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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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Moment herrschte Schweigen, das Harriette nicht recht einordnen konnte, dann: „Musst du noch einmal nach Whitescar Hall zurück?“ Er hielt ihre Hand, die auf seinem Arm ruhte, besitzergreifend umfasst, sodass sie die Wärme seines Körpers spürte, Vorgeschmack auf zukünftige, noch unvorstellbare Nähe.
    „Nein“, sagte sie knapp, wobei sie auf Meggie wies, die, zwei große Hutschachteln und Reisetaschen zu ihren Füßen, neben dem schicken Karriol des Earls stand. „Ich habe alles, was ich brauche, dabei.“
    „Brechen wir dann auf? Wir können auf dem Weg nach London übernachten. Hast du einen warmen Mantel hier?“
    Wie um sich Mut zu machen, fasste Harriette seinen Arm in dem feinen Wollstoff fester. „Ich habe eine Bitte, Mylord. Ich weiß, es wird nicht Ihrem Wunsch entsprechen, aber …“
    Er sah sie rätselhaft an. „Wenn ich meiner Braut nicht einmal am Hochzeitstag ihren Herzenswunsch erfüllte … und ich werde ihn erfüllen, wenn du mich Luke nennst, wie wir es abgemacht hatten.“
    „Luke“, und nach einem tiefen Atemzug: „Ich möchte, dass wir heute Nacht in Lydyard’s Pride schlafen.“
    Seine Verwunderung war nicht zu übersehen. Wer konnte aber auch wünschen, seine Hochzeitsnacht in einem derart heruntergekommenen Haus zu verbringen? Außer es lag einem am Herzen, und heute Nacht war es für sie wichtig, hier zu sein, zum letzten Mal. Für sie und für die, die sich auf sie verließen. Doch das würde sie ihm nicht sagen.
    „Nun, dann tun wir das“, stimmte er galant zu. Er nahm ihre Hand von seinem Arm, doch nur, um sie mit der seinen zu verflechten, wie zum Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit, und küsste erneut sanft ihre Finger. So unbedeutend die Geste war, ließ sie doch ihr Herz heftiger pochen. Und dann neigte er sich zu ihr und hauchte einen Kuss auf ihre Wange.
    Ein so zarter Kuss, wie es dem Bräutigam seiner Braut vor den Augen anderer zu geben gestattet war, doch für Harriette in ihrem Zustand erhöhter Nervenreize schockierend intim. Das Blut schoss ihr in die Wangen, und sie fühlte sich plötzlich ungewohnt scheu. Sie würde rasch lernen müssen, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen, denn sie wollte ihn nicht mit dem Wissen belasten, dass ein flüchtiger Kuss die Frau, mit der er eine Vernunftehe, ohne Freundschaft oder Zuneigung, geschlossen hatte, zu seinen Füßen dahinschmelzen ließ.
    „Ich habe einige Räume herrichten lassen“, erklärte sie, als wäre das das Wichtigste von der Welt, und nicht das wilde Rasen ihres Blutes. „Und es wird ein Mahl für uns angerichtet sein. Es geht nur um diese eine Nacht. Morgen früh können wir gleich aufbrechen.“
    „Dann wollen wir es so halten.“ Er wahrte stoische Ruhe und zog sie mit sanfter Hand dichter an sich, während er Sir Wallace informierte, dass sie ihn leider nicht nach Whitescar Hall begleiten könnten, um auf den Akt der Eheschließung anzustoßen.
    Trotz der Vorkehrungen wirkte Lydyard’s Pride kaum weniger ungepflegt als bei seinem vorherigen Aufenthalt. Vermutlich kann man in der Kürze der Zeit kaum Wunder erwarten, dachte Luius. Die Bibliothek war weniger staubig, die leinenen Schutzhüllen über den Möbeln entfernt, doch gegen die feuchte Luft, die durch die undichten Fenster eindrang, konnten nur Reparaturen etwas bewirken.
    Warum lag ihr so viel an diesem Haus? Da er die diesbezügliche Zurückhaltung seiner Braut spürte, die sich doch sonst so geradezu schmerzhaft offen äußerte, fragte er nicht nach.
    Nein, es war nicht der Ort seiner Wahl für die Hochzeitsnacht, nicht, wenn er eine nervöse Braut umwerben musste. Aber war Harriette nervös? War das nicht zu erwarten, da sie jungfräulich der Hochzeitsnacht mit einem ihr noch sehr fremden Mann entgegensah? Er war sich dessen nicht sicher. Unruhig war sie, das ja, und ungewohnt angespannt, wie er sie zuvor nie erlebt hatte, doch nicht nervös. Er entdeckte in sich das Bedürfnis, ihr mehr von dem, was sie dachte und fühlte, zu entlocken.
    Da langsam die Dunkelheit hereinbrach, erklärte Harriette: „Anders als in der Stadt werden wir früh speisen, Sir.“ Lächelnd verbesserte sie sich: „Luke. Entschuldige, ich muss mich erst daran gewöhnen. Darf ich dir einen Cognac anbieten? Ich versichere dir, er ist von bester Qualität. Meine persönliche Empfehlung.“
    Dann saßen sie in der Bibliothek auf unbequem steiflehnigen Stühlen mit verschlissenen Polstern und machten Konversation, über seine Fahrt hierher, über das Abheilen

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