses Dorfes überhaupt von den Heiratsplänen wusste.
    Trotzdem, stellte Lucius fest, wünschte er eben das nicht. Miss Lydyard war für ihn anziehender als ihr Kutter. Während er noch dieser seltsamen Laune nachhing, tauchte George Gadie auf und grüßte ihn mit einem breiten Grinsen.
    „Sie ist unterwegs, Mylord. ’s gab nur ’n kleines Missverständnis wegen der Kutsche – Miss Lydyard zieht es vor, zu Fuß zu kommen.“
    Und da sah er sie, wie sie raschen Schrittes auf ihn zustrebte.
    Und fühlte sich seltsam erleichtert.
    Offensichtlich hatte sie sich durchgesetzt und schritt nun über den Seitenpfad vom Ziergarten des Herrenhauses aus zur Kirche, in einiger Entfernung gefolgt von Sir Wallace und Lady Augusta.
    Welch reizendes Bild sie bot. Im Glanz der goldenen Sonne eilte sie graziösen Schrittes unter dem Laubdach der Ulmen ihm entgegen, und der Wind spielte mit den Bändern und Rüschen ihres Gewandes.
    Diesen Anblick hatte er ganz bestimmt nicht erwartet. Er hatte Miss Lydyard in grober Seemannskluft gesehen und in einem faden, unansehnlich abgetragenen Kleid, das ihr nicht schmeichelte. Diese Dame jedoch …! Er musterte seine Zukünftige erfahrenen Blickes.
    Französischer Chic, französische Pracht, war sein erster Gedanke. Noch aus der Zeit vor der Revolution, ehe die Linien strenger wurden. Eine leichte, frühlingshafte, romantische Robe, cremefarbene Seide, über und über bestickt mit kleinen, zartfarbenen Blumen, weite Röcke, mit cremefarbenen Bändern über einem glattseidenen Unterrock gerafft. Halblange Ärmel, von denen durchsichtiges Spitzengeriesel über ihre bloßen Unterarme floss. Ein eng anliegendes Mieder betonte ihre zierliche Taille, und ein feiner Spitzenschal verhüllte das tiefe Dekolletée. Dies war gewiss kein Gewand, das ein Londoner Modesalon für die Countess of Venmore als Brautkleid kreiert hätte. Doch es war eine bemerkenswert hübsche Robe. Und jemand hatte Harriettes Haar gebändigt, es mit ebenfalls cremefarbenen Bändern auf ihrem Haupt zusammengefasst, von wo es ihr in glänzenden Wellen über die Schultern floss.
    Keine Debütantin des ton hätte je ein solches Gewand angezogen, doch Harriette Lydyard trug es mit edelster Haltung.
    Und plötzlich traf es ihn wie ein Schlag! Wieso war es ihm nicht gleich eingefallen? Das war es also! Aus Stolz hatte Miss Lydyard von einer großen Hochzeit abgesehen, da sie nicht ein einziges für diesen Anlass passendes modisches Gewand besaß, und ihr feiner Bruder befand es nicht für notwendig, auf sie noch Geld zu verschwenden, da der Bräutigam ja nun am Haken hing.
    Er selbst aber hätte daran denken sollen. Seine Nachlässigkeit ließ ihn etwas wie Scham verspüren. Seit Kurzem war er sehr selbstsüchtig und auf sich konzentriert, eine wenig erstrebenswerte Haltung für einen Mann seiner Erziehung. Andererseits, wenn er ihr, was für ihn nur eine Kleinigkeit gewesen wäre, ein Brautkleid geschickt hätte, hätte sie die Gabe vielleicht – ebenfalls aus Stolz – zurückgewiesen? Ich kenne sie eben einfach nicht gut genug, grübelte er. Er würde sorgfältig manövrieren müssen, um ihre Gefühle nicht zu verletzen.
    Wenige Schritte vor ihm verharrte Miss Lydyard. Da stand sie nun, mit rosig überhauchten Wangen und glänzenden Augen, ein reizendes Lächeln auf den Lippen. Wieso war ihm je der Gedanke gekommen, sein Heiratsversprechen zurückzunehmen? Und gleichermaßen

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