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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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kluger Mann hätte sich rasch aus dem Staub gemacht – aber nicht ein Ehrenmann. Harriette sollte nicht darunter leiden, dass er durch die seltsamen Wege des Schicksals in ihrem Kutter gelandet war.
    Bedauerte er diese zusätzliche Komplikation in seinem Leben? Möglicherweise. Reichte es nicht, dass er sich damit befassen musste, wo diese Mademoiselle Marie-Claude gerade steckte? Düster überlegte er, wie er da vorwärtskommen könnte. Mit diesem Noir Verbindung aufzunehmen, erschien ihm zurzeit sehr nebelhaft. Ob er mit Harriette darüber reden sollte? Nein, jetzt noch nicht. Er behielt seine Befürchtungen besser für sich, wie man ihm ja auch drohend nahegelegt hatte.
    Erst einmal stand er hier mit Aussicht auf eine Ehefrau, sein ganz bestimmt letzter Wunsch in einer vertrackten Situation, in der er nicht ehrlich sein durfte und sich schrecklich schuldig fühlte. Doch seine Ehre verbot ihm, Harriette im Stich zu lassen. Welch merkwürdiges Gespann sie ergaben, eine Schmugglerin und ein … ja, was? Spion? Verräter? Manche mochten es zweifellos so nennen. Jedenfalls gaben sie ein ungewöhnliches Paar ab – und Miss Lydyards Boot würde ihm die Chance bieten, eine harmlose junge Frau vor Schaden zu bewahren.
    Allerdings würde er, was auch eintreten mochte, dafür sorgen, dass Miss Lydyard ihre Komplizenschaft nicht übel bekam.
    Ob Harriette Lydyard ihren neuen Stand als Countess genießen würde? Wahrscheinlich würde sie lieber durch einen Orkan segeln, als einen vornehmen Ball zu besuchen, darauf wollte er wetten.
    Aber sie wollte sich aus der Enge ihrer Familienbande befreien, und er strebte den raschen Zugriff auf ein schnelles Boot an; beide verfolgten sie also ihre eigenen Interessen, wie Harriette ja so kühl bemerkt hatte.
    Was dachte er überhaupt von einem Mädchen, das Hosen und Stiefel trug und es furchtlos mit den Wächtern des Zollamtes aufnahm? Sollte er nicht empört sein über ihr Betragen und ihr mangelndes Anstandsgefühl? Lucius lächelte schief. Irgendwie konnte er diese Empfindungen nicht mit Miss Lydyard in Zusammenhang bringen, obwohl ihm noch ihre letzten Sätze, ehe sie die Bibliothek verließen, unbehaglich im Ohr klangen.
    Harriette hatte ihn noch einmal zurückgehalten und gesagt: „Wenn ich Sie nun heirate, würden Sie es wohl vorziehen, dass ich den Freihandel aufgebe?“
    „Ja“, hatte er ein wenig erstaunt entgegnet, „ich kann wohl kaum billigen, dass meine Gattin in illegale Geschäfte verstrickt ist? Ah, also, ich meine …“ Er hatte nach einer taktvollen Beschreibung gesucht.
    „Sie meinen, wie die meisten Leute, es sei ein übles, verdammenswertes Geschäft. Aber es trägt zum Lebensunterhalt der sehr armen Familien in den Fischerdörfern bei, die sonst hungern müssten.“ Als er etwas einwerfen wollte, hatte sie abwehrend die Hand gehoben. „Mylord, der Erlös aus dem Fischfang reicht nur selten aus, um alle satt zu bekommen, und andere Einnahmequellen gibt es hier nicht. Ich will nicht mehr dazu sagen, außer dass ich, da es Ihnen lieber ist, erwägen will, mich vom Freihandel zurückzuziehen, wenn wir verheiratet sind.“
    Und mehr hatte sie ihm nicht zugestehen wollen. Konnten sie tatsächlich eine Zukunft auf seiner vagen, dazu sehr unerklärlichen Bewunderung für Miss Lydyard aufbauen, nur weil sie ihm das Leben gerettet hatte? Bewunderung, weil sie ihm Trotz geboten und ihm seinen Antrag samt seinem Reichtum und Ansehen vor die Füße geworfen hatte?
    Eines konnte er nicht vergessen: Ihre Lippen waren extrem verführerisch, weich und süß, wie man es sich nur erträumen konnte. Und die ungestüme Reaktion seines Körpers hatte ihn verblüfft. Zu einem zweiten Kuss verlockt, war ihm eine Woge des Verlangens heiß durch die Adern geschossen, als sie ihre Lippen unter dem Druck der seinen öffnete, und als sie ihre kleinen, tüchtigen Hände gegen seine Brust drückte, hatte sich glühendes Feuer in ihm ausgebreitet, zusammen mit dem typisch männlichen Drang, diese Frau vor dem gefährlichen Leben, das sie führte, zu behüten. Er begehrte sie! Selbst jetzt, in der Erinnerung daran, wie er ihre schlanke Gestalt im Arm gehalten hatte, verspürte er wieder den Trieb, genau das mit ihr zu tun, was ihr Bruder ihm fälschlich vorgeworfen hatte.
    Es ist nichts als Lust, sagte er sich streng. Eine Frau als Schmuggler, als Kapitän einer Freihandelsbande – es hatte seine Fantasie angeregt, sonst nichts.
    War das eine logische Folgerung? Diese hübschen Lippen

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